Das Geschehen am Ölmarkt war in der letzten Woche außergewöhnlich dramatisch und ereignisreich. Eine Kombination von Fundamentaldaten und Fehlinformationen hat zu einer erhöhten Volatilität und einem Zusammenbruch der Ölpreise geführt.
Die aktuelle Markterzählung täuscht jedoch. Nachfolgend sind die wirklichen, entscheidenden Probleme für Händler aufgeführt. Was ist also passiert und was steckt hinter der derzeitigen Instabilität des Marktes:
Was wirklich geschah:
Während des größten Teils des letzten Jahres war der Markt von der Aussicht auf eine Verlangsamung der Weltwirtschaft und der Angst vor einem nachlassenden Nachfragewachstum besessen. Das Auftreten von Coronaviren hat diese Bedenken nur noch weiter verschärft und einen Rückgang der Ölnachfrage in 2020 zu einer realen Möglichkeit.
Es war berichtet dass China - das Epizentrum der Pandemie und bislang am stärksten vom Coronavirus betroffen - seine Ölkäufe von westafrikanischen Lieferanten und aus Saudi-Arabien reduziert hat. Die Aussicht auf eine geringere Nachfrage, insbesondere aus China, schürte die Sorgen am Markt und die Ölpreise begann zu fallen.
Auf ihrer Sitzung in der vergangenen Woche reagierte die OPEC damit, dass sie Produktionssenkungen für eine ausreichende Verringerung des Angebots vorschlug, um eine geringere Nachfrage auszugleichen und den Markt zu stabilisieren. Die russische Unterstützung für eine Produktionssenkung war notwendig, da die OPEC im Rahmen der OPEC+ mit Nicht-OPEC-Mitgliedern zusammenarbeitete.
Da Russland, Chinas zweitgrößter Öllieferant, keinen Rückgang seiner Verkäufe nach China verzeichnet hatte, glaubte die europäische Nation nicht, dass es einen Grund gibt, die eigene Produktion zu drosseln, um die Wünsche der OPEC zu erfüllen. Als Russland am Freitag den OPEC-Plan vorgelegt bekam, legte es im Eigeninteresse ein Veto gegen die Produktionsquoten ein und schien damit die OPEC+ zu spalten.
Am Wochenende kamen Meldungen herein, dass Saudi-Arabien Öl sowohl zu deutlich ermäßigten Preisen an Kunden - hauptsächlich aus Asien - als auch in erheblich höherer Menge, 12,3 Millionen Fass am Tag, auf den Markt werfen wird. Diese Aktionen haben den Markt belastet und den Anschein erweckt, als zettele Saudi-Arabien einen Preiskrieg mit Russland an.
In Wirklichkeit bedeutet ein Preiskampf, dass Angriffe aus beiden Richtungen kommen: Die nächste Salve müsste aus Russland kommen, dann aus Saudi-Arabien, dann aus Russland usw. Das ist noch nicht geschehen. Der Markt war so besorgt über einen möglichen Preiskampf, dass bei Eröffnung der internationalen Börsen zu Beginn der Woche die Ölpreise um über 30% einbrachen.
Russland reagierte auf den saudischen Schritt mit seinen Worten, es werde seine Produktion erhöhen (aber nicht unbedingt die Preise senken) und dass es notfalls bereit sei, seinen 150 Mrd Dollar schweren Staatsfonds zur Unterstützung der Wirtschaft und zur Deckung von Haushaltsdefiziten zu werden. Am Dienstag kündigte Saudi-Arabien seinerseits an, es sei bereit bis zu 12 Millionen bpd zu liefern.
Das war eine große Sache. Diese Zahl bedeutete, dass Saudi-Arabien seine Kapazitätsreserven aufbrauchen würde.
Am Mittwoch hat das Königreich jedoch klargestellt, dass es seine staatlich vorgeschriebene Kapazität auf 13 Mio bpd erhöhen wird, was sofort die Alarmglocken schlagen ließ, da es ein Missverständnis darüber gab, was Saudi-Arabien mit der Erhöhung seiner Kapazität meinte. Der Markt schien zu glauben, dass dies eine noch höhere Ölförderung bedeuten könnte.
Das stimmte zwar nicht, aber für Händler ist entscheidend, was der Markt denkt. Und im Moment hat der Markt Angst vor einem Preiskampf.
Erklärungsmuster heizt Instabilität an
Bisher bestätigen die Ereignisse nicht, dass Saudi-Arabien und Russland einen Preiskrieg begonnen haben, aber wir werden irgendwann sehen, ob Russland seine Preise unter die von Saudi-Arabien senken wird.
Was wir jetzt haben, sind zwei der drei größten Produzenten der Welt, die den Markt mit billigem Öl überschwemmen. Sie wollen sehr wahrscheinlich die globale Nachfragezahlen erhöhen, in der Hoffnung, dass sich die Preise stabilisieren werden.
In der Zwischenzeit scheint der Markt davon überzeugt zu sein, dass wir einen Preiskampf haben, und daher zeigt er sich so nervös. Die Instabilität und die Gefahr starker Preiseinbrüche werden so lange anhalten, wie diese Erzählung sich im Markt hält. Ein tatsächlicher Preiskampf könnte Monate oder Jahre dauern, aber wenn es Saudi-Arabien und Russland stattdessen gelingt, die Ölnachfrage wieder zum Leben zu erwecken, könnten wir zumindest dann eine Stabilisierung sehen, wenn die Nachfragezahlen Anfang Mai bekannt werden.