- Netflix präsentiert die Unternehmenszahlen für das 2. Quartal am Dienstag, den 19. Juli (nachbörslich)
- Umsatzerwartung: 8,03 Mrd. USD; EPS: 2,96 USD
- Das globale Videostreaming-Unternehmen hat in diesem Jahr rund 64 % seines Marktwerts eingebüßt
Es gibt wenig Grund zur Vorfreude für die Anleger, wenn der globale Video-Streaming-Riese Netflix (NASDAQ:NFLX) heute seine Quartalsergebnisse veröffentlicht. Der diesjährige Wertverlust von 64 % für die Aktionäre lässt kaum Hoffnung auf einen schnellen Turnaround für das Unternehmen aus Los Gatos zu.
Die NFLX-Aktie hat in diesem Jahr den stärksten Rückgang aller NASDAQ 100- oder S&P 500-Komponenten erlebt. Der Grund für diese traurigen Rekorde ist einfach: Das Unternehmen kann in einer immer wettbewerbsintensiveren Branche anscheinend keine neuen Abonnenten finden, und der Verlust der pandemiebedingten Dynamik macht sich schmerzhaft bemerkbar.
Im April brach Netflix an einem einzigen Tag um mehr als 35 % ein, nachdem das Unternehmen im 1. Quartal die Abwanderung von 200.000 Abonnenten bekanntgegeben hatte. Der Streaming-Riese fügte hinzu, dass es in diesem Quartal mit dem Verlust von weiteren 2 Millionen Kunden rechnet.
Dieses Debakel spielt sich nach zwei Jahren beispiellosen Wachstums ab, das in erster Linie auf Lockdowns und Arbeit im Home-Office sowie die durch COVID verursachte weltweite Schließung von Kinos zurückzuführen war. Netflix hatte im Jahr 2020 mehr als 36 Millionen und im Jahr 2021 18,2 Millionen Kunden dazugewonnen.
Doch als sich die Geschäftsdynamik änderte, stellten Investoren das Gesamtpotenzial des Streaming-Marktes in Frage - eine Zahl, die Netflix zuvor auf insgesamt 800 Millionen geschätzt hatte. Im Vergleich dazu hat das Unternehmen zum Ende des 1. Quartals weltweit rund 222 Millionen Abonnenten.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, steht Netflix kurz vor der Einführung eines preiswerteren, durch Werbung finanzierten Dienstes, der Kunden anlocken soll, die von den hohen Abo-Kosten abgeschreckt werden. Das Unternehmen will seine Nutzer auch dazu zwingen, für die gemeinsame Nutzung von Passwörtern zu bezahlen, und so zusätzliche Einnahmen von den bestehenden Kunden generieren.
Im Bann des Bärenmarktes
Laut Reuters arbeitet Netflix derzeit an einer Franchise-Strategie, um seine erfolgreichen Serien und Filmen besser zu monetarisieren, indem es die Motive und Charaktere seiner Kassenschlager auch noch in Produkten wie Videospielen und Konsumgütern auftauchen lässt. Die Franchise-Strategie ergänzt die Bemühungen des Unternehmens, eine umfangreiche Bibliothek von Originalprogrammen aufzubauen, die etwas für jeden Geschmack bietet.
Es wird jedoch einige Zeit dauern, bis sich diese Veränderungen auszahlen. Analysten an der Wall Street erwarten keine kurzfristige Trendwende für das Unternehmen, vor allem nicht, wenn das Risiko einer Rezession zunimmt und Verbraucher sich generell überlegen, wie sie ihre Ausgaben angesichts der höchsten Inflationsrate der letzten 40 Jahre einschränken können.
Der Abwärtstrend der Netflix-Aktie wird laut einer Anlegernotiz der Bank of America nochmals an Fahrt aufnehmen, wenn die weithin erwartete Rezession die Wirtschaft trifft. Nach Ansicht der Bank könnte ein solches Szenario zu weiteren Abwanderungen von Abonnenten führen oder die Preissetzungsmacht des Unternehmens einschränken.
Andere Analysten scheinen diese Ansicht zu teilen. In einer Befragung von Investing.com bewerteten von 45 Analysten 27 den Titel mit "Neutral", 6 stimmten für "Sell", nur 12 hielten NFLX für einen "Buy".
Quelle: Investing.com
In den kommenden Monaten kann Netflix nur hoffen, dass seine neue Serien wirklich gut bei den Zuschauern ankommen, um sich so von der Konkurrenz abzuheben, die hart um Marktanteile kämpft.
Es gibt aber auch einen Hoffnungsschimmer. Netflix schafft es immer wieder, Serien zu produzieren, die das Publikum fesseln. So ist "Stranger Things" derzeit mit insgesamt über 188 Millionen Sehstunden die meistgesehene englischsprachige Serie. Sie hat den Zuschauerrekord vergangener Staffeln und anderer Netflix-Serien gebrochen und rangiert in 93 Ländern in den Top 10.
Darüber hinaus hat Netflix in der zweiten Jahreshälfte, insbesondere im 4. Quartal, ein spannendes Programmangebot. Dazu gehören u.a. eine neue Staffel von "The Crown" sowie Fortsetzungen zu den Filmen "Knives Out" und "Enola Holmes." Zu diesem Zeitpunkt sollte auch der neue Dienst mit Werbung an den Start gehen.
Fazit
Der Weg zu einer Erholung ist für Netflix hart und steinig. Der Streaming-Markt ist wettbewerbsintensiver geworden, während die Wirtschaft gerade in einer schwierigen Phase steckt. Die Zahl der Kunden, die ihr Abo kündigen, ist in den letzten Monaten sprunghaft angestiegen und bleibt hoch. Das alles lässt vermuten, dass das Unternehmen bei der heutigen Bekanntgabe der Ergebnisse keine freudigen Überraschungen präsentieren wird.
Offenlegung: Der Autor besitzt Aktien von Netflix.