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EZB im tiefen Fed-Fahrwasser - EU versus Polen/Ungarn: Smarte Lösung!

Veröffentlicht am 03.12.2020, 09:47
Aktualisiert 09.07.2023, 12:32
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Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,2117 (05:59 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,2040 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 104,46. In der Folge notiert EUR-JPY bei 126,58. EUR-CHF oszilliert bei 1,0832.

Seitwärtsbewegung auf den etablierten Niveaus bestimmt die Aktienmärkte. Der USD beleibt gegenüber dem Euro und den Edelmetallen unter Druck.
Die USD-Schwäche wurde durch unerwartet enttäuschende Daten aus den USA unterfüttert. Wir verweisen auf den Datenpotpourri, in dem China wieder glänzt. Chinas Dienstleistungssektor ist auf Sicht der letzten drei Jahre in Höchstform.

Das Beige Book der Federal Reserve wurde gestern veröffentlicht. Hier wurden Daten bis zum 20. November berücksichtigt. Die Dynamikverluste nehmen in der US-Wirtschaft zu. Vier Fed-Distrikte melden wenig oder kaum Wachstum. Fünf weitere Bezirke berichteten von Wachstum unter dem Vorkrisenniveau.

Vor diesem Hintergrund ist die Bereitschaft der US-Notenbank ausgeprägt, verstärkt zu intervenieren und zu subventionieren (=USD-Entwertung). Die Reaktion ist in dem Währungspaar EUR-USD ablesbar.

Das kann der EZB nicht gefallen. Nach meiner Kenntnis bewegen wir uns mit Kursen jenseits der 1,20 gegenüber dem USD auf einem Niveau, dass der EZB bezüglich der Konkurrenzfähigkeit der meisten Mitglieder der Eurozone nicht schmeckt. Das Niveau von 1,25-1,27 bewerte ich diesbezüglich als kritisch.

Aus diesem Grund verwundert es nicht ansatzweise, dass sich gestern der EZB-Chefvolkswirt Lane zu Wort meldete. Er sagte, dass die EZB nicht nur zwei Kriseninstrumente in Erwägung ziehe. Die EZB-Verbalpolitik impliziert, dass sie eine Funktion der Politik der Fed ist (Zusammenhang Euro) und sie bewegt sich ob ihrer „Leichtigkeit“ damit im tiefen Fahrwasser der Federal Reserve.

EU: Polen und Ungarn isolierter - „EU go ahead“!

Der von Polen und Ungarn ausgehende Konflikt mit der EU um das EU-Budget als auch den Corona Fonds einerseits und den Mechanismus des Rechtsstaats (Gewaltenteilung) andererseits führen innerhalb der EU zur Erwägung der Nutzung alternativer rechtlich unangreifbarer Methoden.

Es geht darum, nicht zuzulassen, dass zwei Mitglieder, die die Grundlagen der Gewaltenteilung der EU für sich nicht gelten lassen wollen, die aber zwingendes Kriterium zum EU-Beitritt sind, die restlichen 25 Mitglieder in ihren demokratisch abgestimmten und verfügten Budget und Wirtschaftspaket lähmen.

Es ist für EU-Mitglieder förmlich absurd, was seitens Polens und Ungarns gefordert wird. Gewaltenteilung ist unverzichtbare Grundlage jedweder Rechtsstaatlichkeit. Sie ist kein disponibles Gut in einer Demokratie. Fehlt sie, gibt es keine Rechtsstaatlichkeit, sondern ein regierungsabhängige Staatlichkeit im Rechtswesen.

Die Regierungen der Niederlande und Finnlands als auch das EU-Parlament signalisieren ein Veto für den Fall, dass die vorliegende Form der Bindung der EU-Mittel an die Gewaltenteilung/Rechtsstaatlichkeit aufgeweicht werden sollte.

Das begrüße ich außerordentlich. Bereits heute ist die Gewaltenteilung in der EU nicht mehr so stringent, wie wir sie aus der Vergangenheit kennen. Sie ist aber unerlässlich für eine echte Demokratie. Es gilt, die erfahrenen Schäden zu heilen und nicht noch mehr Schäden zuzulassen! Diese Mahnung sollte in ganz Europa gehört werden.

Damit verfängt die Politik Polens und Ungarns nicht, eine Aufweichungspolitik in strukturellen Grundsatzfragen in egozentrischer und erpresserischer Form durchzusetzen. Es gibt keinen Spielraum für Kompromisse. Jeder Kompromiss beinhaltete Fäulnis für die essentiellste Grundlage der Demokratie (Gewaltenteilung).

Aus Brüsseler Sichtweise gibt es einen rechtskonformen und zuvor bereits erprobten Ausweg. Man kann den Corona-Fonds aus dem EU-Haushalt in eine zwischenstaatliche Gründung nach dem Muster des Rettungsschirm-Fonds ESM auslagern. Damit würde der Erpressungsversuch Polens und Ungarns neutralisiert. Dieser Schritt wäre keine Winkel-Advokatur, sondern Ausdruck demokratischen Gebarens innerhalb der EU.

Darüber hinaus hätte diese Lösung einen bitteren Charme für Warschau und Budapest. Bei dieser Vorgehensweise der Auslagerung gingen beide Länder bei den Hilfsmaßnahmen des Corona-Fonds (750 Mrd. Euro) leer aus, denn sie wären wohl nicht Teil der zwischenstaatlichen Gründung. Hier hätte Handeln gegen die markante Mehrheit der EU-Länder Konsequenzen, die vollkommen angemessen wären.

Mehr noch hat das egozentrische Vorgehen Polens und Ungarns auch strukturelle Folgen. Die Visegrád-Gruppe ist als Konsequenz gespalten. Sowohl Tschechien als auch die Slowakei folgen den Herren aus Warschau und Budapest nicht. Hier greift das „Gesetz der „nicht gewollten Konsequenzen“, das den Machtstatus dieser Gruppe innerhalb der EU durch die Egozentrik Polens und Ungarns bereits untergraben hat.

Mehr und mehr isolieren sich Polen und Ungarn innerhalb der EU. Das gilt stärker für Polen als für Ungarn, denn Polens Regierung vertritt zusätzlich nahezu regelmäßig bei kontroversen Themen US-Positionen innerhalb der EU.

Die in der EU erwogene Lösung für den Corona-Fonds ist smart. „EU go ahead!“

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

China: Starke Performance auch im Sektor Dienstleistungen

Der von Caixin (nicht staatlich) ermittelte Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor stieg per November von zuvor 56,8 auf 57,8 Punkte.

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© Reuters

Eurozone: Weitgehend im Rahmen der Erwartungen

Die Arbeitslosenrate sank per Oktober von 8,5% (revidiert von 8,3%) auf 8,4% (Prognose 8,4%).

Die Erzeugerpreise verzeichneten per Oktober im Monatsvergleich einen Anstieg um 0,4% (Prognose 0,2%) nach zuvor 0,4% (revidiert von 0,3%). Im Jahresvergleich ergab sich ein Rückgang um 2,0% (Prognose -2,4%) nach zuvor -2,3% (revidiert von -2,4%).

USA: Erkennbare Dynamikverluste

Der ADP National Employment Report, der Aufschluss über die Beschäftigungsentwicklung in der US-Privatwirtschaft (ex öffentlicher Sektor) gibt, lieferte mit 307.000 neuen Jobs (Prognose 410.000) tendenziell eine Enttäuschung. Positiv ist anzumerken, dass der Vormonatswert von 365.000 auf 404.000 Jobs revidiert wurde.

Der New York Business Conditions Index sank per November drastisch von zuvor 65,1 auf 44,2 Punkte.

Global: Diverse PMIs für den Dienstleistungssektor per 11/20
Japan: 47,8 nach zuvor 47,7 Punkten
Honkong: 50,1 nach zuvor 49,8 Punkten
Indien: 53,7 nach zuvor 54,1 Punkten

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.1580 - 1.1610 negiert den positiven Bias.

Bleiben Sie gesund, viel Erfolg!

© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Solvecon Invest GmbH

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