Neben der EZB-Ratssitzung und dem US-Arbeitsmarktbericht gab es in der vergangenen Woche einen weiteren wichtigen Termin: Am Donnerstag nach Börsenschluss legte der Aluminiumkonzern Alcoa seine Quartals- bzw. Jahresendzahlen vor und eröffnete damit traditionell die Berichtssaison in den USA. Alcoa verpatzt den Auftakt
Alcoa verpatzte allerdings den Start in diese wichtige Berichtssaison. Der Konzern nahm eine drastische Wertberichtigung auf vor der Jahrtausendwende zugekaufte Schmelzbetriebe vor und kam damit unter dem Strich auf ein Minus von 2,3 Mrd. Dollar. Aber selbst ohne diese Sondereffekte lag der Gewinn um ein Drittel unter den Erwartungen der Analysten.
Außer Alcoa haben inzwischen 23 weitere Unternehmen aus dem S&P 500 ihre Zahlen für das Geschäftsjahr 2013 vorgelegt (das bei diesen Unternehmen jedoch bereits im November oder früher endete). Darunter sind zwar so wichtige Branchenvertreter wie Oracle, FedEx oder Nike. Dennoch: Bei erst weniger als 5 % der Gesamtergebnisse wird sich ein klarer Trend für dieses Quartal erst in den kommenden Wochen erkennen lassen.
Weitere aufschlussreiche Hinweise werden wir allerdings bereits in den kommenden Tagen erhalten – denn die „Woche der Banken“ hat heute begonnen. Mit J.P. Morgan, Bank of America, Citigroup, Wells Fargo und Goldman Sachs müssen die Schwergewichte der Branche Farbe bekennen. Darüber hinaus werden 22 weitere S&P 500-Unternehmen ihren Aktionären Rechenschaft ablegen.
Gedämpfte Erwartungen beschönigen die Ergebnisse
Typischerweise spiegelt der Verlauf der Berichtssaison an der Börse das Verhältnis der tatsächlich erzielten Ergebnisse zu den vorherigen Erwartungen wider. Im langfristigen historischen Durchschnitt liegt dabei der Anteil derjenigen Unternehmen, welche die Erwartungen übertreffen, bei 60-66 %, und zwar um durchschnittlich ein bis drei Prozent.
Diese Größenordnungen sahen wir mehr oder weniger auch in den vergangenen zwei Jahren. Allerdings kam es nur deshalb zu diesen Ergebnissen, weil die Analysten zuvor ihre Erwartungen kontinuierlich nach unten schraubten (siehe folgende Grafik):
Quellen: Standard & Poor’s, MarketMaker
Sowohl für 2013 (rote Kurve) als auch 2014 (blaue Kurve) sanken die Schätzungen stetig und mit fast gleichbleibenden Raten. Das gilt auch für das nun relevante vierte Quartal: So hofften die Analysten noch Mitte September auf einen Gewinnanstieg von 11,7 % im Vergleich zum Vorjahresquartal. Inzwischen bescheiden sie sich nur noch mit einem Plus von 6,3 %. Die „Bewertungsschere“ ist gefährlich weit geöffnet
Wie bekannt, stiegen aber insbesondere seit 2012 die Aktienkurse (siehe dünne graue Linie im Chart). Die Schere zwischen den an den Börsen eingepreisten und den tatsächlichen Gewinnen ging damit immer weiter auseinander. Der S&P 500 wird dadurch aktuell mit einem recht luftigen KGV von knapp 20 bewertet. In den vergangenen fünf Jahren lag dieser Wert bei knapp 17, und etwas darunter liegt die im Allgemeinen als „fair“ angesehene Bewertung. Das bedeutet also, dass die Kurse inzwischen eine Überbewertung von bis zu 21 % aufgebaut hätten!
Natürlich lässt sich eine Reihe von Gründen anführen, warum dieses Kursniveau dennoch gerechtfertigt ist. So würde selbst das jetzt deutlich reduzierte Wachstum von 6,3 % im vierten Quartal die höchste Wachstumsrate für 2013 darstellen. Diese stieg im vergangenen Jahr von schwachen 3 % von Quartal zu Quartal kontinuierlich an.
Dieser hohe Wert resultiert jedoch zu einem großen Teil aus dem schwachen Vorjahreswert, der insbesondere auf die damals schwachen Finanzwerte zurückzuführen war. Nun sollen die Gewinne der Banken z.B. im vierten Quartal um 20,1 % zulegen, während die restlichen Unternehmen nur auf einen Zuwachs von 3,5 % kommen sollen. Letzteres wäre aber ein Rückgang gegenüber den im dritten Quartal erreichten Plus von 3,9 %.
Bislang ging das Prinzip Hoffnung gut
Aber offensichtlich hoffen Anleger und Analysten immer noch auf den entscheidenden Durchbruch. In diesem Jahr sollen die Gewinne schließlich weiter kräftig zulegen, und zwar auf 9,8 %. Für 2013 werden hingegen nur +4,6 % erwartet. 2015 sollen es sogar weitere 11 % mehr werden.
Dieses Muster kennen wir aber schon aus den vergangenen Berichtsperioden. Egal ob Haushaltsstreit, Fiskalklippe oder Fed-Tapering – immer wurden die Gründe für eher schwache Unternehmensergebnisse als „vorübergehend“ verniedlicht. Die hohen, aber bislang enttäuschten Erwartungen wurden dann einfach in die Zukunft projiziert.
Das ging bislang erstaunlicherweise trotz der Tatsache gut, dass die Unternehmen neben ihren durchwachsenen Ergebnissen auch keine verheißungsvollen Ausblicke und Prognosen präsentierten. Im Gegenteil: Die sogenannte „Guidance“ war in den vergangenen Quartalen überwiegend negativ und die oben erwähnten Abwärtskorrekturen der Gewinnschätzungen zeigen, dass sich daran auch für das vierte Quartal nichts geändert hat.
Ein Hoffnungsschimmer für die Börsen
Einen Hoffnungsschimmer gibt es allerdings. Der ISM-Index des verarbeitenden Gewerbes in den USA, der wichtige Stimmungsindex aus der Wirtschaft, zeigt seit Mai 2013 eine kräftige Verbesserung (siehe folgende Grafik).
Quelle: Institute for Supply Management
Im Juli verließ der Index überdies die Seitwärtsbewegung (gelbes Rechteck), in der er seit Mitte 2011 steckte. Dabei konnte er nicht nur die gefährliche 50-Punkte-Marke (gestrichelt) hinter sich lassen, unter der ein Rückfall in eine Rezession droht. Der ISM-Index schaffte im zweiten Halbjahr 2013 auch den stärksten Anstieg seit dem Tiefpunkt der Krise 2009 (siehe grüne Markierung). Er näherte sich damit sogar der 60-Punkte-Marke. Werte in diesem Bereich deuten in der Regel auf eine bald kräftig boomende Wirtschaft hin...
Zeichnet der ISM ein stimmiges Bild von der Lage in den Unternehmen, dann sollten die Vorstände bei der Vorlage der aktuellen Zahlen spürbar mehr Optimismus für 2014 zeigen. Wenn es hingegen bei der bisherigen Zurückhaltung bleibt, dann könnten enttäuschte Anleger in den kommenden Wochen verstärkt Gewinne mitnehmen und die längst fällige Konsolidierung einleiten.
Mit besten Grüßen
Ihr Torsten Ewert
PS: Auf die Konjunkturaussichten, aber vor allem unser favorisiertes Szenario für die Märkte und die möglichen Risiken dafür gehen wir ausführlich in unserem Jahresausblick ein, der in Kürze erscheinen wird. Mehr dazu und zu den weiteren Highlights der diesjährigen Prognose des Stockstreet Teams erfahren Sie in den kommenden Tagen hier in Ihrem Steffens Daily.