Aktien rund um den Globus sind seit März auf einem Höhenflug. Nennen wir es eine liquiditätsgetriebene, von Momentum angeheizte Rallye, die Unternehmen mit den schnellsten Gewinnwachstumsraten zu einigen der höchsten Bewertungen seit Jahrzehnten geführt hat. Selbst beim S&P 500 ist das KGV ausgehend von Gewinnschätzungen für 2021 auf weit über 20 gestiegen.
Schuld daran sind die extrem niedrigen Zinsen, die die aggressive Geldpolitik angesichts der Coronavirus-Pandemie mit sich bringt. Das hat dazu geführt, dass die Anleger nach neuen Wegen zur Bewertung von Aktien sowie des Gesamtmarktes suchen. Aber nur weil diese kreativen Kennzahlen dazu beigetragen haben, den Markt nach oben zu treiben, ändert dies nichts an der Realität der Situation, dass Aktien historisch überbewertet sind.
S&P 500 vs US-BIP
Bedenken Sie, dass der S&P 500 inzwischen zu weit über 150% des gesamten BIP der US-Wirtschaft gehandelt wird. Es ist das höchste Niveau aller Zeiten. Und ja, während sich das BIP der US-Wirtschaft in den nächsten Jahren stark erholen sollte und über den Höchstständen von 2019 von fast 20 Billionen US-Dollar liegen wird, dürfte es einige Zeit dauern, bis es auf über 30 Billionen US-Dollar steigt. Und soviel ist der gesamte S&P 500 heute wert.
Kreative Bewertungen
Man könnte natürlich auch argumentieren, dass der S&P 500 in diesem Niedrigzinsumfeld mehr als doppelt so viel wert sein sollte wie der aktuelle Stand von 3.700. Nehmen wir zum Beispiel die Dividendenrendite des S&P von etwa 1,5 %, die 60 Basispunkte höher liegt als die 10-jährige Rendite der Staatsanleihen.
In der Vergangenheit lag die Dividendenrendite des S&P 500 unter der Verzinsung der 10-Jahresanleihe. Nach dieser Logik müsste der S&P 500 sehr stark steigen, um seine Dividendenrendite bei oder unter 90 Basispunkten zu erreichen. In den letzten zwölf Monaten warf der S&P 500 eine Cash-Dividende von rund 58,85 USD ab, was bedeuten würde, dass der S&P 500 auf rund 6.500 steigen müsste.
Zwei Seiten der Medaille
Unter Anwendung einer Gewinnrenditemethode für den S&P 500 würde man feststellen, dass der Index bei einer Gewinnschätzung von ca. 165 USD pro Aktie für den S&P 500 im Jahr 2021 bei 4,5% notiert. Damit ist der S&P 500 etwa mit dem 22,5-fachen der Gewinnschätzungen für 2021 bewertet. Wenn wir diese Gewinnrendite mit dem 10-jährigen Treasury-Satz vergleichen, ergibt sich ein Spread von etwa 3,6 %. Dieser Spread entspricht genau dem Stand des S&P 500 im Januar vor der Coronavirus-Pandemie.
Doch obwohl der S&P 500 im Vergleich zur 10-jährigen Treasury-Rendite auf Basis der Gewinnrendite mit der gleichen Bewertung gehandelt wird, ist er gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) ironischerweise viel teurer als im Januar, als er nur mit dem 19-fachen der einjährigen Gewinnschätzungen gehandelt wurde.
Das Gegenteil von 1999
Das schafft ein sehr interessantes und komplexes Problem. Wenn das Gewinnmultiple von 22 auf Basis künftiger Gewinne sehr teuer ist, macht dies die zinsbereinigte Ertragsrendite korrekt oder nachhaltig? Hat der Markt einen neuen Weg gefunden, um den S&P 500 und Aktien im Allgemeinen zu bewerten, um seinen unglaublichen Anstieg zu rechtfertigen?
Wenn man es noch einmal anders betrachtet: Die Gewinnrendite des S&P 500 war nur in einem anderen Zeitraum seit 1985 gleich oder niedriger als heute. Natürlich war dies die Phase von 1999 und 2000.
Ironisch oder nicht, war dies eine weitere Zeit, in der die Anleger versuchten, die extremen Überbewertungen am Aktienmarkt zu verstehen. Natürlich waren die Zinsen in diesem Zeitraum höher. Dennoch boomte die Wirtschaft und lieferte kolossale Wachstumsraten, was wiederum die hohen KGVs rechtfertigte, die die Umkehrung der Ertragsrendite darstellen.
Man kann es einen Zufall nennen, wenn man möchte. Aber die Ähnlichkeiten sind geradezu beängstigend. Die gleichen superhohen Bewertungen und ein Narrativ, das genau das Gegenteil ist. Die Umkehrung desselben Bewertungsmaßstabs - eine Welt ohne Wachstum und mit niedrigen Zinsen heute im Vergleich zu einer Welt mit hohem Wachstum und hohen Zinsen im Jahr 1999.
Ob es sich um ein hohes KGV oder eine niedrige Gewinnrendite handelt, spielt möglicherweise keine Rolle, da es dasselbe ist, nur anders ausgedrückt.