Ende der Krise: Was spricht dafür?

Veröffentlicht am 15.07.2022, 10:41
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Rote Zahlen

Seit Anfang des Jahres häufen sich die Argumente für eine Fortsetzung der Finanzmarktkrise. Aus einigen Ecken hört man sogar schon Ängste über die wirtschaftliche und politische Stabilität heraus. Verübeln kann man solche Aussagen aber niemanden, denn viele Umstände, die sich über das letzte Jahr entwickelt haben, waren für die meisten Menschen in Europa unbekannt – zumindest gab es in den letzten Jahrzehnten keine vergleichbaren Umstände. Nur weil etwas anders läuft als sonst, bedeutet es nicht, dass es automatisch zu einer massiven Verschlechterung führt. Es kann auch der Beginn einer sehr positiven Entwicklung sein.

Das dominanteste Thema in den Medien ist die Inflation und insbesondere die preislichen Anstiege der Energierohstoffe Öl und Gas. Zum einen wird die Angst eines potenziellen Energieausfalls durch die Monopolstellung Russlands beim Erdgas angetrieben. Zum anderen zeigt die Geschichte, dass eine Vielzahl der bewaffneten Konflikte durch Rohstoffprobleme ausgelöst wurde. Was die Bevölkerung verunsichert, verunsichert auch die Märkte, welche sich seit Beginn des Jahres in einem zähen Rückgang befinden und sich schwertun, Anstiege durchzusetzen. Gerade im Hinblick auf die überaus gesunden Kennzahlen zahlreicher Unternehmen, sind die Abverkäufe bei den Aktien ein Zeichen dafür, dass der Markt aktuell eher externe Ereignisse und nicht die internen Werte der Unternehmen im Fokus hat.

Genau das ist auch einer der Punkte, die gegen einen weltwirtschaftlichen Kollaps sprechen. Viele Unternehmen sind einfach gesund. Gerade bei vielen großen Unternehmen gab es, mit Ausnahme des Geschäftsjahres 2020, kontinuierliche Umsatzsteigerungen, während die Anlagevermögen vieler Unternehmen stiegen. Die Kurse sanken aber flächendeckend ab November letzten Jahres. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die externen Sorgen abflachen und die interne Gesundheit der Unternehmen wieder im Fokus steht. Viel wichtiger aber sind jedoch zwei andere Faktoren. Der erste ist das M&A-Rekordjahr 2021 (M&A steht für Mergers & Acquisitions, also Fusionen und Übernahmen). Das Fusions- und Übernahmevolumen im letzten Jahr lag bei gigantischen $5 Billionen weltweit – so viel, wie nie zuvor.

Die Schlussfolgerung ist, dass sich Unternehmen nach der Pandemie mit Investitionen neu positioniert haben. Es scheint einen Strukturwandel zu geben, den die Unternehmen mitnehmen möchten und entsprechend ihre Geschäftsfelder ausgebaut haben. Wie aber bei jeder Investition, dauert es auch bei Fusionen und Übernahmen bis operative Stabilität und entsprechendes Wachstum eintritt. Wenn diese Investitionen zudem durch einen Strukturwandel bedingt sind, dann muss dieser Wandel erstmal deutlich fortgeschritten sein, damit eben diese operative Stabilität eintritt. Für die langfristige Entwicklung der Aktienmärkte bedeutet diese Entwicklung, dass viele Unternehmen auf die kommenden Herausforderungen vorbereitet sind und somit starkes Wachstum zu erwarten ist.

Jedoch ist der wahrscheinlich größte Faktor, der für künftiges Wachstum der Finanzmärkte und Wirtschaften spricht, eigentlich ein Fehler. Mit der Pandemie hat die Politik ihre Geldpolitik mit der Annahme, dass die Nachfrage flächendeckend nachlässt, weiter gelockert. Wenn man an die Lockdown-Maßnahmen zurückdenkt, lag eine solche Annahme auch recht nahe, entpuppte sich aber als falsch. Menschen kauften weiter, wenn auch mit anderen Präferenzen, jedoch mit mehr Mitteln, die ihnen zur Verfügung standen. Da die Freizeitausgaben für Essen, Trinken und Events zurückgingen und durch die Einschränkungen mehr Zeit zuhause verbracht wurde, boomten Elektroartikel, Möbel und Hobbyartikel. Weil aber die monetären Anreize nahezu ausschließlich auf der Nachfrageseite gesetzt wurden, kam die Produktion nicht mehr nach. Das Resultat sind eben stärkere inflationäre Belastungen und Lieferkettenprobleme.

Wenn also von Seiten der Politik nun die Produktion und Infrastruktur gestützt werden, so können wir uns auf massives Wachstum gefasst machen – vorausgesetzt, die Nachfrage bleibt weiterhin so hoch. Gelingt diese Balance, so ist mit einer deutlichen Abkühlung der hitzigen Lage zu rechnen, was dann wieder für Anstiege der Finanzmärkte sorgen sollte. Zudem entsteht hier ein Lerneffekt für zukünftige Krisen, denn dann, so mag man jedenfalls erwarten, sollte nicht nur die Nachfrageseite einseitig bedient werden.

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