Die Rendite für 10-jährige US-Staatsanleihen setzte im August ihren Aufwärtstrend fort und stieg weiter über die Schätzung des fairen Wertes von CapitalSpectator.com, die auf dem Durchschnitt von drei Modellen beruht.
Es ist unklar, ob die mittlere Schätzung falsch ist oder ob der Markt eine längere Phase des irrationalen Überschwangs durchläuft. Vielleicht ist es ein bisschen von beidem. In jedem Fall ist die wachsende Differenz zwischen der Marktrendite und der Modellschätzung historisch betrachtet bemerkenswert.
Die Rendite der 10-jährigen Treasury lag im August einen ganzen Monat lang über 4,0 % und damit so hoch wie seit 2008 nicht mehr (schwarze Linie in der nachfolgenden Abbildung). Im Gegensatz dazu liegt die durchschnittliche Schätzung des fairen Wertes der drei Modelle unter 3 % (rote Linie)
Die Differenz zwischen der Marktrendite und der durchschnittlichen Schätzung für die drei Modelle stieg im vergangenen Monat auf 1,42 Prozentpunkte. Das ist ein leichter Anstieg gegenüber Juli und der höchste Wert seit 1994, wie die folgende Abbildung zeigt.
Spreads auf dem aktuellen Niveau oder höher sind nicht beispiellos, auch wenn wir eine so hohe Divergenz seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr erlebt haben. Darüber hinaus können relativ hohe Spreads über mehrere Jahre hinweg bestehen bleiben. Doch wie das Spread-Diagramm zeigt, nähert sich der Marktkurs mit der Zeit immer mehr der durchschnittlichen Schätzung des fairen Wertes an und schießt nicht selten ins andere Extrem. Das Timing ist allerdings ungewiss.
Der Spread schwankt willkürlich um den Mittelwert, was bedeutet, dass sich extreme Schwankungen mit der Zeit "korrigieren" und dass die durchschnittliche Schätzung nützliche, wenn auch zeitlich nicht besonders präzise Informationen liefert. Daraus lassen sich einige Schlüsse aus dem aktuellen Missverhältnis zwischen Markt und fairem Wert ziehen.
Erstens scheint die aktuelle Marktrendite eine relativ attraktive Gelegenheit für "Buy-and-hold"-Investoren zu bieten. Zweitens lässt der ungewöhnlich hohe Aufschlag der aktuellen Marktrendite gegenüber der durchschnittlichen Schätzung vermuten, dass weitere Steigungen der zehnjährigen Renditen auf Gegenwind stoßen werden.
Dabei muss man natürlich bedenken, dass sich der Markt länger irrational verhalten kann, als Sie liquide bleiben können. Fairerweise muss man sagen, dass eine andere Interpretation darin besteht, dass die Modellierung schlichtweg falsch ist und die Masse der Anleger zu Recht höhere Renditen einpreist, weil die wirtschaftlichen und/oder inflationären Bedingungen eine solche Preisgestaltung rechtfertigen.
Egal ob Teufel oder Beelzebub - ich vertrete nach wie vor die Ansicht, dass die Rendite der 10-jährigen Treasury ihren Höchststand erreicht hat bzw. kurz davor steht. Allerdings verkündet Capital Spectator das schon seit einigen Monaten, und der Markt ignoriert diese Ratschläge seit genauso langer Zeit. Die Hoffnung (und das Vertrauen in das Modell) stirbt zuletzt.