Im Erzgebirge wird verstärkt nach Rohstoffen gesucht. In den kommenden Jahren könnte der Bergbau in der Region erheblich an Bedeutung gewinnen. Die Landespolitik will diese Entwicklung auch durch Partnerschaften mit afrikanischen Ländern unterstützen.
In Sachsen untersuchen Geologen aktuell mehr 20 Erkundungsvorhaben. Gesucht wird vor allem nach Zinn, Lithium und Kupfer. Dies teilte Oberberghauptmann Bernhard Cramer in der vergangenen Woche der dpa mit.
Das Erzgebirge verdankt seinen Namen den hohen Erzgehalten im Gestein. Obwohl in der Region bereits seit mehr als acht Jahrhunderten Bergbau betrieben wird, sind die Vorkommen noch immer nicht erschöpft. Zu den hohen Rohstoffpreisen der Gegenwart und Zukunft jedenfalls lassen sich die Vorkommen wirtschaftlich ausbeuten.
In Rittersgrün soll 2026 die erste Tonne Zinn gefördert werden
Bei fünf Projekten gibt es bereits so weitreichende Fortschritte, dass die Betreiber das Recht zur Planung und zum Betrieb eines Bergwerks besitzen. Es handelt sich um die Projekte in Rittersgrün, Zinnwald, Pöhla, Bergsegen sowie Schleife in der Lausitz.
In Rittersgrün unweit der Grenze zu Tschechien soll bereits 2026 die erste Tonne Zinn gefördert werden. Dies sagte Thomas Bünger, Chef des Freiberger Betreiberunternehmens Saxore kürzlich gegenüber dem Magazin "Focus".
Die Existenz des Vorkommens ist keine Neuheit. Mehrere hundert Meter unter der Oberfläche lagert Zinn in größeren Mengen. Erstmals wurde es durch Geologen nach dem Zweiten Weltkrieg entdeckt, als die Sowjetunion nach Uran für ihr Atomprogramm suchen ließ. In der späten DDR gab es Pläne zur Erschließung des Vorkommens, denen allerdings die Wiedervereinigung zuvorkam.
Die Deutsche Lithium GmbH sucht in Zinnwald im Osterzgebirge nach Lithium. Derzeit läuft eine große Bohrkampagne zur detaillierten Erkundung der Lagerstätte. Die Bohrungen sollen im August abgeschlossen sein. Läuft alles nach Plan, soll ab Ende 2026 bereits Lithium gefördert und standortnah weiterverarbeitet werden. Eine jährliche Produktion von bis zu 12.000 t Lithiumhydroxid steht im Raum.
Neben Zinn, Lithium und Kupfer gibt es im Erzgebirge eine Reihe weiterer Metalle, die häufig als Nebenprodukte der drei anderen Rohstoffe gefördert werden. Dazu gehören etwa Indium, Silber, Zink, Mangan, Wismut und Wolfram.
EU Critical Raw Materials Act will heimischen Bergbau fördern
Viele dieser Metalle werden durch den EU Critical Raw Materials Act als kritisch oder strategisch eingestuft. Diese Rohstoffe gelten als besonders wichtig für Zukunftstechnologien und zugleich knapp. Zinn wird nicht als kritischer Rohstoff eingestuft, gilt aber als künftig knapp und zudem anfällig für erhebliche Preissprünge.
Aus europäischer Sicht besteht eine sehr starke Importabhängigkeit. Diese will die EU mit dem Critical Raw Materials Act verringern. Das Gesetz sieht deshalb auch den Ausbau der Bergbauförderung in Europa vor. Langfristig sollen 10 % der Rohstoffe in der EU abgebaut und 40 % dort verarbeitet werden.
Dafür müssen die bestehenden Vorkommen erschlossen werden. Rohstofflagerstätten gibt es in Europa und auch in Deutschland durchaus. Sören Henning von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) betont jedoch, dass es hierzulande seit Beginn der Neunzigerjahre keinen Abbau von metallischen Rohstoffen mehr gebe. Er verweist auf Vorhaben zur Lithiumgewinnung im Oberrheingraben und Kupferprojekte in einem frühen Stadium in Brandenburg, Hessen und Thüringen. Außerdem gebe es in Deutschland reiche Vorkommen an Fluss- und Schwerspat.
Dem Erzgebirge kommt Henning zufolge eine besondere Rolle zu. Erstens gebe es nach wie vor viele werthaltige Erze. Zweitens gebe es aufgrund der langen Bergbautradition eine aufgeschlossene Bevölkerung und auch das notwendige Know-how. Die Landespolitik hat längst reagiert und im vergangenen Jahr ihre Rohstoffstrategie aktualisiert. Motto: "Sachsen ist Bergbauland und soll es auch zukünftig sein."
Wirtschaftsminister reist nach Mosambik und Namibia
Das Bundesland will zudem Wirtschaftsbeziehungen zu anderen Bergbauländern stärken. Am Montag trat Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) deshalb mit einer 20-köpfigen Delegation eine sechstägige Reise nach Mosambik und Namibia an. Auf dem Plan stehen Projektbesichtigungen, Besuche wissenschaftlicher Einrichtungen und politische Termine in den Hauptstädten Maputo und Windhoek sowie in der namibischen Region Kunene.
Im Rahmen der Reise sollen bereits konkrete Projekte in Sachsen mit lokalen Partnern vor Ort erörtert werden. "Die Republik Mosambik und der Freistaat Sachsen verfügen als Bergbau- und Rohstoffstandorte jeweils über einen bedeutenden Informations- und Erfahrungsschatz und sind darüber hinaus reich an mineralischen Rohstoffen", kommentierte Dulig.
Geplant ist etwa ein Austausch zu strategischen Ansätzen in der Rohstoffgewinnung und Rohstoffverarbeitung, zu Planungs- und Genehmigungsverfahren und weiteren Themen. Sachsen will Mosambik mit Erfahrungen im Sanierungsbergbau zur Seite stehen. In Namibia stehen auch weitere Themen wie Wasserstoff und erneuerbare Energien auf dem Plan.