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Energie – Comeback der Kernkraft?

Veröffentlicht am 23.02.2022, 12:46
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Für die einen ist die Klassifizierung der Kernenergie als „grüne“ Technologie ein absolutes No-Go. Die anderen sehen darin die einzige Möglichkeit, die ambitionierten Klimaziele in Europa zu erreichen, speziell, wenn es um die Dekarbonisierung geht. Entsprechend hitzig werden die Diskussionen ausgetragen. Bei nüchterner Betrachtung werden die Vorteile der Kernkraft trotz der bekannten Risiken als Übergangs- oder Brückentechnologie deutlich. Entsprechend bleibt das Thema auch aus Anlegersicht interessant. Vontobel bietet ab 04.02 ein Strategie-Zertifikat auf den Vontobel Nuclear Energy Index an. Die WKN lautet VX5TNQ.

Frankreich setzt auf moderne Atomreaktoren

Tschernobyl oder Fukushima stehen für einige der schlimmsten Nuklearkatastrophen. Zudem fragt sich die Menschheit, wohin mit dem Atommüll. Eine endgültige Lösung dieses Problems steht seit dem Tag aus, als die zivile Nutzung der Kernkraft das Versprechen abgegeben hatte, für sicheren und günstigen Strom zu sorgen. Die ungelöste Frage der Endlagerung sowie die Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima aus dem Jahr 2011 haben die deutsche Regierung sogar dazu veranlasst, den Atomausstieg auszurufen. Bereits in diesem Jahr sollen die letzten deutschen Atommeiler vom Netz gehen. Abgesehen von den Risiken und der Atommüllproblematik werfen vielfach auch die Umweltfolgen des Uranabbaus Zweifel an der Nachhaltigkeit der Atomkraft auf.

In anderen Teilen Europas ist die Einstellung zur Kernenergie jedoch ganz anders. Allen voran in Deutschlands Nachbarland Frankreich. Das Land betreibt derzeit mehr als 50 Reaktoren. Es sollen weitere hinzukommen. Rund 70 Prozent des Stroms stammen aus der Atomkraft. Mitte Oktober 2021 stellte Präsident Emmanuel Macron den Investitionsplan „Frankreich 2030“ zur Modernisierung der französischen Industrie vor. Im Zuge dessen sind Investitionen von 30 Mrd. Euro vorgesehen. Bis 2030 soll auch 1 Mrd. Euro in den Bereich Kernkraft gesteckt werden. So sollen spezielle kleine, innovative Kernreaktoren mit einer verbesserten Abfallwirtschaft im Fokus stehen.

Diese sollen Frankreich im Kampf gegen den Klimawandel helfen, die heimische Industrie stützen, für niedrige Strompreise sorgen und das Land zusätzlich auf der internationalen politischen Bühne mit Blick auf Energielieferungen unabhängig machen. Auch auf EU-Ebene ist Frankreich ein großer Befürworter der Atomenergie. Zudem ist das Interesse an neuen Atommeilern in einigen anderen Ländern Europas groß. Neubaupläne gibt es beispielsweise in Bulgarien, Polen, Rumänien, der Slowakei, Ungarn und der Tschechischen Republik. So ist es auch zu erklären, dass viele Länder eine EU-weite Klassifizierung der Atomenergie als „grüne“ Technologie befürworten.

Wann ist die Aluminiumproduktion noch nachhaltig?

Die Frage nach der EU-weiten Klassifizierung der Atomenergie als „grüne“ Technologie erhielt im Rahmen der Verabschiedung der EU-Klima- bzw. Nachhaltigkeitstaxonomie besondere Bedeutung. Die Europäische Union möchte den „Green Deal“ verwirklichen. Bis 2030 sollen die Netto-Treibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 gesenkt werden. Dies ist ein Zwischenziel auf dem Weg Europas, bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent der Welt zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen möglichst viele Investitionen in die Entwicklung Erneuerbarer Energien gelenkt werden. Und dies in einer Zeit, in der das Interesse von Anlegern an nachhaltigen Anlagemöglichkeiten ohnehin zunimmt. So hatte beispielsweise das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG), ein Fachverband für nachhaltige Geldanlagen im deutschsprachigen Raum, im Jahr 2020 einen Anstieg der Gesamtsumme der Geldanlagen, die allein in Deutschland unter Berücksichtigung von strengen umweltbezogenen, sozialen und auf eine verantwortungsvolle Unternehmensführung bezogenen Kriterien angelegt sind, um 25 Prozent festgestellt. Es sei ein neues Rekordvolumen von 335,3 Mrd. Euro erreicht worden.

Allerdings ist es für Anleger nicht einfach herauszufinden, welche Investments tatsächlich Nachhaltigkeitskriterien genügen. Das sogenannte Greenwashing von lediglich als „grünen“ Investments getarnten Anlagen kann zum Problem werden. An dieser Stelle greift die EU-Kommission ein und sorgt für einen Mechanismus, der EU-Klimataxonomie, mit deren Hilfe Anleger echte Öko-Finanzprodukte in Zukunft identifizieren sollen. Die EU-Taxonomie-Verordnung trat zum 1. Januar 2022 in Kraft. Es handelt sich dabei laut EU-Kommission um die weltweit erste „grüne Liste“, also ein Klassifikationssystem für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten. Wie spezifisch die Anforderungen an Unternehmen oder Wirtschaftsaktivitäten sind, um noch als nachhaltig zu gelten, zeigt der Blick auf einen Bereich wie die Herstellung von Aluminium. So dürfen die Treibhausgasemissionen den Wert von 1.484 CO2 oder äquivalenter Gase pro Tonne produziertem Aluminium nicht überschreiten.

Solche Beispiele sind im Taxonomie-Kompass zu finden. Auch darf der Stromverbrauch bei der Herstellung einer Tonne Aluminium den Wert von 15,5 Megawattstunden nicht überschreiten. Was jedoch alles endgültig Teil der Taxonomie ist und als „grüne“ Technologie zählt, ist nicht ganz eindeutig. Zudem wird die Taxonomie in Zukunft Änderungen unterworfen sein. Als ständige Expertengruppe der Europäischen Kommission wird die nach der Taxonomie-Verordnung eingerichtete „Plattform für ein nachhaltiges Finanzwesen“ die Kommission bei der Entwicklung ihrer nachhaltigen Finanzpolitik, insbesondere der Weiterentwicklung der EU-Taxonomie, unterstützen. Dazu soll die Plattform die beste Nachhaltigkeitsexpertise aus Wirtschaft und öffentlicher Hand, aus Industrie sowie Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Finanzindustrie zusammenführen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass immer Konsens herrschen wird. Einen besonders großen Streitpunkt stellt die Kernenergie dar.

Eine besonders klimafreundliche Form der Stromerzeugung

Aus klimapolitischer Sicht sprechen die Argumente derzeit klar für die Kernkraft. Bei einem Blick auf die Kohlendioxid (CO2)-Bilanzen verschiedener Energiequellen schneidet die Atomenergie besonders gut ab. Laut Weltklimarat liegen die Emissionen im Fall der Kernkraft bei 12 Gramm CO2-Äquivalent pro kWh Strom. Bei der Windenergie liegen diese Werte im Fall von Onshore- bzw. Offshore-Windkraftanlagen bei 11 bzw. 12 Gramm pro kWh. Solarpanele auf Dächern kommen auf einen Wert von 41 Gramm pro kWh, während dieser Wert für Solarparks mit 48 Gramm angegeben wird.

Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass der Wind nicht ständig weht und sich die Sonne nicht 24 Stunden am Tag zeigt. Aus diesem Grund sind Ersatzenergiequellen unerlässlich. Diese springen bei Bedarf ein, um die benötigte Energie zu liefern. In Deutschland besteht dieser sogenannte Backup vor allem aus den für das Klima besonders schädlichen Stein- und Braunkohlekraftwerken. In deren Fall werden die Emissionen mit 820 Gramm CO2-Äquivalent pro kWh Strom angegeben. Im Gegensatz dazu setzt Frankreich auf die Atomkraft. Dies ist ein Grund, warum das Land bei den klimaschädlichen Emissionen bei der Energieerzeugung in den vergangenen Jahren besser als Deutschland abschneiden konnte, obwohl Deutschland, wie kaum ein anderes Land in Europa, auf Erneuerbare Energien gesetzt hat.

Laut Umweltbundesamt verursachten die 27 EU-Staaten 2019 insgesamt rund 3.610 Millionen Tonnen Treibhausgase in CO₂-Äquivalenten. Der EU-Durchschnitt pro Kopf lag bei 8,1 Tonnen. Frankreich und Italien mit ca. 6,5 bzw. 7,0 Tonnen lagen eher am unteren Ende, Polen mit 10,3 und Deutschland mit 9,7 Tonnen Kohlendioxid-Äquivalenten pro Kopf hingegen im Mittelfeld. Auch mit Blick auf die Emissionen in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) schnitt Frankreich unter anderem dank seiner Atomkraftwerke zuletzt besser als Deutschland ab.

Kernenergie mit Potenzial

Trotz des geringen CO2-Ausstosses spricht sich das zum Beispiel das Forum Nachhaltige Geldanlagen klar gegen eine Klassifizierung von Atomkraft als nachhaltige Wirtschaftsaktivität unter der EU-Taxonomie-Verordnung aus. So würde spätestens seit der Nuklearkatastrophe in Fukushima im Jahre 2011, aber auch durch das ungelöste Problem zur Lagerung von Atommüll Atomkraft im Widerspruch zur Nachhaltigkeit stehen. Weiter heißt es, dass Atomkraft zusätzlich europaweit eines der wichtigsten Ausschlusskriterien für Sustainable Finance sei. Dass Atomkraft und Sustainable Finance nicht vereinbar seien, würde laut FNG auch ein Blick auf die etablierten Nachhaltigkeits-Siegel und Label in diesem Bereich zeigen:

Das FNG-Siegel, das österreichische Umweltzeichen, das Siegel des Nordic Swan, aber auch das französische Greenfin Label würden laut FNG Atomkraft klar ausschließen. In Frankreich sieht man die Sache ganz anders. Wie genau, hat unter anderem Präsident Macron dargestellt. So will Frankreich gerade wegen seiner stark auf der Atomkraft aufbauenden Stromerzeugung in Zukunft in Europa besonders wenig CO2 produzieren. Dabei sollen die neuen, kleineren Kernreaktoren gleich zwei Probleme angehen. Sie sollen für geringere Kosten beim Reaktorbau und für weniger radioaktiven Abfall sorgen. Gleichzeitig soll der so gewonnene Strom dazu eingesetzt werden, weitere „grüne“ Technologien wie Wasserstoff zu fördern.

Der für die Elektrolyse benötigte Strom könne verstärkt mithilfe von Kernreaktoren gewonnen werden, sodass zwei in den Augen der französischen Regierung besonders „grüne“ Technologien sich sehr gut ergänzen würden. Auf diese Weise wäre die Atomkraft in den Augen der französischen Regierung noch besser für das Klima und würde nebenbei für günstigen Strom und Unabhängigkeit sorgen. Ähnlich wie in Frankreich denkt man in vielen Teilen Europas und der Welt, sodass es auch für Investoren viele Möglichkeiten gibt, bei ihren Anlagen das Thema Atomenergie zu berücksichtigen.

Vontobel Nuclear Energy Index

Eine Möglichkeit, in Unternehmen rund um das Thema Atomenergie zu investieren, stellt der neue Vontobel Nuclear Energy Index dar. Mithilfe von Strategie-Zertifikaten auf den Vontobel Nuclear Energy Index ist eine Reihe von Branchenvertretern auch für Privatanleger mit nur einer einzigen Transaktion ganz einfach investierbar. Für die Indexaufnahme kommen sowohl Unternehmen aus den Industriestaaten als auch aus den Schwellenländen in Frage. Sie müssen sich entweder mit der Förderung von Uran oder der Atomenergie beschäftigen. Die entsprechende Einteilung erfolgt entsprechend dem FactSet Revere Business Industry Classification System (RBICS).

Der Index setzt sich letztlich aus 25 Branchenvertretern mit der höchsten Marktkapitalisierung zusammen. Sollten sich keine 25 passenden Unternehmen finden, setzen sich die übrigen Indexwerte aus Unternehmen zusammen, die nuklear-nahe Technologien oder Dienstleistungen, zum Beispiel rund um den Bau von Kernreaktoren, anbieten. Zu diesen Unternehmen würde beispielsweise der französische Baukonzern Vinci zählen. Dieser bietet unter anderem Ingenieurdienstleistungen rund um den Bau von Atomkraftwerken an. Die Indexwerte werden gleichgewichtet, während eine Indexanpassung zweimal jährlich erfolgt. Für die Verwaltung des Index fällt eine Gebühr von 1,25 Prozent p.a. an. Da der Index in US-Dollar berechnet wird, besteht ein Fremdwährungsrisiko für Anleger in einer abweichenden Produktwährung.

Für noch mehr erschwingliche Energie

Zu den bekanntesten Branchenvertretern im Bereich Uranproduktion und -Vertrieb gehört Cameco Corp (NYSE:CCJ). Das kanadische Unternehmen verfügt laut eigenen Angaben über Kapazitäten zur Produktion von mehr als 53 Millionen Pfund Urankonzentrat jährlich. Darüber hinaus ist Cameco auch ein führender Anbieter von Dienstleistungen für die Raffination, Umwandlung und Herstellung von Uran. Der größte Produzent von Uran in den USA ist Energy Fuels. Der Konzern aus dem US-Bundesstaat Colorado möchte mit seinem weltweit einzigartigen Uran-Produktionsportfolio von den Wachstumsmöglichkeiten im Bereich Kernenergie profitieren. Das Unternehmen rechnet damit, dass die Kernenergie in den kommenden Jahren ein starkes Wachstum verzeichnen wird, da die Nationen daran arbeiten würden, erschwingliche Energie in großen Mengen bereitzustellen und gleichzeitig den globalen Klimawandel und die Luftverschmutzung zu bekämpfen.

Im Fokus stehen die drei Anlagen zur Produktion von Uran White Mesa Mill in Utah, Nichols Ranch Plant in Wyoming und Alta Mesa Plant in Texas. Energy Fuels ist auch der größte konventionelle Vanadiumproduzent in den USA. Vanadium wird hauptsächlich in der Stahl-, Luftfahrt- und chemischen Industrie verwendet. Zudem würden sich laut Konzernangaben Unternehmen, die sich mit Batterien der nächsten Generation zur Speicherung der Energie aus erneuerbaren Quellen beschäftigen, immer mehr für Vanadium interessieren. Darüber hinaus beschäftigt sich Energy Fuels mit dem Bereich seltene Erden. Beispielsweise soll in der White Mesa Mill Monazit verarbeitet, das enthaltene Uran zurückgewonnen und ein marktfähiges gemischtes Seltenerdelement-Karbonat hergestellt werden.

Fazit

Die Kernenergie wird weiterhin ein heißes Diskussionsthema bleiben. Wenn die Menschheit jedoch ernsthaft die Dekarbonisierung betreiben möchte, wird auch ein nüchterner Blick auf die Vor- und Nachteile dieser Brücken- bzw. Übergangstechnologie vonnöten sein, sodass die Atomenergie auch aus Anlagegesichtspunkten interessant bleiben sollte.

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