Die Plattform soll Unternehmen besseren Zugang und bessere Preise für kritische Mineralien verschaffen. Vor allem große Unternehmen dürften jedoch kaum zu den Nutzern zählen. Der Erfolgsnachweis für die bereits bestehende Gaseinkaufsplattform AggregateEU steht derweil noch aus.
Die EU will offenbar im kommenden Jahr mit dem Aufbau einer Plattform zur Nachfrageaggregation und Vermittlung für strategische Rohstoffe starten. Dies berichtet Reuters unter Berufung auf namentlich nicht genannte Quellen.
Bündelung von Rohstoffkäufen für bessere Preise
Das Ziel: Durch die Bündelung von Rohstoffkäufen sollen Marktteilnehmer besseren Zugang und bessere Preise zu kritischen Mineralien erhalten. Die EU strebt an, bis Ende des Jahres einen Vertrag zu unterzeichnen und Anfang nächsten Jahres mit der Entwicklung von Teilen der Plattform für einzelne Produkte zu beginnen.
Aktuell sucht die EU offenbar nach einem Partner für den Plattformbetrieb. Einer von derzeit acht Bietern soll demnach etwa 9 Millionen Euro für die Einrichtung und Übergabe einer Plattform an die EU erhalten, wie Reuters unter Berufung auf vorliegende Dokumente berichtet.
Zu den acht Bietern gehören die großen Beratungsunternehmen Deloitte und PricewaterhouseCoopers (PwC) sowie die deutschen Unternehmen Metalshub und Enmacc. Metalshub und Enmacc reichten offenbar ein gemeinsames Angebot ein. Dieses sieht vor, die bestehenden Handelsplattformen für Metalle und Energie für das EU-Projekt zu nutzen.
Die Politik sieht sich in ihrem Plan durch das Interesse der Wirtschaft bestätigt. EU-Kommissionssprecherin Johanna Bernsel etwa verwies auf eine Online-Konsultation mit 66 Antworten. Diese zeige, dass die Industrie die Initiative unterstütze. "Insgesamt ergab die Umfrage eine breite Unterstützung für die Einrichtung einer Plattform zur Nachfrageaggregation und Vermittlung für strategische Rohstoffe."
Die Plattform ist Bestandteil des EU-Gesetzes über kritische Rohstoffe (CRMA). Das Gesetz trat im Mai in Kraft und soll die inländische Produktion und Verarbeitung kritischer Mineralien fördern und dadurch die Abhängigkeit von China verringern. Die Volksrepublik dominiert durch eigene Produktion oder starke Präsenz ihrer Unternehmen in anderen Ländern viele wichtige Rohstoffe, darunter Lithium, Kobalt und Nickel.
Große Unternehmen bauen eigene Lieferketten auf
Die geplante Plattform dürfte allerdings nicht durch alle Unternehmen im selben Umfang genutzt werden. Viele Abnehmer kritischer Rohstoffe – etwa aus der Automobilindustrie – haben bereits mit dem Aufbau eigener Lieferketten begonnen. Bestandteil solcher Ketten sind z.B. Offtake-Agreements mit Rohstoffproduzenten oder auch Beteiligungen und Joint Ventures.
Karol Bednarek, Rohstoffberater beim Verband der Automobilindustrie (VDA), sieht die größeren Autokonzerne nicht in der ersten Reihe der Nutzer. "Größere Unternehmen, die bereits über Lieferketten für kritische Rohstoffe wie Batteriematerialien verfügen, werden diese Plattform wahrscheinlich nicht nutzen". Die Plattform könne jedoch nützlich sein, um als nachhaltig zertifizierte Materialien oder Nischenmaterialien wie Germanium und Gallium zu beschaffen.
Die Zertifizierung von Rohstoffen könnte eine Achillesferse der Plattform werden. Carolina López, Leiterin der Nachhaltigkeitsabteilung des spanischen Automobilverbands etwa schränkt ein: "Automobilzulieferer beziehen in der Regel verarbeitete Rohstoffe in sehr spezifischen Qualitäten, die zertifiziert werden müssen, was die Bündelung der Nachfrage erschwert".
Spezifische Anforderungen an Rohstoffe können Geschäftsgeheimnisse offenbaren
Dass verschiedene Käufer die Anforderungen an die Rohstoffe über die Plattform mitteilen, gilt als unwahrscheinlich. Vincent Yang, CEO des taiwanesischen Batterieherstellers ProLogium Technology, erläutert den Grund: Jede Plattform muss Daten über die spezifischen Anforderungen jedes Käufers schützen, die Geschäftsgeheimnisse offenlegen könnten.
Die Einkaufsplattform wäre nicht die erste ihrer Art. Im April 2023 ging die Gaseinkaufsplattform AggregateEU an den Start. Die Idee dafür entstand nach dem Ausbruch des Ukrainekriegs und der folgenden Energiekrise. Der Europäische Rechnungshof war laut einem im Juni erschienenen Bericht von der Wirksamkeit allerdings nicht überzeugt.
Dies wird allerdings auch darauf zurückgeführt, dass zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Plattform bereits eine weitreichende Normalisierung des europäisches Gasmarktes in Kraft getreten war.