Der Preis für Brent Öl kletterte diese Woche auf über 70 Dollar pro Barrel, gerade rechtzeitig zum OPEC+ Treffen. Niemand war in dieser Woche wohl glücklicher über diese höheren Preise als die russische Regierung und andere OPEC+-Mitglieder, die sich eine Erhöhung der Förderquoten sichern wollen.
Ihr Wunsch ging in Erfüllung, als die OPEC+ beschloss, die bereits ausgehandelten Pläne zur Erhöhung der Produktion um 2,1 Mio. bpd in diesem Frühjahr und Sommer umzusetzen. Dies bedeutet, dass die Fördermenge im Juli um 450.000 bpd zunehmen wird.
Die neue Normalität bei der OPEC+
Die OPEC+ wird sich nun monatlich zu Telekonferenzen treffen, die sich während der Coronavirus-Pandemie als erfolgreich erwiesen haben, um die Produktionsraten an den Markt anzupassen. Während die Ölminister der OPEC einst die Politik für sechs Monate oder länger festlegten und sich weigerten, hektisch auf Preisschwankungen zu reagieren, passt die OPEC+ ihre Entscheidungen jetzt lieber regelmäßig an die Marktverhältnisse an.
Ob die neue OPEC+-Strategie für die Mitgliedsländer gut ist, muss die Öl-Händler nicht kümmern. Relevant ist, dass die Entscheidungen der OPEC+ dadurch weniger preisbestimmend sind.
Wie schon seit geraumer Zeit ist die wirkliche Macht am Markt derzeit die Nachfrage. Sollten die OPEC+ oder andere eine drastische Überproduktion verursachen, die zu übervollen Lagern führen würde (wie wir es 2015 bei der OPEC gesehen haben), würden die Preise sinken.
Stattdessen kontrolliert die OPEC+ ihre Produktion weiterhin sorgfältig mit schrittweisen Erhöhungen über mehrere Monate hin. Das eigentliche Problem für den Markt und die Preise sind derzeit jedoch nicht das Angebot oder die Produktionsraten. Das eigentliche Problem ist die Nachfrage und im Moment geht der Markt davon aus, dass die Nachfrage steigen wird, da in meisten Teilen der Welt die Corona-Beschränkungen weiter gelockert werden.
Saudi Aramcos Produktionskapazität
Bei der OPEC+-Pressekonferenz ging der saudische Ölminister Abdulaziz bin Salman die wachsende Besorgnis über aktivistische Investoren und andere ein, die Druck auf große Ölgesellschaften ausüben, um der Umwelt zu liebe Investitionen in neue Öl- und Gasressourcen zu begrenzen.
Er erklärte, dass Saudi-Arabien diese Bedenken nicht teile und derzeit daran arbeite, seine Produktionskapazität von 12 Millionen bpd auf 13 Millionen bpd zu erweitern. Auf Nachfrage sagte er: "Seien Sie nicht überrascht, wenn wir mit weiteren Ankündigungen zurückkommen", und deutete kryptisch an, dass Aramco (SE:2222) erwägen könnte, seine Produktionskapazität auf über 13 Millionen bpd zu erhöhen. Er weigerte sich jedoch, weitere Details zu nennen, was die Spekulationen anheizte.
Aramco hat seit Jahren die Möglichkeit, 12 Millionen bpd zu produzieren, eine Kapazität, die dem Unternehmen gesetzlich vorgeschrieben ist. Gemäß dem saudischen Kohlenwasserstoffgesetz muss Aramco in der Lage sein, seine maximale nachhaltige Kapazität (maximum sustained capacity, MSC) innerhalb von drei Monaten nach Auftragserteilung der Regierung zu erreichen und dieses Produktionsniveau ein Jahr lang zu halten.
Im April 2020 ordnete die Regierung plötzlich an, dass Aramco seine Produktion auf die Kapazitätsgrenze von 12 Millionen bpd erhöht. Daraus ergab sich ein strategisches Problem, denn dies bedeutete, dass Saudi-Arabien bei Störungen (etwa bei möglichen Raketen- oder Drohnenangriffen aus dem Iran oder Jemen) keine freien Kapazitäten mehr hatte.
Als die saudische Regierung dieses Problem erkannte, gab sie Aramco den Auftrag, die notwendigen Investitionen zu tätigen, um 13 Millionen bpd MSC zu erreichen. Aramco hat genau das getan, aber soweit bekannt, hat Aramco noch nie mehr als 12,1 Millionen bpd an Öl gefördert.
Tatsächlich gibt es für Aramco keinen guten Grund seinen Kapazität über 13 Millionen bpd zu erhöhen, was zudem schwierig, zeitaufwändig und teuer wäre.
Für Händler ausschlaggebend ist, dass selbst wenn Aramco seine Kapazität über 13 Millionen bpd ausbauen sollte, es keinen Hinweis darauf gibt, dass Aramco jemals über 13 Millionen bpd produzieren würde. Das Gerede davon, dass Aramco seine Produktionskapazität auf über die 13 Millionen-Marke erhöht, ist derzeit keine wertvolle Information für den Markt.
Irans Ölexporte
Die OPEC+ hat beschlossen, sich nicht mit der möglichen Rückkehr von iranischem Öl auf den Markt zu befassen, da die Atomgespräche zwischen den USA und dem Iran verlängert wurden. Es wird nun davon ausgegangen, dass iranisches Öl frühestens August legal auf dem Weltmarkt verkauft werden kann. Es ist jedoch wahrscheinlicher, dass dies irgendwann gegen Ende des 3. Quartals geschieht.
Abhängig vom Fortgang der Verhandlungen wird die OPEC+ dem Markt wahrscheinlich auf ihren Treffen im Juli oder August eine Orientierungshilfe geben müssen, wie sie die iranische Produktion wieder in den Markt integrieren will.