Der Ölpreis verzeichnete in den vergangenen Wochen relativ geringe Schwankungen. Seit Anfang des Jahres pendelt der weltweit wichtigste Energieträger in einer engen Handelspanne umher. Müsste sich der Ölpreis durch die anhaltenden Spannungen in der Ukraine nicht deutlich verteuern? Eigentlich ja, wären da nicht die schwachen Wirtschaftsdaten aus China. Die sinkende Nachfrage des aufstrebenden Schwellenlandes lastet auf der Notierung.
Spannungen in Osteuropa stützen den Ölpreis
Am heutigen Donnerstag hat der Ölpreis leicht zugelegt. Aktuell kostet ein Barrel (159 Liter) der Nordsee-Sorte Brent 109,80 US-Dollar. Die in Amerika beliebte Öl-Sorte WTI notiert bei 102,10 Dollar je Barrel. Der aktuelle Preis entspricht in etwa dem Preis zum Jahreswechsel.
In der folgenden Abbildung ist die Entwicklung des Rohöls seit August 2013 dargestellt (Brent Crude Oil in US-Dollar je Barrel):
Gestützt wir die Öl-Notierung weiterhin von der Sorge um eine Eskalation in der Ukraine. Entspannung ist hier nicht in Sicht, bislang verschärft sich der Konflikt eher. US-Außenminister Kerry drohte Russland nun mit einer weiteren Isolierung auf der internationalen Bühne. Neben verschärften Sanktionen entschied sich die US-Regierung zudem für die Entsendung von Bodentruppen in osteuropäische Länder. Da Russland zu den weltweit größten Öl-Produzenten zählt, lässt der Konflikt generell die Risikoaufschläge des schwarzen Schmierstoffs steigen.
Schwache Nachfrage aus China belastet
Dagegen wirken die neuen Wirtschaftsdaten aus China gegenteilig. Das Wachstum des asiatischen Reichs gerät immer mehr ins Stocken. Als Frühindikator kann hier der chinesische Einkaufsmanagerindex herangezogen werden: Der von der Investmentbank HSBC berechnete Index für die chinesische Industrie lag im April mit 48,3 Punkten erneut unter der wichtigen Marke von 50 Punkten. Werte unter der Hürde von 50 Punkten signalisieren eine zunehmende Schwäche der wirtschaftlichen Aktivitäten.
Dass die Wirtschaft im Reich der Mitte nicht mehr so stark wie in den vergangenen Jahren ist, lässt sich auch an den chinesischen Lagerbeständen des Rohöls ablesen. Denn diese sind jüngst auf den höchsten Stand seit 2010 angestiegen. Der in den letzten Jahrzehnten enorme Hunger nach Energie ist in China zuletzt zweifelsfrei gesunken.
Ölpreis in Seitwärtsrange gefangen
In den nächsten Wochen muss sich zeigen, ob die schwachen Wirtschaftsdaten aus China nur kurzfristiger Natur waren oder ob sich tatsächlich eine länger andauernde Abkühlung der dortigen Konjunktur abzeichnet. Die Richtung des Ölpreises ist hiervon maßgeblich abhängig. Bestätigen sich die Wachstumsrisiken der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft, so ist ein Anstieg des Ölpreises extrem unwahrscheinlich. Zunächst spricht vieles für die Fortsetzung der Seitwärtsbewegung innerhalb der Grenzen von 104,00 und 112,00 Dollar.
Freundliche Grüße aus Köln
Bernd Raschkowski