- Nach der ernüchternden Rede des Fed-Vorsitzenden schwankten die Börsenkurse zunächst und gaben dann den ganzen Freitag hindurch nach
- Die Treasuries reagierten eher gelassen auf die Ansprache, lediglich die Rallye der 30-jährigen US-Anleihen gibt Anlass zur Sorge
- Der Rohstoffmarkt feierte in der vergangenen Woche ein Comeback, während die Benzin-Futures ein Sechsmonatstief erreichten
Die Konditionen an den Finanzmärkten entspannten sich in diesem Sommer, als sich der S&P 500 von seinem Tiefstand vom 16. Juni kräftig erholte. Die Fed überwacht vier Schlüsselindikatoren, die Aufschluss darüber geben, wie angespannt die gesamtwirtschaftliche Lage ist. Angesichts des wieder aufkeimenden Optimismus und der Hoffnung, dass das Schlimmste in puncto Inflation hinter uns liegt, gingen die Händler eher hoffnungsvoll in die Rede des Vorsitzenden Jerome Powell zum Jackson Hole Wirtschaftssymposium hinein.
Die Konditionen an den Finanzmärkten hatten sich im Sommer gelockert, worauf Powell mit einer geldpolitisch strengen Botschaft konterte
Quelle: Bloomberg
Powells achtminütige Kurzansprache hat Schockwellen an den Aktienmärkten ausgelöst. Interessanterweise reagierten die Kurse in den ersten Minuten nach Powells Rede zunächst unentschlossen. Es gab keinen plötzlichen und dramatischen Einbruch an den Börsen. Techniker würden das Geschehen am vergangenen Freitag als Abwärtstag beschreiben, der letztlich von der "Reaktion auf die Reaktion" bestimmt war.
Erst gaben die Börsen nach, um sich dann kräftig zu erholen, bevor sie im Laufe des Tages wieder fielen
Quelle: Stockcharts.com
Besonders faszinierend an der Kursentwicklung zum Abschluss der vergangenen Woche war auch die Tatsache, dass der Markt für Staatsanleihen, gemessen am iShares U.S. Treasury Bond ETF (NYSE:GOVT), praktisch unverändert blieb. Hat der Anleihemarkt etwas gewusst, was der Aktienmarkt nicht wusste? Hatte er eine aggressivere Haltung der Fed bereits einkalkuliert? Ich fand diese Dynamik zwischen den Märkten nach der Enttäuschung von Jackson Hole besonders interessant. Beunruhigend war in jedem Fall der Anstieg der Langfristanleihen nach Powells Botschaft - vielleicht ein Zeichen dafür, dass die Fed die Schraube zu fest anzieht.
Trotz volatiler Bewegungen beim Spread zwischen zwei- und zehnjährigen US-Treasuries und rückläufiger Unternehmensanleihen stagnierten Treasuries am Freitag
Quelle: Stockcharts.com
Die Rohstoffpreise konnten zum Ende der Woche leicht zulegen, aber insgesamt war auf diesen Märkten nicht allzu viel los. Einige Experten meinen, dass der jüngste Einbruch bei Aktien und der Ausverkauf bei Anleihen an die Art von Marktbewegungen erinnert, die in der turbulenten ersten Jahreshälfte zu beobachten waren. Ich würde die jüngste Entwicklung aber nicht als eine Fortsetzung dieses Trends beschreiben. Ich halte es angesichts der heftigen Zinsvolatilität, die wir damals erlebten, durchaus für möglich, dass sowohl Aktien als auch Staatsanleihen Mitte Juni ihre zyklischen Tiefststände erreicht haben. Allerdings hat der Aktienmarkt zu keinem Zeitpunkt eine Kapitulationsbewegung vollzogen.
ETF-Performance in der letzten Woche: Rohstoffe im Plus
Quelle: Finviz
Die Powell-Rede mag hinter uns liegen, aber die turbulente Phase an den Märkten ist noch lange nicht vorbei. Denn mit den Zwischenwahlen im September und Oktober steht uns eine der gefährlichsten Perioden des Jahres bevor. Präsident Joe Biden und die etablierten Parteien in Washington haben bereits eine Reihe von Gesetzesvorlagen eingebracht, um vor dem 8. November mehr Unterstützung zu erhalten. Ist da noch mehr unterwegs? Wird es den Märkten nützen? Aus der Vergangenheit weiß man, dass solche Initiativen in der Regel Volatilität bringen und sich erst Mitte Oktober in einer Rallye entladen.
Volatile Marktphase voraus
Quelle: Stock Traders’ Almanac
Ich schließe mit einer guten Nachricht für die amerikanischen Verbraucher. Die Benzin-Futures werden diese Woche vom September- in den Oktober-Kontrakt gerollt. Es ist der erste Monat, in dem die preiswertere "Wintermischung" des Kraftstoffs als nächstliegender Kontrakt gehandelt wird. Die Autofahrer dürfen also auch weiterhin auf sinkende Preise an den Zapfsäulen hoffen - vielleicht in Richtung 3,50 USD je Gallone. In der letzten vollen Augustwoche hat der Benzinpreis in den USA den niedrigsten Stand seit Februar erreicht.
Benzinpreis auf Sechs-Monats-Tief
Quelle: TradingView
Fazit
Die Märkte haben die unmissverständliche und schmerzhafte Rede von Powell verdaut. Der Markt muss sich nun auf die wichtigen Wirtschaftsdaten dieser Woche und die Fed-Sitzung im September in drei Wochen einstellen. Vor den wichtigen Zwischenwahlen stehen uns nun historisch unruhige Zeiten bevor. In diesem Sinne - bitte anschnallen.
Haftungsausschluss: Mike Zaccardi hält aktuell keine Positionen an den in diesem Artikel genannten Anlagen.