Wir nähern uns schon wieder dem Monatsende, und dieser Termin ist in einem Januar von besonderer Bedeutung. Einer Börsenregel zufolge soll die Monatsperformance der Märkte im Januar Hinweise auf die Performance des Gesamtjahres geben. Und durch den Kursrutsch der vergangenen Woche sind die meisten Indizes gegenüber ihren Stand vom Jahresanfang ins Minus gerutscht.
Ein aufschlussreicher Chart
Bleibt es dabei, dann werden die Kommentatoren in den kommenden Tagen verstärkt entsprechende Parallelen ziehen. Lassen wir mal dahingestellt, inwieweit diese Regel überhaupt zutrifft, sondern schauen wir einmal, welche Schlussfolgerungen ein langfristiger Investor aus der jüngsten Kursentwicklung ziehen sollte.
Dazu der folgende Chart, der in mehrfacher Hinsicht aufschlussreich ist:
Im Stundenchart des DAX ist eindrucksvoll zu erkennen, dass der dynamische Kursanstieg von Mitte Januar Ende vergangener Woche genauso schnell wieder neutralisiert wurde. Damit ergibt sich eine Art Rounding, wodurch sich das positive Bild der vergangenen zwei Wochen komplett umkehrt.
Fallende Kurse und fallende Stimmung
Mit diesem Kursrutsch ist nicht nur das vorherige Hoch vom Jahresanfang bei 9.621 Punkten (grüne Linie) gebrochen worden, sondern auch das vorangegangene von Ende November bei 9.425 Punkten (rote Linie). Es ist daher kein Wunder, dass die Bullen nun sogar Schwierigkeiten haben, die breite Unterstützungszone unterhalb von 9.400 Punkten zu verteidigen (grünes Rechteck). Heute Morgen rutschte der DAX bereits mehrfach unter diesen Bereich.
Fast folgerichtig trübt sich die Stimmung der Anleger massiv ein. In unserem Tradersentiment brach der Anteil der Bullen von 60,3 % in der Vorwoche auf nur noch 43,9 % in dieser Woche regelrecht zusammen. Damit nähert sich das Sentiment den Bereichen, bei denen der DAX 2013 markante Zwischentiefs ausgebildet hat, um danach seine Rally fortzusetzen (siehe rote Ellipsen im folgenden Chart):
Quelle: www.trader-sentiment.de
Auch andere Sentimentindikatoren, die nach den Rückschlägen vom Donnerstag und Freitag erfasst wurden, zeigen ähnliche Tendenzen. Parallel dazu erhalten wir bereits Mails, die erste Spuren von Panik unter einigen Anlegern erkennen lassen. Eigentlich könnten alle zufrieden sein...
Nun lässt sich natürlich aus den Stimmungswerten nicht ablesen, ob die negativen Erwartungen der Anleger von der Angst der Bullen oder der Freude der Bären gespeist sind. Allerdings hatten wir Sie hier im Steffens Daily seit Wochen immer wieder darauf hingewiesen: Die Märkte sind überkauft, die Stimmung war teilweise im extremen positiven Bereich (siehe auch den obigen Chart), und auch die fundamentale Bewertung hielt mit den Kursanstiegen seit geraumer Zeit nicht mehr Schritt. Eine größere Konsolidierung war also überfällig.
Dies hat nun möglicherweise begonnen. Aber ist das deshalb auch ein Anlass für Panik? Sicherlich nicht. Denn wer investiert ist und von der Rally profitiert hat, kann nun seine Gewinne realisieren. Und wer bisher noch abgewartet hatte und eine Einstiegsgelegenheit suchte, kommt womöglich bald zum Zuge. Eigentlich können alle mit der jüngsten Entwicklung zufrieden sein.
Aber wie so häufig ist das genaue Gegenteil der Fall. Und das ist vielleicht auch ganz gut so. Denn wenn jeder frohgemut die Konsolidierung begrüßt und nicht wenigstens ein klein bisschen Panik aufkommt, käme es höchstwahrscheinlich zu gar keiner echten Bereinigung. Diese ist aber, wie gesagt, aus übergeordneter Perspektive durchaus wünschenswert. Wann es wirklich kritisch wird
Die spannende Frage ist jetzt natürlich, ob nach den Verlusten der Vorwoche die Konsolidierung nahtlos weitergeht oder ob die Bullen nach ihren Erfolgen der vergangenen Monate nicht doch noch einmal kräftig dagegen halten. Im letzteren Fall könnte uns eine längere und vermutlich sehr nervenaufreibende, weil hoch volatile Seitwärtsbewegung bevorstehen – bevor die Kurse letztlich doch stärker nachgeben.
Lassen Sie sich aber auch von weiter fallenden Märkten nicht die Nerven rauben. Aus langfristiger Sicht ist die Rally noch lange nicht in Gefahr. Durch den kräftigen Anstieg 2013 haben insbesondere die US-Indizes inzwischen ein recht breites „Rückzugsgebiet“.
Rund 12 Prozent Kursverlust kann sich z.B. der S&P 500 noch leisten, bevor er unter sein altes Allzeithoch von 2007 und damit in die große Seitwärtsbewegung der vergangenen 15 Jahre zurückfällt. Erst dann wäre dieser Ausbruch gescheitert und wir müssten uns mit den wirklich bearishen Szenarien konkret auseinandersetzen. Der DAX hat sogar noch mehr als 13 Prozent Luft bis zurück an sein 2007er Allzeithoch. Charttechnisch ist ein solcher Test des Ausbruchsniveaus von oben durchaus typisch.
Ihre Chancen als Langfristinvestor
Wenn Sie also langfristig anlegen, dann sollten Sie eine kommende Korrektur begrüßen und als hervorragende Einstiegsgelegenheit auf Sicht der kommenden Jahre betrachten. Im Idealfall – wenn also die Kurse tatsächlich „nach Lehrbuch“ ihr altes Ausbruchsniveau testen – kommen Sie also entsprechend günstiger an die Aktien, die Sie schon immer kaufen wollten.
Bleiben Sie also gelassen und nutzen Sie die Chancen, die sich in den kommenden Wochen oder Monaten ergeben. Noch ist nichts Entscheidendes passiert, das Ihren Optimismus dämpfen müsste.
Torsten Ewert