Der chinesische Hang Seng hat binnen 10 Handelstagen um mehr als 16 % zugelegt.
Damit dürfte dieser Aktienindex einen Großteil seiner „Konkurrenten“ kurzfristig weit hinter sich gelassen haben. Es lohnt sich also, auch mal über den Tellerrand zu blicken. Die Frage ist allerdings, wie viele Anleger und vor allem Trader wohl von diesem Kursanstieg profitiert haben. Denn auch beim Hang Seng hatte es zuvor ein wildes Auf und Ab gegeben, durch das sich bullishe und bearishe Signale in einem atemberaubenden Tempo abgewechselt haben.
Deutlich bearishe Signale Anfang März
Am 5. März hatte ich zuletzt über den Hang Seng berichtet und zu folgendem Chart geschrieben, dass der Index in den Bereich des aufsteigenden Dreiecks (blaue Linien) zurückgerutscht ist (siehe „Sind Chinas Wachstumsziele derzeit realistisch?“).
Der zuvor bullishe Ausbruch aus dieser Formation war damit nach kurzer Zeit bereits Geschichte. Zudem war der übergeordnete Abwärtstrend weiterhin intakt, da der Hang Seng im damaligen Hoch exakt an der oberen Linie seines engen Abwärtstrendkanals (dunkelrot) abgeprallt ist (siehe roter Pfeil). Zu diesem Zeitpunkt lagen also nach bullishen Signalen wieder deutlich bearishe vor.
Schneller Wechsel zwischen Bären- und Bullenfallen
Doch dies hatte keine bearishen Konsequenzen. Stattdessen drehten die Kurse schnell wieder nach oben (siehe grüner Bogen im folgenden Chart) und brachen aus dem engen Abwärtstrendkanal aus, so dass sich das bearishe Signal als Bärenfalle entpuppte.
An der oberen Linie des breiten Abwärtstrendkanals stießen sich die Bullen allerdings die Hörner (rote Pfeile) und der Index geriet mehrfach zurück in seinen engen Trendkanal. Bei einem dritten Angriff auf die äußere Abwärtstrendkanallinie stellte sich der Ausbruchsversuch als Bullenfalle heraus (roter Bogen).
Und dieses Mal zeichneten sich daraus bearishe Konsequenzen ab. Denn die Kurse gerieten nicht nur erneut in den engen Abwärtstrendkanal, sondern auch wieder in den Bereich des aufsteigenden Dreiecks (rote Ellipse) – und das mit recht hoher Dynamik.
Viele Anleger dürften sich damit aus dem Markt verabschiedet haben. Und diese konnten somit von der anschließenden Kursexplosion nicht profitieren. Im Gegenteil: Womöglich haben einige Anleger angesichts der bearishen Signale auf fallende Kurse gesetzt – und gerieten damit in die nächste Bärenfalle).
Neuer Aufwärtstrend oder Gegenbewegung im Abwärtstrend
Wie könnte es aber nun mit den Hang Seng weitergehen? Angesichts der hohen Aufwärtsdynamik des aktuellen Kursanstiegs und des klaren Bruchs des Abwärtstrend(kanal)s würde ich die Korrektur, die den Index seit Anfang 2023 mehr als 35 % gekostet hat, als beendet ansehen.
Allerdings gibt es noch ein Restrisiko. Denn der Hang Seng hat mit dem aktuellen Hoch exakt 50 % der Abwärtsbewegung korrigiert (siehe roter Pfeil im folgenden Chart). Und damit gilt die aktuelle Aufwärtsbewegung noch als normale Gegenbewegung.
Kritisch wird das, wenn der Index nun unter das Zwischenhoch bei 17.191,90 Punkten zurückfällt. Dann nimmt das Szenario Form an, wonach die aktuelle Kurserholung lediglich eine Gegenbewegung auf die zuvor hohen Kursverluste war.
Bestätigt wird dies, wenn die Kurse erneut in den Bereich des aufsteigenden Dreiecks zurückfallen und die dortigen Zwischentiefs (Bärenfallen) unterschritten werden. Denn diese stellen derzeit höhere Tiefs dar, was eine Voraussetzung für einen Aufwärtstrend ist. Werden sie unterschritten, ist der neue Aufwärtstrend Geschichte.
Solange das aber nicht der Fall ist, kann man auf ein Ende der Korrektur und einen neuen Aufwärtstrend am chinesischen Aktienmarkt setzen.
Ich wünsche Ihnen jedenfalls einen schönen Feiertag und weiterhin viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus