Der Westen hat im Niger und der Sahelzone seinen Einfluss weitgehend verloren. Die neuen Machthaber setzen auf engere Beziehungen zu Russland – und könnten auch die französischen Uranminen im Land an Rosatom verkaufen. Die Junta in Niamey indes scheint an einem Uran-Deal mit dem Iran zu arbeiten.
Russland greift womöglich nach den Uranminen des französischen Konzerns Orano im Niger. Dies berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Kreise in Moskau. Demnach hat das russische Atomunternehmen Rosatom Gespräche zu Bergbaugenehmigungen geführt.
Orano muss nach Putsch um Assets bangen
Orano besitzt Mehrheitsanteile an den Betreibergesellschaften des Tagebaus Somair und des inzwischen stillgelegten Untertagebaus Cominak sowie Anteile an dem seit 2015 gesperrten Projekt Imouraren.
Die Regierung im Niger – die im vergangenen Juli durch einen Militärputsch an die Macht gelangte – knüpft engere Beziehungen zu Russland, bislang vor allem im Sicherheitsbereich. Im April schickte Moskau Ausbilder und militärisches Material in das Land. Dies hatten Juntachef Abdourahamane Tiani und Russland Präsident Wladimir Putin Ende März in einem Telefonat vereinbart.
Bis zum Militärputsch im vergangenen Juli war der Niger der letzte westliche Verbündete in der Sahelzone. Das neue Regime hatte nach der Machtübernahme ein Sicherheitsabkommen mit den USA aufgekündigt und französische Truppen des Landes verwiesen.
Zuvor hatten sich bereits Mali und Burkina Faso von westlichen Partnern abgewandt.
Russland kommt die weitverbreitete Aversion insbesondere gegen die frühere Kolonialmacht Frankreich zugute. In Mali sind Söldner der Wagner Gruppe bereits seit 2021 aktiv. Im Januar landeten die ersten russischen Soldaten in Burkina Faso.
Die drei Staaten haben sich in der Allianz (ETR:ALVG) der Sahel-Staaten (AES) zusammengeschlossen und verfolgen eine immer engere gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik.
Mark Hibbs, ein in Berlin ansässiger Atomanalyst der Carnegie Endowment for International Peace, betont die strategische Dimension der Aktivitäten aus russischer Sicht. "Russland hat seine wirtschaftlichen, diplomatischen und militärischen Verbindungen in Afrika verstärkt, auch nach dem Putsch in Niger, und es sieht diesen Teil der Welt als strategische Investitionsmöglichkeit". Rosatom habe "Hand in Hand damit" seine Uraninvestitionen in Afrika diversifiziert.
Offiziell bestätigt sind die Verhandlungen mit Russland nicht. Orano teilte Bloomberg auf Anfrage mit, es seien keine Gespräche zwischen Niger und russischen Unternehmen bekannt. Rosatom hatte am Dienstag mitgeteilt, keine Pläne im Hinblick auf den Erwerb von Assets im Niger zu verfolgen. Das Büro des nigrischen Premierministers Ali Mahamane Lamine Zeine lehnte einen Kommentar ab. Sowohl Rosatom als auch Orano dementierten zwischenzeitlich zudem Gespräche untereinander.
Niger ist siebtgrößter Uranproduzent der Welt
Frankreich bezieht bis zu 15 % seines Urans aus dem Niger. Laut Euratom bezogen die Energieversorger der EU 2022 ca. ein Viertel ihres Urans aus dem afrikanischen Land. Der Staat ist dank seiner hochwertigen Uranerze der siebtgrößte Produzent der Welt. Etwa 4 % der weltweiten Uranminenproduktion stammten 2022 von dort.
Die Regierung im Niger wird im Westen äußerst kritisch gesehen – auch, weil offenbar ein Urandeal mit dem Iran verhandelt wird. Wie unter anderem "Le Monde" und "Africa Intelligence" berichten, gibt es "geheime Verhandlungen" mit dem Iran über die Lieferung von 300 Tonnen Yellowcake im Austausch gegen Drohnen und Boden-Luft-Raketen.
Der mutmaßlich 56 Mio. USD schwere Deal steht offenbar weitgehend – und könnte die Sanktionen und Abkommen kompromittieren, die den Iran an der Verbreitung von Atomwaffen hindern sollen. Dies weckt Sorgen in Washington, Paris und anderen Ländern.
Falls Teheran mehr Uran erwirbt, könnte es damit seine nuklearen Fähigkeiten ausbauen und damit die internationalen Spannungen verschärfen. 300 Tonnen Yellowcake entsprächen in etwa der iranischen Uranproduktion von 2019.