Die Analysten von Goldman Sachs (NYSE:GS) rechnen mit deutlich steigenden Kupferpreisen. Der Grund: Eine Verknappung des Angebots bei steigender Nachfrage. Im November hatte First Quantum Minerals (TSX:FM) die Produktion in der Mine Cobre in Panama – einer der größten Kupferminen der Welt – einstellen müssten. Anglo American (JO:AGLJ) kündigte eine reduzierte Kupferproduktion im Jahr 2024 und 2025 an. Viele Kupferminen leiden zudem unter sinkenden Erzgehalten.
Kupfer: Markt tritt in Phase "deutlicher Verknappung" ein
"Die Angebotskürzungen bekräftigen unsere Ansicht, dass der Kupfermarkt in eine Phase deutlicher Verknappung eintritt", schrieben die Analysten von Goldman Sachs unlängst. Die US-Investmentbank geht davon aus, dass die Kupferpreise im laufenden Jahr 10.000 USD pro Tonne erreichen und im kommenden Jahr noch deutlich höher auf bis zu 15.000 USD ansteigen könnten. Ausgehend vom aktuellen Preisniveau (1 t Kupfer wird an der LME derzeit zu gut 8400 USD gehandelt) entspräche dies einem Preisanstieg von mehr als 75 %.
Eine Verknappung sieht auch Wang Ruilin, Senior Copper Analyst bei S&P Global. Er verweist darauf, dass neue Kupferhütten, wie sie derzeit zum Beispiel in China und Indien in großem Stil den Betrieb aufnehmen, unter einem Mangel an Kupferkonzentrat leiden werden. In den Kupferhütten wird aus Konzentrat raffiniertes Kupfer produziert.
"Kupferhütten werden ab 2024 mit einer Versorgungsknappheit an Konzentrat konfrontiert sein, und die prognostizierten Defizite auf dem Konzentratmarkt werden sich voraussichtlich in den Jahren 2025–27 verschärfen", so Ruilin.
Steigende Nachfrage durch Energiewende und schwächeren Greenback
Auch die Analysten von BMI, (Fitch Solutions), rechnen mit steigenden Kupferpreisen vor allem in der zweiten Hälfte des Jahres. Der Grund: Steigende Nachfrage infolge der grünen Energiewende und ein Rückgang des US-Dollars. Ein sinkender Dollar infolge einer gelockerten Geldpolitik der US-Notenbank würde das in Dollar gehandelt Kupfer für Nachfrager aus dem Rest der Welt attraktiver machen. Diese makroökonomische Komponente betont auch Matty Zhao, Leiter für Grundstoffe (NYSE:XLB) im asiatisch-pazifischen Raum bei Bank of America (NYSE:BAC) Securities.
Die Citibank (NYSE:C) wiederum verweist darauf, dass sich bei der jüngsten Klimakonferenz mehr als 60 Länder auf einen Plan zur Verdreifachung der weltweiten Kapazität für erneuerbare Energien geeinigt hätten – eine Maßnahme, die laut der Bank "äußerst optimistisch für Kupfer wäre".
Im Dezember hatte die Citibank ausgerechnet, dass die ambitionierteren Ziele im Bereich erneuerbare Energie die Nachfrage nach Kupfer bis 2030 um 4,2 Millionen t erhöhen könnte. Deshalb hält auch die Citibank Preise von 15.000 USD pro t im Jahr 2025 realistisch. Dies setze aber auch eine günstige Konjunkturentwicklung voraus.
Dass der Kupfermarkt in ein Defizit läuft, wird von vielen Analysten prognostiziert. Die Gretchenfrage ist aus Sicht vieler Beobachter, wann das Angebot auf steigende Preise reagiert. Bergbaumagnat Robert Friedland äußerte im Dezember die Vermutung, dass erst bei Preisen ab 15.000 USD pro Tonne der Bau neuer Minen in großem Stil attraktiv werde.
China gestaltet Kupfermarkt neu
Es gibt allerdings auch anderslautende Stimmen – etwa von einem der größten Metallhändler Chinas. Wang Wei, Leiter des Kupferhandels bei Shanghai Wooray Metals Group, äußerte sich im November zumindest im Hinblick auf das Jahr 2024 eher zurückhaltend. Ihm zufolge wird der weltweite Kupfermarkt in diesem Jahr mit einem Überangebot konfrontiert sein, das auf die Preise drücken dürfte.
So dürften Lieferungen von Kupfererz trotz der steigenden Verarbeitungskapazitäten in chinesischen Kupferhütten zur Versorgung der Volksrepublik ausreichen. Habe es 2023 noch ein "angespanntes Gleichgewicht" auf dem chinesischen Markt für raffiniertes Kupfer gegeben, werde für 2024 ein Überschuss von 600.000 t erwartet.
Auf lange Sicht könnte allerdings eine stärkere Nachfrage aus China in Verbindung mit erschöpften Erzreserven zu einer angespannten Marktsituation führen. Wang mahnt aber, die steigenden Kupferschrottvorräte in China zu berücksichtigen. Die durch die aufstrebende Mittelschicht gekauften Elektrogeräte der letzten Jahre nähern sich dem Ende ihrer Lebensdauer.
China ist der entscheidende Akteur auf dem globalen Kupfermarkt. Von den chinesischen Investitionen in Infrastruktur und Energiewende, aber auch von der erhofften Erholung des Immobilienmarktes im Reich der Mitte hängt die Kupfernachfrage ganz wesentlich ab.
Die chinesische Kupferindustrie expandiert. Durch den Bau neuer Hütten stieg der Weltmarktanteil der chinesischen Produktion an raffiniertem Kupfer im vergangenen Jahr auf einen Rekord von rund 45 %. Dies führt zu einer Umgestaltung des Marktes. China importiert zwar weiterhin mehr Kupfer – allerdings nicht als raffiniertes Metall, sondern als Erz.
Craig Lang, Chefanalyst der CRU Group sieht in Peking strategische Ambitionen. "Wie alle Länder sieht China einen strategischen Bedarf an Kupfer – insbesondere jetzt mit der Zunahme grüner Energieanwendungen – und China möchte wie andere Länder die Selbstversorgung sicherstellen".
Steigende Nachfrage aus Indien
Auch Indien wird jedoch zu einem wichtigen Einflussfaktor für den Kupfermarkt. Die Kupferkonzentratimporte des Landes werden diesem Jahr deutlich ansteigen. Im Zeitraum von 2024 bis 2025 soll die Nachfrage nach raffiniertem Kupfer um 11 % zulegen.
In diesem Jahr wird die Kupferanlage des Milliardärs Gautam Adani mit der Produktion starten – und dafür große Mengen Konzentrate benötigen. Die anfängliche Kapazität der Anlage von Kutch Copper wird auf 500.000 t pro Jahr taxiert und soll die Metallproduktion des Landes um 80 % steigern.