Die Renditen der US-Staatsanleihen schossen nach der Fed-Sitzung am Mittwoch nach oben, während die Renditen in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, China, stark einbrachen. Während die US-Wirtschaft weiterhin robust bleibt, kämpfen große Volkswirtschaften wie China mit erheblichen Problemen. Unser jüngster Artikel zur globalen Konjunktur unterstreicht die enge historische Beziehung zwischen der Wirtschaftslage in den USA und dem Rest der Welt. Gleichzeitig wird deutlich, dass viele Industrienationen – darunter auch China – mit wirtschaftlicher Stagnation zu kämpfen haben.
Die zentrale Frage ist, ob sich die US-Wirtschaft weiterhin von den globalen Trends abkoppeln kann oder ob 75 Jahre einer starken Abwärtskorrelation irgendwann wiederhergestellt werden. Historische Muster und mathematische Zusammenhänge mahnen Anleger jedenfalls zur Vorsicht.
Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung der Renditen 10-jähriger chinesischer Staatsanleihen. Der jüngste Rückgang der Renditen spiegelt vor allem die Sorgen über eine rapide Abschwächung der Wirtschaftstätigkeit wider. Auch die Befürchtung, dass die USA unter der Führung von Trump hohe Zölle gegen China verhängen könnten, hat den Druck auf die chinesischen Exporte verstärkt. Viele chinesische Anleger sehen in Staatsanleihen einen sicheren Hafen, um sich vor möglichen wirtschaftlichen Stürmen zu schützen.
China erinnert in vielerlei Hinsicht an Japan vor 30 Jahren. Ein massiver Ausbau der Infrastruktur hat zu einem Kreditüberhang und einem Überangebot an Immobilien geführt. Hinzu kommen demografische Herausforderungen, die das Wachstum langfristig belasten. Die chinesische Regierung wird voraussichtlich weitere Stimulierungsmaßnahmen ergreifen, um eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage zu verhindern. Doch wie Japan schmerzlich erfahren musste, sind umfangreiche fiskal- und geldpolitische Maßnahmen keine Garantien für nachhaltiges Wachstum.
Mit der wachsenden Diskrepanz zwischen den Renditen in den USA und China dürften Kapitalflüsse aus China in US-Anleihen zunehmen. Dies könnte die Nachfrage nach US-Schuldtiteln weiter anheizen und die Renditen stabil halten.
Trading.Update
Gestern haben wir die Auswirkungen der Fed-Entscheidung auf die Märkte analysiert, die den stärksten eintägigen Kursrückgang seit dem Carry-Trade-Problem im August auslöste. Interessanterweise war dieser Rückgang weniger auf die Entscheidung der Fed selbst zurückzuführen als auf die ohnehin schwachen technischen Rahmenbedingungen des Marktes. In den letzten zwei Wochen zeigte sich eine abnehmende Marktbreite und eine schwächere Dynamik – ein Muster, das wir in der Vergangenheit als Vorläufer für Korrekturen identifiziert haben. Es fehlte nur ein Katalysator, und den lieferte der restriktivere Ausblick der Fed.
Unsere wöchentliche Analyse, die die Volatilität glättet, verdeutlicht die Dynamik des Marktes. Bereits zuvor deutete die Kombination aus schwächer werdender Marktbreite, abnehmender relativer Stärke und nachlassender Dynamik auf eine bevorstehende Korrektur hin. Das genaue Timing eines solchen Ereignisses bleibt jedoch schwierig einzuschätzen.
Nach den jüngsten Bewegungen scheinen die Märkte derzeit überverkauft und versuchen, Unterstützung zu finden. In diesem Kontext erscheint eine Jahresendrallye weiterhin wahrscheinlich – allerdings wird sie sich voraussichtlich nicht in neue Rekordhöhen steigern und die hochgesteckten Jahresendziele der Wall Street (wie die Marke von 6200) klar verfehlen.
Die Stimmung unter den Anlegern bleibt trotz der Korrektur überraschend optimistisch. Sowohl die Euphorie als auch die Gewichtungen sind nach wie vor hoch, was darauf hindeutet, dass ein abrupter Stimmungswechsel hin zu Pessimismus unwahrscheinlich ist. Es ist denkbar, dass wir in der kommenden Woche eine positivere Interpretation der Fed-Ankündigung erleben werden, insbesondere wenn Hoffnungen auf Zinssenkungen im Jahr 2025 an Fahrt gewinnen.
Sollten diese Hoffnungen jedoch ausbleiben, könnte sich für die Märkte der Eindruck verfestigen, dass die "Fed dieses Jahr Weihnachten gestohlen hat."
Drohender finanzpolitischer Gegenwind
Im Vorfeld der Wahl haben wir einen Kommentar des Washington-Experten Greg Valliere veröffentlicht. Heute möchten wir ein Zitat von ihm hervorheben, das wir für äußerst relevant halten, das aber vom Anleihemarkt weitgehend ignoriert wird:
„Die Finanzpolitik steht vor einem grundlegenden Wandel – im kommenden Jahr wird nichts verabschiedet, ohne dass die Ausgaben gekürzt oder eingefroren werden. Neue Ausgabenerhöhungen sind unwahrscheinlich, und die Unsicherheit wird jeden Sektor betreffen – von Verteidigung über Technologie bis hin zur Landwirtschaft –, der seit Jahrzehnten auf die Ausgaben Washingtons angewiesen ist.“ – Greg Valliere
Der Markt scheint jedoch pauschal anzunehmen, dass Zölle inflationär wirken und dass Trump – wie schon Biden – mit hohen Defiziten regieren wird. Zwar können Zölle auf bestimmte Produkte tatsächlich inflationär sein, doch makroökonomisch betrachtet sind sie eher deflationär, da sie wirtschaftliche Schwäche hervorrufen.
Was das Thema Haushaltsdefizit betrifft, hat sich Elon Musk – der in diesem Kontext als Sprachrohr Trumps fungiert – kritisch zu den Republikanern geäußert. Insbesondere kritisiert er das jüngste Notgesetz zur Deckung der Ausgaben. Greg Valliere mahnt derweil, dass der Anleihemarkt die Lage womöglich völlig falsch einschätzt, wenn er davon ausgeht, dass die nächste Trump-Regierung unverantwortlich hohe Schulden machen wird.
Powell über eine Bitcoin-Reserve
Der Bitcoin hat in den letzten Wochen kräftig zugelegt, was zum Teil auf Spekulationen zurückzuführen ist, dass die USA möglicherweise eine Bitcoin-Reserve einrichten könnten – potenziell verwahrt von der Federal Reserve. Diese Hoffnungen erhielten jedoch einen deutlichen Dämpfer, als Fed-Chef Jerome Powell auf der Pressekonferenz nach der FOMC-Sitzung am Mittwoch klarstellte, dass eine solche Reserve aus Sicht der Fed nicht zur Debatte steht.
Auf die Frage, ob die Fed Bitcoin in ihre Reserven aufnehmen könnte, antwortete Powell unmissverständlich:
"Wir dürfen Bitcoin nicht besitzen. Der Federal Reserve Act legt genau fest, welche Vermögenswerte wir halten dürfen, und wir haben keinerlei Absicht, eine Änderung dieses Gesetzes anzustreben. Es ist eine Angelegenheit, die der Kongress prüfen könnte, aber wir bei der Fed streben keine Gesetzesänderung an."