Der Euro eröffnet gegenüber dem USD bei 1,0959 (05:35 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0939 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 141,92 . In der Folge notiert EUR-JPY bei 155,54. EUR-CHF oszilliert bei 0,9311.
Märkte: Risikolaune unausgeprägt
Die Finanzmärkte zeigten sich gestern im Frühhandel risikobereit. So konnte der DAX beispielsweise kurzfristig bis auf 16.962 Zähler zu legen. Im weiteren Verlauf dreht diese Risikobereitschaft (Late-DAX-Schlusskurs 16.734). Die gestern veröffentlichten Konjunkturdaten konnten keine nachhaltigen positiven Akzente setzen.
Der von JP Morgan ermittelte Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe der Weltwirtschaft sank per Dezember von 49,3 auf 49,0 Punkte und signalisiert damit etwas stärkere Kontraktion (unter 50 Punkten). Der Westen ist das Problem, allen voran die Eurozone (44,4), aber auch das UK (46,2) und die USA (47,9). Der Globale Süden reüssiert in diesem Sektor (siehe Datenpotpourri).
In der Folge sank der MSCI World Index um 0,75%. An den Rentenmärkten setzte sich die Zinsversteifung fort (Bundesanleihe aktuell 2,07%, US-Staatsanleihe 3,96%).
USA mit Janusgesicht
Positive Töne ob der zu erwartenden Konjunkturlage in den USA kamen vom IWF. Die Chefin des IWF sieht wegen fallender Inflation, sinkender Zinsen und hoher Beschäftigung gute Aussichten für die Wirtschaft der USA. Kein Widerspruch auf quantitativer Ebene, sofern sich diese Entwicklungen bei Inflation und Zinsen materialisieren.
Die Chefin des IWF versäumte es, den qualitativen Hintergrund zu beleuchten. Die Staatsverschuldung legte per Ultimo Dezember laut US-Treasury auf 34.001 Mrd. USD zu. Im 1. Quartal des neuen Fiskaljahres, das am 1. Oktober 2023 begann, summierte sich die Neuverschuldung auf 834,2 Mrd. USD. Das entspricht circa 3% des BIP in einem Quartal. Auf das Jahr hochgerechnet wäre das eine Neuverschuldung von 12% des nominalen BIP. Das ist Ausdruck einer massiven strukturellen Schwäche und relativiert das vermeintlich positive Konjunkturbild, zumal große Teile dieser Neuverschuldung nicht investiv, sondern konsumtiv geprägt sind.
Als Fazit lässt sich ziehen, dass uns die USA ein Janusgesicht zeigen, relativ starke Konjunktur im Konzert der westlichen Nationen bei gleichzeitig prekärster Struktur bezüglich der Nachhaltigkeit. Wie lange ist der Rest der Welt bereit, dieses Szenario finanziell zu flankieren?
Deutschland: Rekord bei Zahl der Beschäftigten per 2023
Trotz der Rezession ist die Zahl der Beschäftigten in Deutschland per 2023 laut Statistischem Bundesamt um 0,7% oder 333.000 auf ein Rekordniveau von durchschnittlich 45,9 Millionen Beschäftigten gestiegen. 2020 hatte die Corona-Krise den zuvor über 14 Jahre anhaltenden Anstieg der Erwerbstätigenzahl beendet und zu einem Rückgang um 361.000 geführt.
Zu den Ursachen: Im Jahr 2023 war die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte als auch eine höhere Erwerbsbeteiligung der inländischen Bevölkerung für den Anstieg verantwortlich. Beide Wachstumsimpulse überwogen die dämpfenden Effekte des demografischen Wandels auf den Arbeitsmarkt.
Kommentar: Die westlichen Arbeitsmärkte sind weiter widerstandsfähig. Der Mangel an Fachpersonal ist und bleibt ausgeprägt, so beispielsweise bei Lehrkräften, in Kindergärten, in Pflegeberufen, in der Logistik, im IT-Sektor und in der Industrie. Mit dem sukzessiven Ausscheiden der Baby-Boomer Generation werden in Fachbereichen Stresszustände zunehmen (Quantität und Qualität). Damit kommt es im Hinblick auf den Wirkungszusammenhang Rezession/Arbeitsmarkt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Anomalie.
Gleichwohl sei daran erinnert, dass die Arbeitslosenquote trotz der hohen Beschäftigungslage in Deutschland seit Mai 2022 ausgehend von 5,0% auf 5,9% zugelegt hat, dem höchster Wert seit Juni 2021. Ergo zeigt sich hier auch im Vergleich zu anderen westlichen Ländern relative Schwäche (Strukturen).
Neun von zehn der zusätzlich Beschäftigten fanden eine Beschäftigung in den Dienstleistungsbereichen. Dort kam es zu einem Anstieg um 295.000 Personen oder 0,9% auf rund 34,6 Millionen. Die größte absolute Zunahme darunter hatten die öffentlichen Dienstleister, Erziehung und Gesundheit mit einem Plus von 116.000 Erwerbstätigen oder 1,0%.
Den zweitstärksten Zuwachs meldete der Bereich Handel, Verkehr und Gastgewerbe mit 87.000 Erwerbstätigen (+0,9%). Im Produzierenden Gewerbe (ohne Bau) stieg die Erwerbstätigenzahl leicht um 25.000 oder 0,3% auf circa 8,1 Millionen. Im Baugewerbe gab es einen Anstieg um 15.000 Erwerbstätige oder 0,6% auf rund 2,6 Millionen. Im Bereich Land- und Forstwirtschaft, Fischerei waren hingegen 2000 Personen weniger erwerbstätig als 2022, was einem Rückgang um 0,4% auf 555.000 entspricht.
Entscheidend für die insgesamt positive Entwicklung war die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: Sie wuchs 2023 um 363.000 oder 0,9% auf 42,1 Millionen. Dazu trug maßgeblich die positive Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung bei.
Kommentar: So weit, so gut.
Der DIHK zeigt sich besorgt ob des erneuten Rückgangs der Zahl der Selbstständigen im Jahre 2023, weil damit Kreativität und wirtschaftliches Potenzial verloren gingen. 2023 kam es zum zwölften Rückgang in Folge (2023, Rückgang um 30.000 oder -0,8% auf 3,9 Mio., Quelle Statistisches Bundesamt).
Kommentar: Ich teile die Sorge des DIHK. Deutschlands Stärke kam und kommt insbesondere aus dem Mittelstand. Dort sind die „Hidden Champions“ zum größten Teil angesiedelt. Ihre Kreativität war und ist nochdie Grundlage für das einmalig effiziente Wirtschaftscluster, das das letzte Ass im Ärmel bezüglich des deutschen Standorts ist.
Noch hat Deutschland circa 1.600 der 3.400 "Hidden Champions" auf dieser Welt. Zumeist sind es energieintensive Unternehmen. Die Risiken für diesen Sektor durch nicht nachhaltig verankerte Energieversorgungssicherheit und nicht gegebene preisliche Konkurrenzfähigkeit zur ausländischen Konkurrenz als auch mangelnder politischer Loyalität sind ausgeprägt.
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden
Eurozone: Einkaufsmanagerindex (PMI) etwas höher als vorläufiger Wert
Losgelöst von dem leicht besseren finalen Ergebnis ist das Indexniveau für die Eurozone Ausdruck ausgeprägter Schwäche im Sektor des Verarbeitenden Gewerbes.
UK: Finaler PMI etwas niedriger
Das Verarbeitende Gewerbe schlägt sich gemäß PMI besser als das in der Eurozone. Gelichwohl ist das Indexniveau Ausdruck klarer Kontraktion.
USA: Finaler PMI niedriger, Bauausgaben inklusive Revision stark
Im Vergleich zu der Eurozone und dem UK ist die Kontraktion laut PMI im Verarbeitenden Gewerbe in den USA am unausgeprägtesten. Die Standortvorteile der USA (Energieversorgungssicherheit, Energiepreise, weniger Bürokratie, mehr Leistungsprinzip, geringere Steuerlast, größere Förderung) spielen dabei eine strukturelle Rolle. Die Bauausgaben nahmen per Berichtsmonat November im Monatsvergleich um 0,4% (Prognose 0,6%) nach zuvor 1,2% (revidiert von 0,6%) zu.
Welt: JP Morgan Welt PMI für das Verarbeitende Gewerbe schwächer
Im Dezember kam es gemäß des Global PMI von JP Morgan global zu einer Abschwächung im Verarbeitenden Gewerbe. Die Stabilität des Index geht vom Globalen Süden aus, der Westen zieht den Index nach unten (u.a. Indien 54,9, Saudi-Arabien 57,5, Russland 54,6 , China 50,8, Indonesien 52,2)
Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine positive Tendenz. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1,0540 – 1,0570 negiert das für den EUR positive Szenario.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe
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