Die chinesische Zentralbank (PBoC) hat gestern die zwei Finanzierungsprogramme zur Ankurbelung des Kapitalmarkts gestartet. Wie am 24. September angekündigt (siehe „Überraschendes neues Maßnahmenpaket der PBoC“), sollen damit bis zu 800 Milliarden Yuan (104 Mrd. Euro) durch Kredite und neu geschaffene geldpolitische Instrumente in den Aktienmarkt gepumpt werden. Die Notenbank will damit nach eigenen Angaben eine „stetige Entwicklung“ der Kapitalmärkte unterstützen.
BIP-Daten bestätigen Chinas Wachstumsschwäche
Es dürfte kein Zufall sein, dass diese Maßnahmen ausgerechnet gestern konkret umgesetzt wurden. Denn Chinas Regierung hatte kurz zuvor verkünden müssen, dass die heimische Wirtschaft im 3. Quartal 2024 so langsam wuchs wie seit Anfang 2023 nicht mehr. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt im Jahresvergleich legte um 4,6 % zu.
Zwar wurden damit die Erwartungen der Analysten leicht übertroffen, die ein Wachstum von 4,5 % prognostiziert hatten, dennoch bedeutet dies eine Abschwächung gegenüber den 4,7 % des Vorquartals. Und auf Quartalsbasis wuchs das BIP im Zeitraum von Juli bis September um 0,9 % und blieb damit leicht hinter den Erwartungen von 1,0 %.
PBoC sorgt erneut für ein Kursfeuerwerk
Insofern kamen die Programme der Zentralbank gestern genau zum richtigen Zeitpunkt. Vorgestern hatte der chinesische Aktienindex Hang Seng noch ein neues Korrekturtief markiert und damit mehr als 15 % vom jüngsten Hoch verloren. Und auch gestern startete der Markt zunächst in der Nähe des Tiefs und somit relativ schwach in den Tag. Doch dann ging es um mehr als 4,7 % nach oben.
Damit die chinesische Regierung ihr BIP-Wachstumsziel von 5 % für das laufende Jahr noch erreicht, braucht es aber deutlich mehr als eine Finanzspritze für die Aktienkurse. Denn die Kursgewinne könnten sich schnell wieder als Strohfeuer herausstellen, wenn die Probleme der Wirtschaft nicht zeitnah durch konsequentes Handeln gelöst werden.Ich glaube allerdings, dass die chinesische Regierung ihren Worten bald Taten folgen lassen wird. Und wer den (am 24. September ins Spiel gebrachten) Einstieg in den chinesischen Aktienmarkt verpasst hat, der könnte den aktuellen Rücksetzer nutzen, um dies nachzuholen.
Auswirkung auf ausländische Märkte
Die leicht negativen BIP-Daten und die PBoC-Programme hatten in der Nacht bzw. gestern früh (MESZ) jedenfalls auch entsprechende Auswirkungen auf die Kurse von DAX, Dow Jones & Co. Auf einen kurzzeitigen Schwächeanfall folgte eine Kurserholung, mit der wieder Kursgewinne erziel werden konnten. Passend dazu hatte ich am Mittwoch geschrieben: „Denn wenn China die angekündigten Maßnahmen konkret beschließt und viel neues Geld locker macht, könnte das wieder ein Antrieb für die Aktienmärkte sein.“
Der DAX arbeitet sich dadurch wieder an die Rechteckgrenze bei 19.690 Punkten heran, die vorgestern einerseits als Kursziel erreicht wurde und andererseits als Widerstand fungiert hat, von dem die Kurse abgeprallt sind (siehe roter Pfeil im folgenden Chart).
Hält der Index den Druck auf diese Hürde aufrecht, dürfte bald ein Ausbruch auf neue Höhen gelingen. Dann könnte die psychologisch wichtige Marke von runden 20.000 Punkten den deutschen Leitindex anziehen. Und dort könnten die Kurse in eine Konsolidierung gehen, die entlang der Konsolidierungslinie (rot gestrichelt) verläuft, die in diesem Bereich liegt.
Eine größere Gegenbewegung auf die aktuellen Kursgewinne droht, wenn der DAX erneut unter die Marke von 19.491,93 Punkten zurückfällt und das dortige Tief des jüngsten Rücksetzers bei rund 19.400 unterschritten wird. Fallen die Kurse auch noch unter das alte Rekordhoch bei 18.892,92 Zählern, hätte eine längst überfällige neuerliche Korrektur begonnen, die eigentlich aufgrund des saisonalen Verlaufs längst fällig ist.
Derweil sollte man abwarten, ob sich aus dem neuerlichen Kursfeuerwerk in China ein nachhaltiger Aufwärtstrend entwickeln kann. Aktuell bestehen daran sicherlich noch begründete Zweifel. Sollte das aber der Fall sein, muss man beobachten, ob der Aufwärtstrend ausländisches Kapital anzieht, welches den dortigen Bullenmärkten dann fehlt.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls weiterhin viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus