Ich hoffe, ich habe mit dem falschen Wert zu den Analystenschätzungen im Zusammenhang mit dem heutigen US-Arbeitsmarktbericht keine allzu großen Verwirrungen gestiftet. Ich möchte mich auch noch mal dafür entschuldigen! Es ist immer wieder verblüffend, wie solche Fehler entstehen, zumal der Steffens Daily auch noch von einem weiteren Redakteur des Stockstreet-Teams gegengelesen wird. Wir Menschen sind dann wohl doch wenig für Perfektion geeignet. Enttäuschende Zahlen
Die Analysten waren also, wie in der Korrektur geschrieben, von 185.000 neue Stellen ausgegangen. Tatsächlich wurden um 14:30 Uhr lediglich 113.000 Stellen gemeldet. Das ist nun der zweite sehr niedrige Wert in Folge, wie Sie im Diagramm erkennen können.
Eine herbe Enttäuschung, zumal die ADP-Daten und die Entwicklung der Erstanträge Besseres hätten erwarten lassen. Die Arbeitslosenquote sank auf 6,6 % - das lag im Rahmen der Analystenerwartungen.
Uneinheitliche Marktreaktion
Doch völlig unabhängig davon wie dieser Wert ausgefallen ist: Die Marktreaktion belegt, wie verschieden diese Zahlen interpretiert werden. Dazu der kurzfristige Dax-Future-Minuten-Chart, der die Reaktionen gut darstellt:
Als erstes kam die „spontane Enttäuschungsreaktion“, die Zahlen sind deutlich schlechter ausgefallen. Dann setzte das „Denken“ ein, so dass eine Erholung folgte. Schließlich sind schlechte Nachrichten gute Nachrichten, denn die Fed wird dann langsamer die expansive Geldpolitik zurückführen. Am Schluss setzten sich dann die tiefergehenden Analysen durch: Natürlich wäre es angesichts der fragilen Situation der US-Wirtschaft schon ein positives Signal, wenn der Arbeitsmarkt sich deutlicher erholen würde. Damit entstand eine Art Patt-Situation, die sich auch im weiteren Verlauf durch eine nachhaltigere Seitwärtsbewegung erkennen ließ.
So könnte man, stark vereinfacht, den Kursverlauf im Anschluss an die Veröffentlichung interpretieren. Damit wird wieder einmal das grundsätzliche Problem deutlich, das wir zurzeit mit den US-Konjunkturdaten haben. Es ist schwer zu sagen, was besser für die Märkte ist - schlechte oder gute Zahlen.
Wie die US-Konjunkturdaten in welchem Umfeld interpretiert werden:
Um diese Art der Interpretation der Märkte zu verdeutlichen, hier einmal eine vereinfachte Darstellung der Auswirkungen von US-Konjunkturdaten in verschiedenen Phasen und zwar vornehmlich aus Sicht der vom Markt erwarteten Entwicklung der US-Leitzinsen: Die Rezession
Wenn die Wirtschaft nach einem Boom (und hohen Zinsen) auf eine Rezession zusteuert und die Aktienkurse fallen, reagiert die Fed mit sinkenden Zinsen. Je weiter die Zinsen sinken, desto mehr Geld wird in die Märkte gespült. Ab einem gewissen Zeitpunkt wird dieses Geld wieder zu steigenden Kursen an den Märkten führen. In dieser Zeit sind schlechte Konjunkturdaten gut für die Börsen, da die Anleger bei deutlich schlechteren Nachrichten mit noch weiter sinkenden Zinsen rechnen.
Die Hausse
Wenn sich die Zinsen in einer Rally schon bereits in der Nähe eines kritischen Niveaus befinden, sind gute Konjunkturdaten schlecht für die Börsen. Denn dann rechnen die Märkte damit, dass noch bessere Konjunkturdaten die Notenbank dazu veranlassen wird, die Zinsen noch weiter anzuheben.
Es geht also bei der Analyse der US-Konjunkturdaten aus Sicht der Börsen immer auch um die Frage, wie die Fed auf diese Nachrichten reagieren könnte.
Zur aktuellen Situation:
Wir befinden uns in einer Art Zwischenstadium: Die Fed fängt gerade erst an, die ultralockere Geldpolitik vorsichtig zurückzufahren. Deswegen werden gute Nachrichten aus der Wirtschaft tendenziell kritisch gesehen. Doch noch sind die Zinsen weit weg von einem gefährlichen Niveau. Die Geldpolitik unterstützt damit immer noch massiv die Aktienmärkte. Und somit bleibt es lediglich bei dem „tendenziell kritisch“. Da sich die Zinsen nicht in der Nähe eines gefährlichen Niveaus befinden, aber sicherlich auch nicht weiter gesenkt werden, ist es, unter uns gesagt, ziemlich egal, was zurzeit an US-Konjunkturdaten kommt.
Bis auf eben diese Ausnahmen
Zwei Dinge dürfen allerdings nicht geschehen: Die US-Wirtschaft darf nicht erneut in eine tiefere Rezession zurückfallen. Dann könnten die Marktteilnehmer auf die Idee kommen, dass die geldpolitischen Maßnahmen wirkungslos verpuffen. Das wäre gefährlich für die Aktienmärkte.
Auf der anderen Seite darf die US-Wirtschaft nicht zu schnell anspringen, denn das könnte sich auf die Inflation auswirken, beziehungsweise die Inflationserwartungen antreiben. Und das wiederum ist der Indikator, der unter Umständen kritische Marktreaktionen hervorrufen könnte. Sollte die Inflation plötzlich stark anspringen und wäre dies auf binnenwirtschaftliche Faktoren zurückzuführen (Lohn-Preis-Spirale), würde der Markt mit steigenden Zinsen rechnen. Und auch das würde die Rally gefährden.
Aber alles dazwischen, also alle Daten, die so „la la“ ausfallen, werden voraussichtlich keine nachhaltigeren Einfluss auf die Märkte ausüben. Aber psst, verraten Sie das nicht weiter – auch wenn das doch mal eine entspannende Information ist.
Viele Grüße und ein somit entspanntes Wochenende
wünscht Ihnen Ihr
Jochen Steffens