- Das langsamere Produktionswachstum im Öl- und Gassektor lässt an den EIA-Prognosen zweifeln.
- Steigende Bohrkosten drücken kleine Unternehmen an die Wand und eröffnen größeren Unternehmen Möglichkeiten zu Übernahmen.
- Teure Bohrprozesse und Liquiditätsengpässe schrecken Unternehmen davon ab, ihre Fördermengen zu steigern.
Die neueste Umfrage der US-Notenbank unter Öl- und Gasunternehmen in Texas, dem südlichen Teil von New Mexico und dem nördlichen Louisiana für das zweite Quartal wirft Zweifel an der Einhaltung der EIA-Prognosen auf und gibt Einblicke in die Herausforderungen, mit denen die Branche konfrontiert ist.
Die Umfrage, an der 152 Unternehmen aus den Bereichen Exploration und Produktion sowie Ölfelddienstleistungen teilnahmen - sowohl kleine (Produktion unter 10.000 bpd) als auch große Unternehmen (Produktion von 10.000 bpd oder mehr) -, liefert wichtige Erkenntnisse für Rohstoff-Trader. Insbesondere zwei Faktoren haben ihre Aufmerksamkeit erregt: das langsamere Produktionswachstum und die steigenden Bohrkosten.
1. Langsames Produktionswachstum und EIA-Prognosen
Die Produktion von Erdöl und Erdgas stieg im 2. Quartal an, allerdings langsamer als im ersten Quartal, während die Aktivität unverändert blieb.
Dies bedeutet, dass wir im 3. Quartal mit einem noch geringeren Produktionswachstum rechnen können. Falls die Aktivität stagniert und das Produktionswachstum in der produktivsten Region der Vereinigten Staaten nachlässt - wie können die USA dann die von der EIA für 2023 prognostizierte Produktionsrate erreichen?
Der jüngst veröffentlichte kurzfristige Energieausblick der EIA prognostiziert, dass die US-Produktion im Jahr 2023 durchschnittlich 12,61 Mio. bpd betragen wird. Das ist ein Anstieg gegenüber dem kurzfristigen Energieausblick vom Januar, der noch eine Produktion von 12,4 Mio. bpd prognostizierte.
Das Produktionswachstum könnte im 3. und 4. Quartal dieses Jahres bei geringem Aktivitätswachstum zunehmen, wenn den E&P-Firmen gebohrte, aber noch nicht fertig gestellte Bohrlöcher zur Verfügung stehen. Es ist jedoch auch möglich, dass in der Permian-Region in diesem Jahr kein weiteres Wachstum stattfinden wird, da die Unternehmen über weiter steigenden Kosten klagen. In diesem Fall könnten die USA hinter den EIA-Prognosen für das Produktionswachstum zurückbleiben.
2. Herausforderungen für kleine Unternehmen und Übernahmemöglichkeiten
Für kleine Öl- und Gasunternehmen werden die steigenden Bohr- und Fertigstellungskosten zu einem wachsenden Problem. Die Mehrheit der kleinen Unternehmen erwartet Ende 2023 höhere Kosten pro Bohrloch im Vergleich zu 2022, während große Unternehmen mit einem Rückgang rechnen.
Damit sollte es für kleine Unternehmen noch schwieriger werden, ihre Produktion zu steigern. Ohne Wachstumschancen ist die Fähigkeit für den Erhalt der Unternehmenstätigkeit in Frage gestellt. Sie können zwar die Produktion der Bohrlöcher weiterführen, die bereits in Betrieb sind, die Langlebigkeit von Fracking-Bohrlöchern im Permian-Becken ist aber deutlich geringer als die von konventionell gebohrten Bohrlöchern.
Wenn kleine Unternehmen begehrte Flächen besitzen, können sie damit rechnen, von größeren Unternehmen aufgekauft zu werden, vor allem solange die Ölpreise unter 80 USD pro Barrel liegen. Wenn größere Firmen über das notwendige Geld verfügen, um kleinere Unternehmen mit Verträgen in begehrten Förderregionen zu übernehmen, ist jetzt der richtige Zeitpunkt dafür.
Achten Sie auf größere Unternehmen, die kleinere übernehmen, weil diese mit höheren Bohrkosten konfrontiert sind, die ihre Fähigkeit zur Produktionssteigerung einschränken. Die Käufer können dann beschließen, in diesen Gebieten erst einmal nicht zu bohren oder die Bohrungen nicht fertigzustellen, bis die Ölpreise steigen.
3. Teure Bohrkosten und Investitionshemmnisse
Die steigenden Kosten sind ein zentrales Thema in den Kommentaren der Exploration- und Produktionsunternehmen. Viele von ihnen geben an, dass sie ihre Produktion entweder aufgrund höherer Ölpreise oder zusätzlicher Investitionen leicht steigern könnten, wenn sie über ausreichend Bargeld verfügten oder die Bohrkosten geringer wären.
Obwohl die Kostensteigerungen im Vergleich zum Vorjahr nicht mehr so stark sind, geht der Trend klar nach oben. Gleichzeitig sind die Ölpreise gesunken und Investitionsmöglichkeiten sind begrenzt.
Wenn die Kosten sinken oder die Ölpreise steigen würden, so dass den Unternehmen mehr Geld zur Verfügung steht, würden sie mehr produzieren. Eine höhere Produktion wäre theoretisch möglich, doch für viele Unternehmen sind die Kosten praktisch unerschwinglich. Es handelt sich also nicht um einen Mangel an Potenzial oder den Wunsch, Aktionäre zu beglücken, sondern schlicht um die finanziellen Herausforderungen, die einer verstärkten Produktion im Wege stehen.
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Offenlegung: Die Autorin hält keine Anlagen der in diesem Bericht genannten Instrumenten.