Der Euro eröffnet gegenüber dem USD bei 1,0793 (05:20 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0763 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 149,23 . In der Folge notiert EUR-JPY bei 161,06. EUR-CHF oszilliert bei 0,9439.
Märkte: Wochenausklang stabil
An den internationalen Finanzmärkten dominierte zum Wochenausklang Stabilität. Die Revision der US-Verbraucherpreisdaten lieferte keine neuen Erkenntnisse. Das Datenpotpourri war dünn und generierte keine Markteinflüsse. Die deutschen Verbraucherpreise verzeichneten gemäß finaler Berechnung den geringsten Anstieg im Jahresvergleich seit Juni 2021. Griechenlands Industrie wächst stark im Gegensatz zu Deutschland, Österreich und Italien.
Was lernten wir noch? Die USA importierten im Jahr 2023 die größten Mengen an angereichertem Uran (701,8 Tonnen) aus Russland seitdem Daten erfasst werden (90er Jahre), Japan importiert fossile Energien aus Russland via Sachalin. Beide Länder verschaffen sich mit ihren Politiken Standortvorteile gegenüber der EU und Deutschland. Wir leben in einem energetischen Zeitalter.
Ohne Energie geht nichts. Präsident Putin wies in seinem Interview auf die Möglichkeiten hin, die noch vorhandene Infrastruktur für Energielieferungen in die EU jederzeit zu nutzen. Nachdem US-Präsident Biden zukünftige LNG-Lieferungen in Frage stellte, muss man sich bezüglich der zukünftigen Versorgungssicherheit Gedanken machen.
Bezüglich der Lage in Deutschland wird die Notwendigkeit einer Neuausrichtung hinsichtlich der Standortqualität immer dringender. Die Halbierung des Entlastungspakets (siehe unten) ist prekär. Deutsche Firmen investieren, aber nicht hier. Steuerlich bietet dieses Land nur Gründe für Abwanderung (siehe unten). Es gibt einen Lichtblick: Finanzminister Lindner kündigte ein Konzept zur Standort-Stärkung im Frühjahr an. Dieses Konzept muss umfassend sein und alle Schwachstellen mit Maßnahmen belegen (u.a. Energie, Konzept wie USA und Japan?).
Die Aktienmärkten zeigten sich wenig verändert. Der Late-DAX sank um 0,08%, der EuroStoxx 50 legte um 0,52% zu. Der S&P 500 stieg um 0,55%, der Citi US-Tech 100 um 0,96%.
Die Rentenmärkte konsolidierten auf den erhöhten Niveaus. 10-jährige Bundesanleihen rentieren mit 2,37% (Vortag 2,36%), 10-jährige US-Staatsanleihen mit 4,18% (Vortag 4,16%). Der USD bewegt sich gegenüber dem EUR, Gold und Silber in bekannten Fahrwassern.
Deutschland: Halbiert die Regierung Entlastungspaket für Wirtschaft?
Die Vermittlergruppe zum Wachstumschancengesetz hat laut Insidern eine Einigung mit der Union erzielt. Demnach soll das Entlastungsvolumen für die Wirtschaft 3,2 Mrd. EUR pro Jahr betragen. Das Volumen würde damit in etwa halbiert. Mit den Steuerentlastungen will die Ampel-Koalition die schwache Wirtschaft anschieben.
Kommentar: Diese Entwicklung ist kritisch. Es ist mittlerweile auch außerhalb der Leserschaft dieses Reports bekannt, dass Deutschland international bezüglich der Rahmendaten nicht konkurrenzfähig ist. Unsere Regierung agiert haushaltstechnisch bezüglich der Unterstützung Dritter grenzenlos, zieht aber scharfe Grenzen für den eigenen Standort, der die Einkommensbasis für staatliches Handeln schafft. Diese Politik ist prekär.
Lassen wir den Chef des IFO-Instituts zu Wort kommen: "Mit dieser Verkleinerung ist das Wachstumschancengesetz nur noch ein Tropfen auf den heißen Stein. Grundsätzlich weise die Verbesserung von Abschreibungsbedingungen zwar in die richtige Richtung, auch wenn die Konzentration auf Klima und Digitales zu eng sei. Das Volumen von 3,2 Mrd. EUR ist jedoch so klein, dass es gesamtwirtschaftlich kaum noch spürbar sein wird."
Fazit: Ich stimme Herrn Fuest vollständig zu. Die Regierung schafft durch diese Politik die Grundlagen für einen weiteren Verfall der Wettbewerbsposition Deutschlands mit den potentiellen Folgen bei Wohlstands- und Stabilitätsverlusten. Hier findet die Negation der Begriffe Verantwortung und Demut vor der Aufgabe und Verpflichtung statt.
Deutsche Firmen rechnen mit Wachstum in ihrem US-Geschäft
Deutsche Unternehmen in den USA rechnen laut Umfrage der Deutsch-Amerikanischen Handelskammern in diesem Jahr mit einem starken Anstieg ihres Geschäfts. 91% der befragten Firmen erwarten ein Wachstum des Nettoumsatzes und 75% einen Anstieg ihrer Investitionen.
Kommentar: Hier wird das Dilemma Deutschlands deutlich. Deutsche Unternehmen investieren, nur eben nicht hier vor Ort, sondern dort, wo Rahmendaten attraktiver sind, wo keine Neidkultur herrscht, wo Leistungswille unterstützt wird, wo Technologiefreundlichkeit gegeben ist und nicht die Interessen des eigenen Landes zu Gunsten Dritter geopfert werden. Bundeskanzler Scholz weilte in den USA und warb für Investitionen in Deutschland. Das ist sein Job.
Aber auf welchen Grundlagen kann dieser Standort US-Unternehmen Attraktivität gewährleisten? Bei Arbeitskosten, bei Steuerlast, bei Bürokratie, bei Infrastruktur, bei IT-Struktur, bei Energieversorgungssicherheit, bei Preisniveau der Energie? Die Realität gibt diesem Standort schallende Ohrfeigen. Nur bei Subventionen für Investitionen sind wir stark, eine dünne und vor allen Dingen keine nachhaltige Basis!
ZEW Studie - Unternehmen in Deutschland stärker mit Steuern belastet
Die Steuerbelastung ist für deutsche Unternehmen einer Studie zufolge höher als für die Konkurrenten in anderen großen Volkswirtschaften. Zu beachten ist, dass in die Modellrechnungen des ZEW nicht nur die nominalen Steuersätze eingingen, sondern es wurden auch Abschreibungsmöglichkeiten berücksichtigt.
Die effektive Steuerbelastung für profitable Betriebe habe in Deutschland 2023 im Mittel bei 28,3% gelegen, wie erste Ergebnisse der jährlichen Berechnung des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) für die EU-Kommission zeigen.
In Frankreich waren es nur 24,2%, in Italien lediglich 23,6%. Selbst Großbritannien sei trotz einer Steuererhöhung mit einer Effektivbelastung von 25,6% weiter attraktiver. In den USA liegt der Satz bei 27,5%
Baden-Württembergs Finanzminister Bayaz forderte Reformen nach dem Vorbild der Agenda 2010. Man brauche eine neue Reformagenda für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit. Wenn man einen großen Wurf hinbekommen wolle, müsse jede Partei über ihren Schatten springen.
Ein Bürgergeld, das mehr Anreize zur Aufnahme von Arbeit biete, ein Wegfall des Soli für Unternehmen verbunden mit Investitionsanreizen, und eine Reform der Schuldenbremse, um mehr Investitionsspielräume zu schaffen, wäre so etwas. Der hessische Ministerpräsident Rhein sprach sich für Reformen aus. Die Steuerbelastung sollte auf 25% gesenkt werden. Deutschland brauche eine Perspektive und eine wirtschaftspolitische Strukturreform, die auf ein höheres Wachstum und eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit setze.
Kommentar: Erkenntnisse beginnen zu greifen, spät, sehr spät (frühe Lektüre dieses Reports hilft!). Jeder Tag, der ohne massive Neuausrichtung vergeht, erhöht die Kosten und das potentielle Volumen der Maßnahmen, um die Konsequenzen des früheren (Merkel) und aktuellen Handelns zu neutralisieren.
EU-Staaten und Parlament einigen sich auf neue Schuldenregeln
Die neuen Regeln legen weniger ambitionierte Mindestziele für den Defizit- und Schuldenabbau fest als bislang galten. Sie ermöglichen es, die Schulden im Durchschnitt um 1% pro Jahr zu reduzieren, wenn sie über 90% der jeweiligen Wirtschaftsleistung (BIP) liegen. Wenn die Schulden zwischen 60% und 90% des BIP betragen, ist eine Reduzierung um durchschnittlich 0,5% pro Jahr möglich.
Länder mit einem Defizit von mehr als 3% müssen dieses in Zeiten des Wachstums auf 1,5% halbieren, um einen Puffer für schwierige Zeiten aufzubauen. Ausgaben für die Verteidigung werden bei einer Bewertung des Defizits berücksichtigt. Die neuen Regeln geben den Ländern sieben Jahre Zeit (bislang vier Jahre), um Schulden und Defizit zu senken. Die Mitgliedsländer und das Parlament müssen der Vereinbarung noch zustimmen.
Kommentar: Diese Entwicklung der Aufweichung war zu erwarten. Sie zollt der Realität Rechnung.
Sie ist aber Ausdruck einer Nivellierung der Standards. Derartige Nivellierungen sind nie Ausdruck von Stärke, sie sind Ausdruck des Gegenteils. Die Notwendigkeit des Nivellierens hängt damit zusammen, dass Europa insgesamt, aber auch Deutschland, die durch die internationale Realität gegebenen Herausforderungen (latente innere Erneuerung in Bildung, Infrastruktur, Technologie) nicht im erforderlichen Maße angenommen hatte und hat (auch „IT-Airbus“).
China: Kreditvergabe im Januar 2024 auf Rekordniveau
In China haben die Banken im Januar neue Kredite auf Rekordniveau ausgereicht und damit Impulse zur Konjunkturerholung gesetzt. Die Geldhäuser vergaben im Januar neue Darlehen im Gesamtvolumen von 4,92 Billionen Yuan (circa 634,5 Mrd. EUR). Um die Wirtschaft zu stützen, hat die Zentralbank vor kurzem den Reservesatz für Geschäftsbanken (RRR) um 0,5% gesenkt. Damit wurden circa 128 Mrd. EUR an Liquidität für das Finanzsystem freigesetzt. Die Zentralbankwill mit einer flexiblen Linie die Inlandsnachfrage ankurbeln und gleichzeitig die Preisstabilität wahren.
Kommentar: Chinas Volkswirtschaft macht auf Basis Kaufkraftparität circa 20% der Weltwirtschaft aus. Dort ist man mit Deflation konfrontiert (CPI -0,8%, PPI -2,5%). Chinas Wirtschaft soll 2024 laut IWF um 4,6% zulegen. Chinas Wirtschaftslenker und Zentralbanker haben vor diesem Hintergrund alle Möglichkeiten, fortgesetzt unterstützend zu agieren. Sie werden es unter Stabilitätsgesichtspunkten im eigenen Interesse tun.
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden
Eurozone: D: CPI auf tiefstem Stand seit 06/2021- GR: Starke Industrieproduktion!
Deutschland: Laut finaler Berechnung stiegen die Verbraucherpreise im Monatsvergleich um 0,2% und im Jahresvergleich um 2,9%. Beides entsprach sowohl den vorläufigen Werten als auch den Prognosen. Es war der geringste Anstieg im Jahresvergleich seit Juni 2021 (2,4%).
Österreich: Die Industrieproduktion sank per Dezember im Jahresvergleich um 5,6% nach zuvor -6,1% (revidiert von -4,3%).
Italien: Die Industrieproduktion Italiens verzeichnete per Dezember im Monatsvergleich einen Anstieg um 1,1% (Prognose 0,9%, Vormonat revidiert auf -1,3% von -1,5%). Im Jahresvergleich kam es zu einem Rückgang um 2,1% nach zuvor 2,9% (revidiert von -3,1%).
Griechenland: Die Industrieproduktion legte per Dezember im Jahresvergleich um 4,3% nach zuvor 3,2% (revidiert von 3,1%) zu.
Indien: Devisenreserven legen leicht zu
Die Devisenreserven stellten sich per 2. Februar auf 622,5 Mrd. USD nach zuvor 616,7 Mrd. USD.
Kanada: Arbeitslosenrate sinkt auf 5,7%
Die Arbeitslosenrate stellte sich per Berichtsmonat Januar auf 5,7% (Prognose 5,9%) nach zuvor 5,8%.
Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine positive Tendenz. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1,0540 – 1,0570 negiert das für den EUR positive Szenario.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe
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