- General Electric will sich in den nächsten zwei Jahren in drei separate Aktiengesellschaften aufspalten. So soll großer Wert freigesetzt werden.
- Die Aufspaltung stellt angesichts der verbesserten Bilanz und der vereinfachten Struktur des Unternehmens eine attraktive Kaufgelegenheit dar.
- Die Mehrheit der Wall Street-Analysten beurteilt die Aussichten von GE optimistisch.
Es fällt nicht gerade leicht, ein Bull-Case für General Electric (NYSE:GE) zu skizzieren; schließlich befindet sich das 130 Jahre alte Industriekonglomerat gerade inmitten eines umfassenden Umstrukturierungsprozesses, nachdem es in den letzten zehn Jahren bei den Anlegern dramatisch in Ungnade gefallen ist.
Chief Executive Officer Larry Culp übernahm den Siemens-Rivalen im Jahr 2018. Sein erklärtes Ziel: das sinkende Schiff retten und wieder auf Kurs bringen.
Seine ohnehin schon schwierige Aufgabe ist in diesem Jahr aber noch viel schwieriger geworden. Zusätzlich zu all den internen Problemen kämpft General Electric auch noch gegen die Inflation, Störungen in der Beschaffungskette und COVID-bedingte Restriktionen in China.
Zur Bewältigung dieser Herausforderungen will sich das in Boston ansässige Konglomerat in den nächsten zwei Jahren in drei börsennotierte Unternehmen aufteilen. Konkret geht es dabei um die Wachstumsbereiche Gesundheitswesen, Energie und Luftfahrt.
Das Gesundheitsgeschäft von GE wird im Januar 2023 als erstes ausgegliedert. Danach werden die Bereiche erneuerbare Energien, fossile Brennstoffe und Digitaltechnik folgen, die im Jahr 2024 zu einem einzigen, auf Energiethemen fokussierten Unternehmen zusammengefasst werden. Beim dritten Unternehmen handelt es sich um GE Aviation, die Triebwerkssparte des Unternehmens.
Culp, der sich dem vierten Jahrestag des Amtsantritts als CEO nähert, hat die Produktionsprozesse überarbeitet, Unternehmenseinheiten verkauft, Schulden abgebaut und Maßnahmen zur Kostensenkung ergriffen.
Während sich General Electric dem ersten wichtigen Meilenstein im Turnaround-Prozess nähert, gibt es Anzeichen dafür, dass Culp und sein Team dem Konglomerat erfolgreich neues Leben einhauchen.
Momentum im Luftfahrtgeschäft
In seinem jüngsten Geschäftsbericht konnte GE die Erwartungen der Wall Street übertreffen. Der Siemens-Rivale meldete einen überraschend positiven Cashflow, angetrieben von seiner Triebwerkssparte, deren Umsatz um 27 % stieg. Daraus resultierte ein Gewinn von 0,78 USD je Aktie, während der Durchschnitt der Analystenschätzungen bei 0,37 USD lag.
Die Aktien des Konzerns mit Sitz in Boston haben sich in den letzten zwei Monaten besser entwickelt als der Leitindex S&P 500. Die Mehrheit der Analysten rät zum Kauf der Aktie. Der Hauptgrund: die Aufspaltung des Unternehmens.
Die Wiederbelebung des Luft- und Raumfahrtgeschäfts des Unternehmens und die Fortschritte beim Turnaround sind die beiden wichtigsten Faktoren, die die Analysten trotz des schwierigen makroökonomischen Umfelds optimistisch für den Industriekonzern stimmen.
Von 23 über Investing.com befragten Analysten bewerten 70 % die Aktie mit "Buy", das 12-Monats-Kursziel entspricht einem Renditepotenzial von 27,3 %.
Quelle: Investing.com
Goldman Sachs lobte das Management des Unternehmens in seiner jüngsten Mitteilung und stellte fest, dass die Geschäftsbereiche Gesundheitswesen und Luftfahrt von GE an Momentum gewinnen:
"Wir bleiben bei unserer Kaufempfehlung. GE besitzt unserer Meinung nach ein attraktives längerfristiges Portfolio und die Bewertung spiegelt noch nicht die Fortschritte wider, die GE auf dem Weg zu einem fundamental starken Unternehmen bereits gemacht hat."
Neuer Wachstumsmotor
Das Analysehaus Wolfe bekräftigte in einer kürzlich veröffentlichten Kundennotiz seine Einstufung "Outperform" für GE und erklärte, dass die in Präsident Bidens Gesetzentwurf zur Inflationsbekämpfung enthaltene Steuergutschrift für die Windenergieproduktion als Wachstumsmotor für die GE-Aktie dienen sollte. Die Sparte Renewable Energy stand in diesem Jahr massiv unter Druck, da einige Onshore-Windkraftkunden in den USA, wo GE der größte Lieferant ist, ihre Aufträge nach dem Auslaufen einer wichtigen Steuergutschrift in den USA aussetzten.
In der Notiz hieß es weiter:
"Deshalb ist die Wiedereinführung der Steuergutschrift für die Produktion im Rahmen des Inflationsbekämpfungsgesetzes (Inflation Reduction Act) mit der Sichtbarkeit der Projekte über die nächsten zehn Jahre ein so wichtiger Katalysator für die Erholung."
Der Value-Investor Mason Hawkins, der zum Ende des zweiten Quartals 3,28 Millionen GE-Aktien hielt, sagte, der Markt zolle GE keine Anerkennung für die erheblichen Verbesserungen, die CEO Larry Culp in seiner Amtszeit erzielt habe.
"Die Bilanz ist heute so stark wie schon lange nicht mehr, und jedes der drei primären Geschäftssegmente verfügt über solide Wege zur Steigerung der Erträge, unabhängig vom wirtschaftlichen Umfeld."
Hawkins fügte hinzu:
"Das Gesundheitswesen ist seit jeher kein zyklisches Geschäft. Obwohl die Luftfahrt in der Regel eine gewisse Konjunktursensitivität aufweist, besitzt der Bereich noch immer ein erhebliches Nachholpotenzial, das auch in einem unsicheren Umfeld Bestand haben dürfte. Das Energiegeschäft ist weniger zyklisch, und GE verfügt über ein stabiles Geschäft, das etwa ein Drittel des weltweiten Strombedarfs abdeckt."
Fazit
Die GE-Aktie mag in nächster Zeit kaum positive Impulse erhalten, da das gesamtwirtschaftliche Umfeld für Industrieunternehmen insgesamt immer ungünstiger wird. Für langfristig orientierte Anleger stellt die Aufspaltung von GE jedoch eine attraktive Kaufgelegenheit dar, schließlich hat sich das Unternehmen nun auf einen Plan festgelegt, um seine führende Marktposition, insbesondere im Gesundheitswesen und in der Luft- und Raumfahrt, optimal zu nutzen.
Für risikofreudige Investoren bietet sich der Aufbau einer Position in GE-Aktien mit einem Anlagehorizont von drei bis fünf Jahren meines Erachtens an.
Disclosure: Der Verfasser hält keine Aktien von GE.