Im Moment ist es etwas schwierig, Prognosen zum Markt abzugeben. Ich weiß nicht, ob es Ihnen auch so geht, aber zurzeit ist die Entwicklung an den Börsen sehr unbefriedigend. Eigentlich fehlt die Konsolidierung, die den Markt wie ein Gewitter bereinigen würde und die uns wieder Luft zum Traden gäbe. Und diese Entwicklung setzt sich nun in vielen Bereichen durch:
Der DAX bewegt sich in einer engen Range von 113 Punkten weiter seitwärts:
Normalerweise würde ich schreiben: Achten Sie nun darauf, in welche Richtung der DAX aus diesem Rechteck ausbricht. Daraus können Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit die Kursbewegung der folgenden Wochen ableiten. Vielleicht würde ich dann noch ein Hinweis auf die Häufigkeit von Fehlausbrüchen bei einer derart klaren Seitwärtsbewegung hinweisen.
Doch das können Sie dieses Mal vergessen. Angesichts der Nähe zu der psychologisch hoch relevanten 10.000er-Marke dürfen Sie zurzeit nicht in diesem kleinen Rahmen denken! Das Spiel heißt im Moment nicht „Seitwärtsbewegung“, es heißt: Was machen die Anleger mit der 10.000er Marke!
Und so leid es mir tut: Hier gelten all die bekannten und ansonsten so hoch relevanten charttechnischen Indikatoren nicht mehr. Auch die normalerweise gut zu berechnenden Wahrscheinlichkeiten sind demnach zurzeit nicht hilfreich. Im Banne der 10.000er Marke gelten einfach andere Gesetze.
Und in den USA?
Also müsste der Blick über den großen Teich wandern. Doch auch in den USA hier haben wir es seit einigen Handelstagen mit einer kleinen Seitwärtsbewegung zu tun, die sich aber aufgrund der Allzeithochs im charttechnisch luftleeren Raum aufhält. Hier fehlen also ebenfalls die Signale. Noch ist allerdings keine klare Topformation zu erkennen und schwächere Kurse werden gekauft. Das Bild bleibt damit „noch“ bullish.
Was also tun?
Und was macht man mit einem Markt, der auf der einen Seite schon ziemlich heiß gelaufen, auf der anderen Seite aber gerade in eine Seitwärtsbewegung übergegangen ist?
Man kann nichts anderes tun als abwarten – leider!
Wer jetzt noch nicht im Markt ist, wird es schwer haben. Er kann, wenn überhaupt, höchstens sehr vorsichtig mit kleinen Positionen nach und nach einsteigen – sofern die Kurse weiter klettern.
Wer bereits im Markt ist, wird sicherlich schon erste Positionen durch einen Verkauf gesichert haben und muss nun unter die anderen mentale oder tatsächliche Stopps setzen, so dass bei fallenden Kursen nach und nach die Investitionsquote zunächst verringert wird. Mit dem so aufgebauten Cash-Polster können dann neue Positionen zu hoffentlich deutlich günstigeren Kursen gekauft werden. Bei steigenden Kursen bleibt man einfach investiert und sichert an neuen Hochs weitere Positionen.
Auf fallende Kurse sollten Sie nicht setzen – immer noch nicht. Denn niemand kann Ihnen sagen, wie weit die Rally getrieben wird. Es fehlen gerade in den USA echte Schwächesignale. Und das schreibe ich seit Wochen, und bis jetzt war es auch stets korrekt. Ein einziges Mal werde ich mit dieser Aussage vielleicht falsch liegen – sofern es zu fallenden Kursen ohne klare Topformation kommt. Aber bis dahin konnten Sie auf der Short-Seite viel Geld sparen, indem Sie es einfach nichts verloren haben.
Auch sonst nicht viel los
Aber auch sonst ist nicht viel los. Gold kämpft nach wie vor zwischen der 1.260er Marke und dem Bewegungstief bei 1.187 Dollar. Im Euro-Dollar sind die Bewegungen auch eher nichtssagend, das Währungspaar befindet sich immer noch im Kampf mit der 1,35er Marke und damit der Mittellinie der großen Seitwärtsbewegung zwischen rund 1,20 und 1,50 Dollar.
Auch weltweit geht die Luft raus
Selbst in den weltweiten Indizes sind im Moment Seitwärtsbewegungen zu erkennen. Der Kospi (Korea) läuft seit bald zwei Jahren seitwärts - hier würde ein dynamischer Ausbruch allerdings wirklich die weitere Trendrichtung vorgeben! Der Hang Seng (Honkong) notiert seit September vergangenen Jahres seitwärts. Selbst der in den vergangenen Monaten so umtriebige Nikkei (Japan) geht gerade in eine kleinere Seitwärtsbewegung über.
Die Ruhe vor dem Sturm
Nun ist gerade das eine bekannte Taktik der Börse. Sie schläfert ihre Jünger ein, bis sie zu träge und müde werden, um zu reagieren. Und dann kommt auf einmal die höchst dynamische Bewegung. Das Spiel kennen wir.
So schwer es augenblicklich angesichts der überhitzen Situation, die für viele sicherlich unbefriedigend ist, auch fällt, Sie dürfen sich nicht einlullen lassen! Der Markt verzeiht keine Trägheit. Es kann sich tatsächlich um die bekannte Ruhe vor dem Sturm handeln.
Jochen Steffens