Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0799 (05:25 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0780 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 128,18. In der Folge notiert EUR-JPY bei 138,43. EUR-CHF oszilliert bei 0,9888.
Finanzmärkte: Eine Portion Risikoaversion
Eine Vielzahl von Daten und Nachrichten führte ultimativ zu einer erhöhten Risikowahrnehmung an den Finanzmärkten. Entspannte US-Inflationsdaten (PPI) wurden konterkariert durch unerwartet schwache US-Konjunkturdaten (Industrieproduktion und Einzelhandel).
Auch das Beige Book der Fed konnte nicht überzeugen. In dem Beige Book, das Auskunft über die Wirtschaftslage in den Fed-Bezirken gibt, ergibt sich ein mäßiges Bild. In fünf Distrikten kam es zu mäßigem Wachstum, in sechs Distrikten kam es zu Stagnation oder leichten Rückgängen und in einem Distrikt zu deutlichen Einbußen. In der Folge verloren westliche Aktienmärkte Boden. Asien zeigt sich heute zunächst stabil.
Am Kapitalmarkt kam es zu weiteren Renditerückgängen. 10 jährige Bundesanleihen rentieren heute früh mit 2,02% (Vortag 2,08%), US-Staatspapiere mit 10 jähriger Laufzeit bringen 3,33% (Vortag 3,50%).
Der JPY hat seine Vortagesverluste weitestgehend wett gemacht. Der EUR bewegt sich weiter im Dunstkreis um die Marke 1,08. Gold gewann an Boden, Silber verlor gegenüber dem USD.
Die Welt verändert sich!
Der saudische Finanzminister Al-Jadaan sagte in Davos, dass es keine Probleme im Öl-Handel bezüglich der Währungen geben würde, ob USD, EUR, SAR oder CNY. Man habe eine spezielle Partnerschaft mit China. Man schließe keine Diskussion aus, die den Welthandel verbessere.
Kommentar: Der Stern des Petro-USD, der nach der unter Nixon aufgegebenen Goldbindung des USD wesentlich für die Verankerung des Leitwährungsstatus war und ist, verblasst. Derartige Äußerungen wären noch vor 5 Jahren undenkbar gewesen. Der Stern des Petro-Yuan beginnt aufzugehen. Es ist bisher nur eine zarte Entwicklung, aber eine beachtenswerte. Indirekt wurden die USA durch das Statement, dass die Saudis keine Diskussion ausschließen, um den Welthandel zu verbessern, angegriffen, denn die USA sind Disruptor (u.a. WTO handlungsunfähig gemacht).
Ein zweites Feld, in dem der Westen lange dominierte, fällt. Laut Nikkei kamen 2021 43.000 der weltweit 135.000 wissenschaftliche Papiere zu Künstlicher Intelligenz aus China. Das waren doppelt so viele wie aus den USA. China führt das wissenschaftliche Feld an. Bei den am meisten zitierten Papieren stach China die USA um 70% aus.
Kommentar: Der Westen verliert an Boden im internationalen Konkurrenzkampf, der mit einem Bildungswettlauf korreliert ist. Seit 30 Jahren reden wir von Bildungsoffensiven, ohne sie zu beginnen. Seit 2015 (Snowden) fordere ich den IT-Airbus (inklusive AI).
Kanzler Scholz in Davos
Kanzler Scholz hat in Davos für Freihandel geworben. Er werde sich sehr dafür einsetzen, dass die EU Freihandelsabkommen mit Indien, den Mercosur-Staaten und Indonesien abschließt.
Kommentar: Das klingt gut, dem ist zuzustimmen. Aber welches Land untergräbt durch seine unilaterale Politik losgelöst von WTO-Regeln den Freihandel?
Scholz betonte, dass er die US-Subventionen für klimafreundliche Investitionen begrüße. Diese dürften aber nicht zu einer Benachteiligung der europäischen Industrie führen. Protektionismus verhindere Wettbewerb und Innovationen und schade dem Klimaschutz.
Kommentar: Absolut richtig, wenn Europa etwas gegen markant unfaire US-Praktiken erreichen will, sind über die EU hinausgehende Koalitionen zwingend erforderlich. Das ist eine Frage der Logik (Skaleneffekt). Ansonsten besteht das Risiko, das uns viele warme Worte, aber wenige Erfolge erreichen werden. Sind wir dazu fähig?
Zugleich müssten die Europäer Subventionen für Schlüsseltechnologien ausbauen, besonders im Digital- und Klimabereich.
Kommentar: In der Tat, das ist überfällig (IT-Airbus). Es gab nicht nur eine kritische Abhängigkeit von Moskau, nein es gibt kritische Abhängigkeiten von weiteren Protagonisten der Weltbühne der Geopolitik (u.a. Causa NS1/NS2?).
China will weiter öffnen
Chinas Ministerpräsident beabsichtigt, die Wirtschaft für das Ausland weiter zu öffnen. Man würde talentierten Menschen aus dem Ausland helfen, nach China zu kommen. Man wolle zukünftig in China die Rechte und Interessen ausländischer Investoren besser schützen.
Kommentar: Den Worten sollten jetzt Taten folgen. Die Chance ist gut, nachdem der Westen bei den Eigentumsrechten (Währungsreserven etc., Rechtsstaatlichkeit?) Recht in Frage stellt.
USA: Warnlampen am Immobilienmarkt sind an
Der US-Immobilienmarkt ist schwach. Nachfolgende Grafik von KB Homes (sechstgrößter Bauträger) weist die Stornos am US-Immobilienmarkt aus. In der Immobilienkrise 2008 lagen die Spitzenwerte bei "Cancellations" bei circa 50%
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:
Eurozone: Verbraucherpreise erwartungsgemäß
Die Verbraucherpreise der Eurozone nahmen per Dezember im Monatsvergleich um 0,4% (Prognose -0,3%, Vormonat -0,1%) ab. Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 9,2% (Prognose und vorläufiger Wert 9,2%). Die Kernrate nahm im Monatsvergleich um 0,6% und im Jahresvergleich um 5,2% zu. Beides entsprach sowohl den Prognosen als auch den vorläufigen Werten.
Die Bauausgabe der Eurozone sanken per November im Monatsvergleich um 0,81% nach zuvor +1,00% (revidiert von +1,27%).
Deutschland: Bei den KFZ-Zulassungen kam es per Dezember zu einem Anstieg im Monatsvergleich um 20,7% (Vormonat 24,9%) und im Jahresvergleich um 38,1 nach zuvor 31,4%.
UK: Verbraucherpreise nahe den Erwartungen
Die Verbraucherpreise nahmen per Dezember im Monatsvergleich um 0,4% (Prognose 0,4%) nach zuvor 0,4% zu. Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 10,5% (Prognose 10,5%) nach 10,7%. Die Kernrate legte um 0,5% (Prognose 0,4%) nach zuvor 0,3% zu. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 6,3% (Prognose 6,2%) nach zuvor 6,3%. Der Index des RICS Housing Survey sank per Berichtsmonat Dezember von zuvor -26 (revidiert von -25) auf -42 Punkte (Prognose -30) und markierte den tiefsten Stand seit Oktober 2010.
USA: Nicht nur Erzeugerpreise schwächer als erwartet
Die Erzeugerpreise sanken per Dezember im Monatsvergleich um 0,4% (Prognose -0,1%) nach zuvor +0,2% (revidiert von +0,3%). Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 6,2% (Prognose 6,8%) nach zuvor 7,3% (revidiert von 7,4%). Es war der geringste Anstieg seit April 2021.
Die Einzelhandelsumsätze fielen per Dezember im Monatsvergleich um 1,1% (Prognose -0,8%) nach zuvor -1,0% (revidiert von -0,6%). Im Jahresvergleich stellte sich das nicht inflationsbereinigte Plus auf 6,02% nach zuvor 6,01% (revidiert von 6,48%).
Die Industrieproduktion ging per Dezember im Monatsvergleich um 0,7% (Prognose -0,1%) nach zuvor -0,6% (revidiert von -0,2%) zurück. Im Jahresvergleich stellte sich ein Anstieg um 1,65% nach zuvor 2,18% (revidiert von 2,51%) ein. Das war die schwächste Zunahme seit März 2021.
Die Kapazitätsauslastung fiel per Dezember von zuvor 79,4% (revidiert von 79,7%) auf 78,8% (Prognose 79,6%) und markierte die geringste Auslastung seit März 2022. Der NAHB Housing Market Index stieg per Berichtsmonat Januar von zuvor 31 sauf 35 Punkte (Vormonat 31 Zähler).
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, dass bei dem Währungspaar EUR/USD eine neutrale Haltung favorisiert
Viel Erfolg
© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe
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