Fußball und Börse

Veröffentlicht am 01.07.2014, 10:32

Der Vorteil der Beschäftigung mit der Börse ist, dass man auch nach vielen Jahren als Börsianer immer mal wieder Aha- und Oho-Effekte erlebt. Zum Beispiel beim Thema „Fußball und Börse“.

Aha- und Oho-Effekte auch für einen gestandenen Börsianer

So mutmaßte ich in der vorigen Woche an dieser Stelle, dass wegen der Fußball-WM (in den USA: Soccer Word Cup) wohl kaum die US-Börsen beeinflusst werden dürften. Seit kurzem kursiert jedoch eine Studie, die genau diesen Zusammenhang nachweist. Aha – so kann man sich irren. Mindestens genauso bemerkenswert ist der Herausgeber dieser Studie, die EZB. Oho – womit sich eine Zentralbank so alles beschäftigt!

Aber worum geht es in der Studie konkret? Untersucht wurde am Beispiel der Fußball-WM 2010 in Südafrika, wie stark die Börsentätigkeit in den verschiedenen Teilnehmerländern beeinflusst wurde, wenn während der Handelszeiten WM-Spiele stattfanden. Kriterien dafür waren die Anzahl der Trades und das Handelsvolumen, jeweils im Vergleich zum sonst üblichen Niveau.

Das Ergebnis fiel einerseits erwartungsgemäß aus – die Börsenaktivität geht spürbar zurück, insbesondere wenn die eigene Mannschaft spielt oder ein Tor gefallen ist (siehe folgende Grafiken):
Auswirkungen der WM-Spiele 2010 auf die Börsen
Quelle: EZB (* = Argentinien, Brasilien, Chile, Mexiko; ** = Dänemark, England, Frankreich, Deutschland, Italien, Niederlande, Portugal, Spanien, Schweiz)

Auch dass das Abspielen der Nationalhymnen noch niemanden wirklich interessiert, ist keine Überraschung. Diese Minuten nutzen die Börsianer offensichtlich lieber, um die Orders rauszuhauen, die unbedingt noch erledigt werden müssen. Gleiches gilt auch für die Halbzeitpause. Und so richtig normalisieren tut sich selbst das Leben an der Börse erst ca. eine halbe Stunde nach Ende des Spiels.

Unerwartete Auswirkungen des Fußballs auf die Börsen

Andererseits gibt es auch einige faustdicke Überraschungen: Vor allem in den südamerikanischen Ländern führten die WM-Spiele 2010 teilweise faktisch zum Erliegen des Börsenhandels. In Chile beispielsweise brach das Handelsvolumen bei Spielen der eigenen Mannschaft komplett ein (-99,5 %). Gut, die Südamerikaner gelten als fußballverrückt, aber derart extrem? Da war es also geradezu ideal, dass diesmal die Partie Chile gegen Brasilien an einem Samstag stattfand…

Noch erstaunlicher ist, dass in den USA das Interesse am Auftreten der eigenen Jungs größer war als in Europa. (Hierzulande war nur in Deutschland und Portugal die Anteilnahme am Spiel der eigenen Mannschaft größer als in den USA!) Der Rest der Spiele interessiert die Börsianer in den USA dagegen erwartungsgemäß eher weniger, genauso wie die südafrikanischen Börsenhändler, wie die Grafik zeigt (blaue Säulen).

Und noch ein Detail ist vielleicht für Ihre nächste Stammtischrunde oder den Small Talk auf einer Party von Nutzen: England ist die einzige der großen europäischen Fußballnationen, bei denen die Börsianer ein stärkeres Interesses an Spielen der anderen Teams hatten als an denen des eigenen. Ein Schelm, der Böses dabei denkt…

Was Sie während der WM-Spiele nicht tun sollten


Aber was kann man abseits der Stammtische als Anleger sonst noch mit diesen durchaus unterhaltsamen Informationen anfangen? Auch wenn ich mit meiner Vermutung über mangelndes Fußball-, äh Soccer-Interesse, in den USA danebenlag – meine Schlussfolgerung aus der Vorwoche wird durch diese Studie bestätigt: In den Ferien sollten Sie lieber Fußball gucken als zu intensiv traden!

Denn ein (zu) geringes Marktvolumen ist stets eine Gefahr beim Traden, weil die Signale einfach viel zu unzuverlässig sind. Sie setzen sich dabei nur unnötig hohem Stress und Ihr Geld einem übermäßigen Verlustrisiko aus.

Die Fußball-WM dauert noch zwei Wochen. Und am Freitag dieser Woche wird in den USA zudem der Nationalfeiertag (4. Juli) begangen. Das senkt die Börsenaktivitäten in den kommenden Tagen dort zusätzlich. Charttechnischen Signalen der US-Indizes können Sie also vorerst nicht trauen. Ihr Fahrplan für die nächsten beiden Börsenwochen
Und nach dem 4. Juli beginnt in den USA traditionell die Driving Season, also die Urlaubsreisezeit, die sich bis Anfang September hinzieht. In dieser Zeit tendieren die Börsen in der Regel ohnehin schwächer. Jochen Steffens‘ Prognose der vergangenen Tage, dass wir im Sommer eine weitere Seitwärtsbewegung erleben könnten, gewinnt also auch durch die Fußballstudie der EZB an Relevanz.

Aber wer weiß? Gerade an der Börse folgen die größten Überraschungen ausgerechnet dann, wenn etwas besonders offensichtlich erscheint. Es ist da ein bisschen wie bei der WM. Auch hier erlebten wir schon jede Menge Unerwartetes: das „massenhafte“ Ausscheiden vermeintlicher Mitfavoriten (vor allem aus Europa), einen ungewöhnlich gehemmt wirkenden Gastgeber und spätestens seit Samstag den kometenhaften Aufstieg eines neuen Geheimfavoriten, Kolumbien.

Damit ist Ihr Fahrplan für die kommenden beiden Wochen also klar: Genießen Sie die Überraschungen, die Sie bei der WM noch erwarten und vermeiden Sie möglichst jene, die Miss Börse für uns bereithält. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine schöne Zeit!

Torsten Ewert
Stockstreet GmbH

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