Einhellig dringen der Deutsche Derivate Verband (DDV), die Börse Stuttgart und die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) darauf, Optionsscheine steuerlich nicht den Termingeschäften zuzuordnen. Hierzu haben die Anlegerschützer, die Börse und der Branchenverband heute ein Gutachten von Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen von der Ludwig-Maximilians-Universität München vorgelegt. Ein Ergebnis: Aufgrund ihrer Erfüllungsweise – „Zug-um-Zug“ – unterscheiden sich diese Papiere von Termingeschäften, die zu einem späteren, festen Zeitpunkt erfüllt werden. Das Gutachten führt zudem pragmatische Gründe auf, warum die lange eingeübte Differenzierung zwischen Termin- und Kassageschäften, wie sie im Wertpapier- bzw. Zivilrecht und im Bankrecht verwendet wird, auch auf das Steuerrecht angewendet werden sollte. Damit würden diese Papiere nicht unter die begrenzte Verlustverrechnung fallen, die seit Jahresbeginn auf Termingeschäfte anwendbar ist.
„Wir wollen verhindern, dass hunderttausende von Anlegern wegen einer – aus unserer Sicht unsachgemäßen – steuerlichen Neudefinition der Termingeschäfte zur Kasse gebeten werden“, sagt Dr. Henning Bergmann, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des DDV. Denn es würde nicht nur mehr Aufwand bei der Steuererklärung bedeuten, sondern je nach Anlagestrategie auch erhebliche finanzielle Einbußen mit sich bringen, wenn man Optionsscheine steuerlich den Termingeschäften zuordnen würde. „Die begrenzte steuerliche Verlustverrechnung von Termingeschäften stellt eine Unwucht im Steuersystem dar, die wieder geradegerückt werden muss. Auf keinen Fall darf sie ausgeweitet werden“, so Bergmann.
„Die Politik sollte aktive Anleger bei ihrem Vermögensaufbau unterstützen und ihnen nicht weitere Hürden in den Weg legen. Eine Zuordnung von Hebelprodukten zu den Termingeschäften wäre kontraproduktiv – für die Depotabsicherung von Privatanlegern, aber auch für die gesamte Anlagekultur“, sagt Dr. Michael Völter, Vorsitzender des Vorstands der Vereinigung Baden- Württembergische Wertpapierbörse. e.V.
Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der DSW: „Das Gutachten macht nochmals überdeutlich, wie weit die steuerliche Neuregelung der Verlustverrechnung von der Realität der Privatanleger entfernt ist. Aus unserer Sicht ist das ein Anti-Anleger-Gesetz. Wir werden weiterhin alles daransetzen, das nicht nur unseres Erachtens verfassungswidrige Gesetz zu kippen.“
Betroffen dürften von einer solchen Regelung mehrere hunderttausend Anleger sein. Die WHU – Otto Beisheim School of Management hat im vergangenen Jahr eine wissenschaftliche Studie vorgelegt. Darin beziffert sie die Zahl der Anleger, die Hebelprodukte im Depot haben, für Ende 2015 auf 400.000. Im Zeitraum zwischen 2000 und 2015 dürfte die Zahl bei rund 750.000 gelegen haben. Dabei hat die Studie herausgefunden, dass mehr als zwei Drittel der Anleger hohe Verluste vermeiden und Hebelprodukte wie Optionsscheine entweder als Absicherungsinstrumente nutzen oder die Produkte eher als längerfristige Anlage einsetzen. Sie profitieren vom Hebel der Produkte und sichern sich gegen das finanzielle Risiko ab. Das jährliche Umsatzvolumen von Hebelprodukten im börslichen Handel in Deutschland liegt im mittleren zweistelligen Milliardenbereich.
Quelle: Pressemitteilung DDV