Saudi-Arabien drückt mit aller Macht die Ölpreise
Die Organisation erdölproduzierender Länder (OPEC) hat wegen der Auswirkungen des Coronavirus ihre Prognose für die weltweite Ölnachfrage gesenkt. Diese dürfte in diesem Jahr nur um 60.000 Barrel pro Tag (bpd) steigen, heißt es im aktuellen Monatsbericht der OPEC. Bisher lag die Prognose noch bei einem Plus von 980.000 bpd.
Angesichts der jüngsten Ankündigung, dass Saudi-Arabien seine Ölförderung deutlich ausweiten wolle, hätte diese Meldung die Ölpreise stützen können – hätte Saudi-Arabien nicht prompt nachgelegt.
Ölpreise werden kurzzeitig stark unter Druck gesetzt
Denn das Land will seine Ölförderung nun noch schneller und stärker ausweiten als bisher angekündigt. Statt der 12,3 Millionen Barrel pro Tag (bpd), die vorgestern noch genannt wurden (siehe auch vorgestrige Börse-Intern), sollen es nun sogar 13 Millionen sein. Das sind nach Angaben des staatlichen Unternehmens Saudi Aramco 300.000 Barrel mehr als das Land auf längere Zeit produzieren könne.
Damit verdichten sich die Anzeichen dafür, dass die Ölpreise kurzfristig unter Druck gehalten werden sollen, um die Verweigerer einer größeren Förderkürzung zum Einlenken zu bewegen. Und daraus ergibt sich für die Ölpreise der „Fahrplan“, dass sie solange auf dem aktuellen Niveau oder gar noch tiefer notieren dürften, bis sich eine neue Vereinbarung zwischen den OPEC+-Staaten abzeichnet.
Kurzfristige Prognosen zur Ölpreisentwicklung gleichen dabei einem Blick in die Glaskugel. Da geht es den Rohstoffmärkten derzeit wie den Aktienmärkten. Längerfristig gehe ich allerdings davon aus, dass die Ölpreise in ihre Range zurückkehren und wieder um 60 USD herum pendeln werden (siehe gelbes Rechteck im folgenden Chart).
Es stellt sich nur die Frage, wann dies der Fall sein wird und wie viele Opfer aus der Ölindustrie es bis dahin gibt. Die Ölpreise bleiben also neben den Auswirkungen des Coronavirus ein zusätzliches Problem für die Weltwirtschaft.
Werden Werden Schulden jetzt zu einem Problem?
Die Frage, wie viele Firmen der aktuellen Entwicklung zum Opfer fallen, kann man auch zum Coronavirus stellen: Wann wird die Krise überstanden sein und wie viele Unternehmen werden bis dahin ihren Betrieb eingestellt haben? Und wie wird es dann um die Wirtschaft und die Staatsfinanzen Italiens bestellt sein (um noch einmal auf das in der vorgestrigen Börse-Intern angesprochene Problem hinzuweisen)? Oder wie wird die Situation in China oder Großbritannien sein?
Britische Notenbank schaltet auch wieder in den Krisenmodus
Nach der US-Notenbank hat gestern jedenfalls auch die britische Notenbank außerplanmäßig, also außerhalb einer turnusmäßigen Sitzung, ihren Leitzins um 0,5 Prozentpunkte gesenkt. Damit befindet man sich dort nun ebenfalls im Krisenmodus. Zumal sich der Leitzins mit nun nur noch 0,25 % wieder auf dem Rekordtief befindet, welches nach dem Brexit-Referendum erreicht wurde. Die Coronavirus-Krise wird also aktuell als genauso schlimm für die britische Wirtschaft eingestuft wie der Brexit bzw. der eingeleitete Brexit-Prozess.
Das britische Pfund geriet in der Folge zumindest zeitweise deutlich unter Druck. Warum ich Ihnen dies erzähle, verrate ich Ihnen gleich.
Chinas Außenhandel eingebrochen
Aus China kam derweil bereits am vergangenen Samstag die Meldung, dass sich die Coronavirus-Epidemie stärker auf den Außenhandel ausgewirkt hat, als von Experten erwartet bzw. befürchtet. Die Exporte sanken im Januar und Februar zusammen um 17,2 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Analysten hatten bereits ein deftiges Minus von 14 % vorhergesagt, nach einem Anstieg von 7,9 % im Dezember. Die Einfuhren sanken dagegen „nur“ um 4 %, während hier 15 % erwartet worden waren.
Für uns ist diese Entwicklung aus mehreren Gesichtspunkten bedeutend:
Deutscher Export nach China deutlich rückläufig
Denn einerseits wirkt sich der schwache Außenhandel Chinas natürlich auf andere Länder aus. So sind die deutschen Exporte in Richtung der Volksrepublik im Januar um 6,5 % im Vergleich zum Vorjahresmonat auf 7,3 Milliarden Euro gesunken, wie das Statistikamt am Montag mitteilte. Und das drückt natürlich auf die Umsätze, die Gewinne und am Ende die Aktienkurse unserer heimischen Unternehmen.
Können nun auch Chinas Schulden zu einem Problem werden?
Zudem ist China deutlich höher verschuldet als das bereits extrem hoch verschuldete Italien. In der Börse-Intern vom 18.07.2019 war dazu Folgendes zu lesen: „Der gesamte Schuldenberg Chinas (staatlich und privat) ist inzwischen auf über 303 % der Wirtschaftsleistung angestiegen. Das entspricht mehr als 40 Billionen Dollar. 15 % der weltweiten Verbindlichkeiten gehen allein auf das Konto Chinas.“
Nun wird die Verschuldung Chinas schon seit Jahren kritisiert. (Siehe bei Interesse dazu zum Beispiel auch die Ausgaben der Börse-Intern vom 20.09.2016 „Chinas Schuldenprobleme - Warnungen werden (noch) ignoriert“ oder vom 05.04.2017 „Schulden könnten zum Auslöser der erwarteten Korrektur werden“. Negative Folgen hatten diese aber bislang noch nicht. Und in der Börse-Intern vom 06.04.2017 („So könnten die Schulden zum Auslöser der Korrektur werden“) hatte ich geschrieben, dass die Schulden erst bei steigenden Zinsen zu einem Problem werden. Da die Notenbanken aber jüngst bestrebt sind, die Leitzinsen wieder zu senken, ist dies nach wie vor nicht der Fall.
Doch wenn die Firmen aufgrund des Coronavirus nicht mehr produzieren können und die Einnahmen in den Kassen fehlen, werden Kredite nicht mehr bedient. Es droht eine Kettenreaktion. Hier muss dann wieder die Regierung einspringen, ein Prozess, der die Staatsverschuldung noch weiter nach oben treibt.
In welche Währung kann man noch investieren
Wir haben also durch die Auswirkungen des Coronavirus auf die Wirtschaft möglicherweise jetzt ein akuteres Schuldenproblem. Und daher schrieb mir ein Leser, dass die Frage aktuell nicht lauten sollte, in welchen Aktienmarkt man investiert, sondern in welche Währung. Er bezog sich damit auf meinen Tipp, einen Teil der Positionen am US-Markt in den chinesischen Markt umzuschichten. Daraus entstand eine interessante Diskussion.
Vom Regen in die Traufe
Nun habe ich bereits beschrieben, dass Italien zu einem zweiten Griechenland werden könnte, was schlecht für den Euro wäre. Und in den USA könnten durch den aktuellen Ölpreisverfall Fracking-Unternehmen in Schieflage geraten, was zu einem Problem für den Dollar werden könnte, da schließlich auch die USA hoch verschuldet sind. Zumal von der US-Notenbank derzeit weitere Zinssenkungen erwartet werden, die den US-Finanzsektor ebenso stark treffen wie die EZB-Niedrigzinspolitik die Banken hierzulande. Und angesichts des Brexits und der jüngsten Zinssenkungen der britischen Notenbank steht auch das Pfund unter Druck.
„Und da alle Wirtschaftsräume miteinander vernetzt sind, dürfte eine ausgewachsene Krise nicht nur eine Währung treffen. Mit einem Wechsel von einer zur anderen Währung kommt man somit vom Regen in die Traufe, man muss sich zwischen Pest und Cholera entscheiden“, schrieb ich dem Leser.
China ist mit Italien nicht vergleichbar
Was meinen Tipp zum chinesischen Aktienmarkt angeht, so gilt hier folgendes: China ist nicht auf (ausländische) Investoren angewiesen und die Währung kann sich nur innerhalb einer festgelegten Spanne bewegen. China ist also mit Italien nicht vergleichbar. Und daher muss man die Verschuldung in China bei weitem nicht so kritisch sehen wie die italienische oder die US-amerikanische.
Ich würde aber derzeit auch nicht so weit gehen und den Euro oder den US-Dollar dem Ende nahe sehen. Denn wie am Beispiel Chinas oben bereits beschrieben, wird die Schuldenentwicklung schon seit Jahren kritisch gesehen, ohne dass eine der großen Währungen in letzter Zeit kollabiert wäre. Insofern gilt es bei der Frage, in welche Währung man investiert, derzeit lediglich das Wechselkursrisiko zu beachten. Und für den noch unwahrscheinlichen Fall, dass eine Währung doch kollabiert, wird man dies früh genug an den Devisenmärkten erkennen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Sven Weisenhaus