Die Finanzmärkte befinden sich im Umbruch. Politische Risiken, die Zinsen laufen in den USA und der Eurozone auseinander, das globale Handelsgeflecht droht zu kippen und nach knapp zehn Jahren Aufschwung stellt man sich die Frage nach der nächsten Rezession. Bei Pimco blickt man ausführlich auf das große Bild. Wir waren vor wenigen Wochen vor Ort beim Pimco-Forum und wollen ihnen auch den verschriftlichen Teil der Gedanken nicht vorenthalten. In unserem zweiten Teil Rezession – ferne Zukunft oder verdrängte Realität? beschäftigen sich die Experten mit einer möglichen Rezession. Anlegern empfehlen wir den EuroStoxx Capped-Bonus - HW98Y2, DAX Capped-Bonus - DD8BTG und DAX Discounter - VN8DS2.
Eine verhaltenere, aber längere Rezession mit größeren Risiken
Eine von den Experten vor dem Forum durchgeführte Umfrage unter Sell-side-Ökonomen und -Strategen legt nahe, dass mittlerweile Konsens darüber herrscht, dass die USA in den nächsten drei bis fünf Jahren in eine Rezession rutschen werden. Angesichts der Risiko-Spreads und der Volatilität scheinen die Märkte dieses Risiko allerdings nicht einzupreisen. Eine interessantere Frage, die während des Forums diskutierte wurde, ist daher, wie stark und wie lang die nächste Rezession sein und welche politischen Antworten sie nach sich ziehen könnte. All dies ist zwar hochgradig spekulativ, erwartet wird jedoch tendenziell eher eine verhaltenere und längere Rezession – man könnte sagen in Form eines Wok oder einer Untertasse – als eine stärkere, aber kürzere Rezession in V-Form:
- Verhaltener deswegen, weil es in der US-Wirtschaft bisher weder bei den Unternehmen noch bei den Privathaushalten Anzeichen für Überinvestitionen oder Über- konsum gibt und der globale Finanzsektor stabiler als in den vergangenen Zyklen scheint. Das Hauptrisiko im Hinblick auf diese Einschätzung ist das erhöhte Verschuldungsniveau von Unternehmen außerhalb des Finanzsektors, das das Risiko eines bedeutenden Ausfallzyklus selbst bei einer ursprünglich verhaltenen Rezession erhöht.
- Länger deswegen, weil die relativ niedrigen Zinsen, die aufgeblähten Bilanzen der Zentralbanken und das (in den USA) gestiegene Haushaltsdefizit den Spielraum für Abwehrmaßnahmen gegen eine globale Rezession einschränken. Darüber hinaus könnte eine Rezession angesichts des verbreiteten Trends hin zu Wirtschaftsnationalismus und -protektionismus eine Deglobalisierung des Handels und Währungskriege antreiben, was den Handlungsspielraum weiter einschränken würde.
- Die nächste Rezession könnte sich im Vergleich zu normalen Nachkriegsrezessionen zudem aus verschiedenen Gründen als riskanter erweisen: Die Inflationserwartun- gen sind zu Beginn fast überall sehr niedrig, die strukturelle Schwäche der Eurozone könnte zutage treten, und eine Rezession würde das Risiko einer Erstarkung populistischer Tendenzen, die auf die Umverteilung von Reichtum und Enteignung abzielen, erhöhen.
Ein künftig schwieriges Umfeld
Die Entwicklung des Konjunkturzyklus in den kommenden Jahren – kommt es zu einer Überhitzung oder zu einer Rezession oder nicht, wie wird die Rezession ausfallen und wo wird sie auftreten – ist zwar wichtig, jedoch sind die Experten zu dem Schluss gekommen, dass es umfassendere Probleme mit weitreichenden Auswirkungen zu berücksichtigen gilt.
Die Weltwirtschaft ist seit der Finanzkrise geprägt von finanzieller Repression (durch Regulierung und außergewöhnlichen Maßnahmen der Zentralbanken), allgemein passiver oder restriktiver Fiskalpolitik, schwachem Produktivitäts- und Reallohnwachstum dürften daher eher für den extrem langfristigen Ausblick als für die nächsten drei bis fünf Jahre von Bedeutung sein. Schließlich befinden wir uns anscheinend nach wie vor in einer frühen Phase der Verbreitung von Künstlicher Intelligenz und Maschinellem Lernen in der allgemeinen Wirtschaft. Um die Produktivität langfristig positiver einschätzen zu können, müssten in den nächsten Jahren erstens die Investitionsausgaben deutlich steigen.
Zweitens würden weltweite Steuersenkungen beziehungsweise öffentliches Entsparen in einem Umfang, der geeignet ist, den globalen Überschuss der gewünschten Spar- gegenüber der gewünschten Investitionstätigkeit im Privatsektor teilweise oder vollständig auszugleichen, den Status quo einer geringen Inflation und niedriger Zinsen infrage stellen. Bisher sind die USA die einzige große Volkswirtschaft, die bedeutende steuerliche Anreize umgesetzt hat, die in den kommenden Jahren ihre Wirkung entfalten werden. Dies wird zwar nicht ausreichen, um die weltweite Sparwut abzufedern, es besteht jedoch die Möglichkeit, dass vor den US-Präsidentschaftswahlen im Jahr 2020 eine noch expansivere Politik umgesetzt wird, der sich andere Länder möglicherweise anschließen.
Drittens – und damit verbunden – besteht langfristig ein erhebliches Risiko einer populistischen Gegenreaktion, insbesondere wenn und sobald die nächste Rezession eintritt. Im Rahmen einer solchen Entwicklung wären verschiedene Folgen denkbar: unter anderem eine Umverteilung von Einkommen und Reichtum von den Gewinnern zu den Verlierern der Globalisierung und der Digitalisierung, ein aggressiverer Protektionismus, die Verstaatlichung von zentralen Unternehmen oder gar Industrien oder Angriffe auf die Unabhängigkeit der Zentralbanken.
Denken Sie an Vermögensteuern, progressivere Einkommensteuern und ein bedingungsloses Grundeinkommen, das möglicherweise mit der Notenpresse finanziert wird. Wenn der Linkspopulismus in den USA, in Großbritannien oder Europa Fuß fassen sollte, dürften ein schwächeres Wachstum und eine höhere Inflation die Folge sein. Dabei ist jedoch anzumerken, dass es für die Wirtschaft potenziell (wenn auch nicht sehr wahrscheinlich) von Vorteil wäre, wenn vernünftige Umverteilungsmaßnahmen die Realeinkommen stützen und den von der Digitalisierung und der Globalisierung abgehängten Bevölkerungsschichten Ausbildungsmöglichkeiten und Jobs bieten würden.
Quelle: Pimco, eigene Recherche