Selbst der normalerweise unerschütterliche Warren Buffett macht sich langsam Sorgen um die Inflation.
"Wir sehen eine erhebliche Inflation", sagte Buffett während der virtuellen Jahreshauptversammlung seiner Holdinggesellschaft Berkshire Hathaway (NYSE:BRKa) am Sonnabend.
"Die Leute haben Geld in der Tasche und zahlen höhere Preise."
Buffett ist nicht der einzige, der sich Sorgen macht. Laut Bank of America (NYSE:BAC) haben Führungskräfte von Unternehmen die Inflation in den Ergebnisberichten des ersten Quartals dreimal so oft erwähnt wie vor einem Jahr.
Nichts davon scheint den Vorsitzenden der Federal Reserve, Jerome Powell, aus der Ruhe zu bringen. Dieser wiederholte stattdessen in der letzten Woche seine Aussage, dass die Notenbanker sich sicher sind, es handele sich um einen "vorübergehenden" Anstieg der Inflation. Seine Formulierung der Haltung der Fed zur Inflation klingt mittlerweile weniger wie ein Mantra als eine kaputte Schallplatte.
Inflationserwartungen bleiben bei 2% "verankert"
Powell sagte, dass dieser vorübergehende Anstieg der Inflation hauptsächlich auf den Basiseffekt zurückzuführen sein wird - die Werte im Jahresvergleich werden durch den Rückgang der Indizes bei Ausbruch der Pandemie hoch ausfallen - und auf Engpässe in der Lieferkette, die Powell nach, der selbst kein Unternehmen führt, schnell gelöst werden dürften.
Und selbst wenn die Inflation die optimistischen Erwartungen der Fed irgendwie übertrifft, solle man sich keine Sorgen machen, denn die Fed weiß, wie mit Inflation umzugehen ist.
"Sollte sich die Inflation wider Erwarten dauerhaft und wesentlich über 2% etablieren, sodass die längerfristigen Inflationserwartungen deutlich über 2% zu steigen drohen, würden wir unsere Instrumente einsetzen, um die Inflation und die Erwartungen auf ein mandatskonformes Niveau zu senken", sagte Powell auf der Pressekonferenz am Mittwoch nach der zweitägigen Sitzung des Fed-Offenmarktausschusses (Federal Open Market Committee, FOMC).
Ein Journalist fragte den Fed-Chef, wie er sich so sicher sein könne, dass die Fed angesichts der Verzögerungen von geldpolitischen Maßnahmen eine außer Kontrolle geratene Inflation eindämmen könne. Powell ging dieser Frage aus dem Weg, um erneut zu versichern, dass die Fed wüsste, was sie tut, und wiederholte seine Behauptung, dass die Inflationserwartungen bei 2% "verankert" seien, sodass die Anleger selbst angesichts "einmaliger Preiserhöhungen" nicht in Panik geraten werden.
Der Markt sieht die Inflation jedoch schon jetzt in den nächsten fünf bis zehn Jahren bei 2,4 bis 2,5%. Analysten gehen davon aus, dass das von der Fed bevorzugte Inflationsmaß - der Preisindex der persönlichen Konsumausgaben, der etwas langsamer als der Verbraucherpreisindex steigt - selbst nach Abzug der volatilen Lebensmittel- und Energiepreise im April und Mai über 2,5% liegen wird.
Die Frage ist, ob die Anleger den Anker abwägen und von langfristig schnelleren Preiserhöhungen ausgehen werden.
Lieferkettenengpässe bei Stahl, Kupfer und anderen Rohstoffen - ganz zu schweigen von dem globalen Chipmangel, der die Automobilproduktion zusammen mit anderen Sektoren des verarbeitenden Gewerbes lähmt - könnten sich als mehr als nur temporär erweisen. Der enorme Fachkräftemangel ist ebenfalls nicht auf die Schnelle zu lösen.
Am Freitag gab es in der Einheitsfront der Fed-Mitglieder einen ersten Riss in dieser Frage, als der Präsident der Dallas Fed, Robert Kaplan, das Versprechen der Zentralbank in Frage stellte, auf absehbare Zeit jeden Monat Anleihen im Wert von 120 Milliarden US-Dollar zu kaufen.
"Ich denke, es wird zum frühestmöglichen Zeitpunkt angebracht sein, über eine Anpassung dieser Käufe zu sprechen", sagte Kaplan während eines Gesprächs mit einer örtlichen Handelskammer in Texas.
Allein dass Kaplan die Frage aufwirft, scheint Powells Beharren zuwiderzulaufen, eine Verringerung der Anleihekäufe nicht einmal diskutieren zu wollen.
Nach der Sitzung in der vergangenen Woche gab es keine Meinungsverschiedenheiten in der Konsenserklärung der Fed, obwohl Kaplan, der dieses Jahr kein stimmberechtigtes Mitglied des FOMC ist, nicht zu denjenigen gehörte, die die Verpflichtung zu einer akkommodierenden Geldpolitik befürworten, bis "wesentliche weitere Fortschritte" in Richtung maximaler Beschäftigung und Preisstabilität erzielt sind. Letztere bedeutet nun durchschnittlich 2% Inflation über einen nicht festgelegten Zeitraum hinweg.
Mohamed El-Erian, ehemaliger CEO von Pimco und jetzt Berater der Allianz (DE:ALVG), warnte letzte Woche eindringlich vor der großen Gefahr, dass die US-Fed ins Hintertreffen gerät und schwerwiegende Störungen verursachen könnte, wenn die Inflation sie zu einer schnellen Straffung der Geldpolitik zwingt. El-Erian sagte zu CNBC:
"Ich bin sehr in Sorge, dass das, was sie als vorübergehende Inflation erhoffen, sich am Ende als dauerhafte Inflation herausstellt."
Wenn wir in einer Welt mit dauerhaften Inflation landen, müssen sie auf die Bremse treten, und die Marktreaktion wird dann viel schlimmer sein, als wenn sie jetzt nur ein wenig die Anleihekäufe einschränken."
Vielleicht kann sich dieser erfahrene Marktbeobachter also mit Kaplan und Buffett auf eine Tasse Kaffee treffen, um sich über die Haltung der Fed in Bezug auf rechtzeitiges Handeln auszutauschen.