Mehr russische LNG-Importe: EU-Gaskrise hält an – autarke Versorgung als Ausweg

Veröffentlicht am 20.02.2025, 08:58

Europa hat im vergangenen Jahr wieder mehr russisches LNG gekauft. Die geopolitischen Ziele für den Gasmarkt stehen damit ebenso auf der Kippe wie die preisliche Wettbewerbsfähigkeit: In einem ungünstigen Umfeld könnte Gas bald mehr als 80 EUR pro MWh kosten. Gasexplorationsfirmen in der EU zeigen Auswege auf.

CanCambria Energy CEO (ISIN: CA13740E1079, WKN: A3EKUB) Chris Cornelius kann sich über mangelnden Zuspruch von Investoren derzeit nicht beklagen. Die Aktie des Gasexplorationsunternehmens legte in den vergangenen sechs Monaten um rund 37 % zu.  Im Januar wurde eine Privatplatzierung erfolgreich abgeschlossen, die dem Unternehmen knapp 4,8 Mio. USD eingebracht hat. Das Geld fließt vorwiegend in die weitere Entwicklung des zu 100 % unternehmenseigenen Kiskunhalas-Projekts in Südungarn.

CanCambria Energy entwickelt Kiskunhalas-Gasprojekt in Ungarn

Kiskunhalas ist das wesentliche Asset des an der Börse mit knapp 37 Mio. EUR bewerteten Unternehmens. Im Süden Ungarns kontrolliert CanCambria ein gut 130 km² Areal, das den Kern einer aussichtsreichen tiefen Tight-Gas-Ressource abdeckt.

Das pannonische Becken, eine ausgedehnte Tiefebene im südlichen Ostmitteleuropa, liegt größtenteils in Ungarn. Viele flache Öl- und Gasfelder sind in dieser Erdölregion anzutreffen. Explorer der aktuellen Generation wie CanCambria interessieren sich aber  vor allem für die tieferen Beckenfüllungen (> 2.500 m), die bisher wenig Aufmerksamkeit erregten.

Diese Ressourcen werden in der aktuellen Situation dringend benötigt. Denn Europas Gaskrise schwelt weiter – und kann nur mit einem deutlichen Ausbau der heimischen Förderung gelöst werden. Eine Lösung muss dabei sowohl die preisliche Wettbewerbsfähigkeit als auch geopolitische Faktoren berücksichtigen, denn aktuell erfüllt der europäische Gasmarkt weder die preislichen noch die geopolitischen Anforderungen.

Erdgas in Europa zu teuer – Speicherwiederauffüllung nur mit Subventionen?

Am 10. Februar erreichte der europäische Erdgaspreis am Knotenpunkt TTF mit mehr als 58 EUR pro Megawattstunde den höchsten Stand seit April 2023. Im Vergleich zum Februar 2023 2024 hat sich der Erdgaspreis damit verdoppelt, allein in den vier Wochen vor dem 10. Februar stiegen die Preise um 30 %.

Es gibt verschiedene Gründe für die anziehenden Preise: Kälteres Wetter, schwache erneuerbare Energien und Sorgen um die Speicherstände belasten besonders. Die europäischen Speicher sind im ausgehenden Winter besorgniserregend leer. Daten von Gas Infrastructure Europe zufolge sind die Füllstände Anfang Februar auf durchschnittlich 48,48 % gesunken und liegen damit deutlich unter dem für die Jahreszeit üblichen Niveau.

Frankreich weist den Zahlen zufolge mit nur 29,85 % die niedrigste Speicherauslastung unter den EU-Mitgliedstaaten auf, wobei die Nicht-EU-Staaten Großbritannien und Ukraine mit 25,73 % bzw. 9,33 % noch niedrigere Werte berichten.

"Der jüngste Preisanstieg wurde durch unterdurchschnittliche Temperaturen, eine geringere Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien und niedrige Lagerbestände befeuert", konstatieren die ING-Rohstoffanalysten Warren Patterson und Ewa Manthey.

Im Frühjahr steht nun die die Wiederauffüllung der Speicher an. Ein womöglich teures Unterfangen. Bleibt die Gasnachfrage zur Stromerzeugung ungewöhnlich stark oder erhöhen asiatische Käufer ihre LNG-Importe, könnten die europäischen Preise noch weiter in die Höhe schnellen – potenziell bis auf 84 EUR pro Megawattstunde.

Deutschland erwägt derzeit finanzielle Anreize, um den Gaslieferanten bei der Auffüllung ihrer Speicher zu helfen.  So diskutiert die Trading Hub Europe GmbH (THE), die den deutschen Gasmarkt überwacht, Bloomberg  zufolge mit Politikern über Subventionen für den Aufbau von Gasvorräten.

Russische LNG-Exporte in die EU stiegen 2024 um 18 %

Auch die zweite wesentliche Anforderung erfüllt der Gasmarkt derzeit nicht: Bis 2027 will die EU eigentlich unabhängig von russischen Gaslieferungen sein. Doch obwohl der gesamte Gasverbrauch aufgrund des Zubaus erneuerbarer Energien und der konjunkturell bedingt schwachen Nachfrage auf ein Elfjahrestief fiel, spielt Russland für die europäische Energieversorgung weiterhin eine bedeutende Rolle.

So stiegen die Importe russischen Flüssiggases in Europa und der EU im vergangenen Jahr um 12 bzw. 18 %. Ana Maria Jaller-Makarewicz, leitende Energieanalystin für Europa beim IEEFA (Institute fo Energy Economics and Financial Analysis) erläuterte im Rahmen eines Berichts dazu: "Ein Drittel der EU-Importe von russischem Flüssigerdgas waren im Jahr 2024 Spotgeschäfte."

85 % der europäischen Flüssigerdgas-Importe aus Russland entfielen im vergangenen Jahr auf Frankreich, Spanien und Belgien.   Nach Schätzungen des IEEFA haben die EU-Länder zwischen Januar und November 2024 6,3 Mrd. EUR für russisches Flüssigerdgas ausgegeben.

Kiskunhalas könnte bedeutenden Beitrag zur Energieversorgung leisten

Die Erschließung der HPHT-Tight-Gas-Ressourcen des tiefen Pannonischen Beckens bietet Ungarn beträchtliche Chancen auf dem Weg zum Aufbau einer autarken Energieversorgung. CanCambria Energy ist davon überzeugt, dass sein Kiskunhalas-Projekt dazu in den nächsten zehn Jahren einen bedeutenden Beitrag zur Erdgasversorgung der EU und zur Energiesicherheit Ungarns leisten könnte.

Geologen bestätigen das Potenzial des Projekts aus dem Blickwinkel ihrer Disziplin. Die geologische Situation bei Kiskunhalas ähnelt dem des Tight-Gas-Liquids-Vorkommen "Granite Wash" in Osttexas und Oklahoma. Kennzeichnend ist, dass gestapelte Fächerdeltas an Verwerfungsrändern Sedimente von Bergflanken in die Beckenvordertiefe abwerfen.

Sollten sich die hohen Erwartungen der Geologen bestätigen, könnte die Entwicklung des Kiskunhalas-Projekts schnell gehen. Die Region ist durch Pipelines und weitere Infrastruktur bereits gut in die Energiemärkte eingebunden. Im zweiten Halbjahr sind bei CanCambria Energy dafür erste Probebohrungen geplant.

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