Die Experten für Cyber-Sicherheit aus Essen haben ein turbulentes Börsenjahr hinter sich. Mit Verweis auf wirtschaftliche Unsicherheiten wurde im Oktober die Ertragsprognose nach unten angepasst. Der Kurs der Aktie gab daraufhin nochmal deutlich nach und verlor damit im Jahr 2023 über die Hälfte an Wert. Überraschenderweise fielen die vorläufigen Zahlen für 2023 dann aber doch besser aus als erwartet. Anleger sind derzeit trotzdem zurückhaltend mit Käufen, was gute Gründe haben könnte.
Die Secunet Security Networks AG (ETR:YSNG) (ISIN: DE0007276503) – so der vollständige Name – operiert in einem Markt, dem weltweit bis 2028 ein jährliches Wachstum von 10 bis 11 % zugetraut wird. Cyber-Sicherheit ist ein Thema, an dem heutzutage kaum eine Firma vorbeikommt. Zu allgegenwärtig sind die Bedrohungen, denen sich Unternehmen gegenübersehen. Trotz der vielversprechenden Wachstumsaussichten verzeichnet Secunet auf operativer Basis seit 2022 rückläufige Ergebnisse. Zwar wurde die zuletzt auf 42 Mio. EUR angepasste Prognose für das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) für 2023 am Ende mit einem Wert von 43 Mio. EUR leicht übertroffen, aber im Vergleich zum Vorjahr (47 Mio. EUR) steht ein Rückgang von 8,5 % zu Buche. Zum Vergleich: In den Spitzenjahren 2020 und 2021 lag das EBIT noch bei Rekordwerten von 51,6 und 63,9 Mio. EUR.
Ein Blick auf die Umsatzentwicklung macht die Ursache schnell deutlich. Diesen konnte Secunet nämlich das zehnte Jahr in Folge steigern von zuletzt 347 Mio. EUR in 2022 auf 393 Mio. EUR in 2023 (+13 %). Die Probleme von Secunet liegen damit eindeutig auf der Kostenseite. Die einst üppige EBIT-Marge von 18 bis 19 % in 2020 und 2021 ist seit 2022 stark rückläufig und betrug in 2023 gerade noch 11 %. Kostensteigerungen im Personalbereich und Umstellungen im Produktportfolio zählen zu den Ursachen, die an der Marge zehren. Andererseits hat das Unternehmen im Schlussquartal 2023 den höchsten Umsatz der Unternehmensgeschichte erzielt und verweist auf die hohen Investitionen, die 2023 getätigt wurden. Der Aufbau eines speziell für Ministerien, Behörden und Sicherheitsorganisationen entwickelten Cloud-Ökosystems soll weitere Wachstumsimpulse schaffen. Bis diese Investitionen den gewünschten Ertragseffekt bringen - so die Einschätzung von Analysten -bleibt der Druck auf die Marge trotz steigender Umsätzen bestehen. Einen Ausblick für 2024 wird Secunet erst mit Veröffentlichung der Zahlen für 2023 bekannt geben.
Bewertung auf Basis der Dividende
Die Erwartungen an die Dividendenausschüttung für das Geschäftsjahr 2024 – Auszahlung in 2025 – sind sehr unterschiedlich. Die Einen rechnen mit einer Senkung der Dividende aufgrund des Margendrucks und der anstehenden Investitionen. Die Anderen gehen davon aus, dass Secunet die Dividende weiterhin stabil halten wird. Ein Blick auf die 2022er Dividende zeigt, das Ausschüttungsniveau lag mit 60 % des Nettogewinns bereits deutlich über dem historischen Ausschüttungsniveau der letzten 10 Jahre von 45 %. Wir kalkulieren vorsichtig und legen für unsere Bewertung die zuletzt genannten 45 % an und gehen dabei von einem Nettoergebnis von 29,5 Mio. EUR für 2024 aus, das von Analysten prognostiziert wird. Daraus ergibt sich eine potenzielle Ausschüttung von 13,2 Mio. EUR oder 2,04 EUR je Aktie. Der jährliche Tiefstkurs notierte in den letzten 10 Jahren im Durchschnitt bei einer Dividendenrendite von 1,98 %. Das jährliche Hoch spiegelte sich im Durchschnitt in einer Dividendenrendite von 0,96 % wider. Dabei sollte erwähnt werden, dass die Dividendenrenditen bei Secunet erheblichen Schwankungen unterliegen und mehrfach Werte von über 2,5 % notiert wurden. Durch Diskontierung berechnen wir aus den genannten Dividendenrenditen einen Einstiegskurs von 103 EUR und ein Kursziel von 212 EUR.
Charttechnik
Die Notierung befindet sich seit November 2021 in einer mittelfristigen Abwärtsbewegung und hat seit Oktober 2023 mehrere aufwärts gerichtete langfristige Trendlinien unterschritten. Zuletzt war im Bereich von 124 EUR eine Bodenbildung zu erkennen, worauf es zunächst wieder bergauf ging. Die Notierung scheiterte daraufhin im Januar jedoch an der Widerstandszone bei 170 EUR, wo zu diesem Zeitpunkt auch die oberen Trendbegrenzung des mittelfristigen Abwärtstrends lag. Sollte dieses Niveau überwunden werden dann lägen die nächsten Widerstände im Bereich von 185 und 190 EUR. Ein Bruch des Bodens bei 124 EUR würde zunächst Abwärtspotenzial eröffnen bis 100 EUR und darunter bis 80 EUR. Die relative Stärke auf Basis von 14 Wochen hat mit der Bodenbildung im Oktober bereits klar im überverkauften Bereich gelegen und weist eine Aufwärtstendenz auf.
Fazit
Dass das starke Umsatzwachstum bei Secunet von rückläufigen Margen begleitet wird, sollten Anleger nicht übersehen. Zwar erachten die Mehrzahl der Analysten diesen Umstand als temporär und prognostizieren Secunet ab 2025 wieder steigende Gewinne und Margen, aber kurzfristig könnten die Unsicherheiten nochmal zu Kursrückgängen führen. Unsere Bewertung basiert zwar auf einer sehr vorsichtigen Dividendenschätzung, jedoch haben wir verhältnismäßig moderate Diskontsätze zu Grunde gelegt. Wir erachten die Aktie auf dem aktuellen Kursniveau als fair bis leicht unterbewertet und sehen bis zu unserem Kursziel bei 212 EUR noch ca. 40 % Kurspotenzial. Wir beobachten die Aktie. Als klaren Kauf sehen wir die Aktie auf Basis unserer Bewertung erst bei einem Niveau von ca. 100 EUR. Bis dahin sind es noch gut 30 % nach unten. Wer trotzdem einen Einstieg wagen möchte, kann eine Teilposition aufbauen. Die langfristigen Aussichten sind grundsätzlich vielversprechend.
Investmentidee(n)
Wegen der leichten Tendenz zu steigenden Kursen bei Secunet, haben wir als Investmentidee einen Turbo-Long mit moderatem Hebel ausgesucht, der von steigenden Kursen in der Secunet-Aktie profitiert. Das Papier mit der ISIN DE000DJ5Z177 (DZ Bank) hat nicht nur einen geringen Hebel von 2,5, sondern weist noch einen vergleichsweise kleinen Spread von rund 2 Prozent aus. Das ist die relativ niedrigste Spanne beim Vergleich der Hebelpapiere und für einen Nebenwert angemessen. Gerade bei Hebelpapieren bleibt aber ein risikobewusstes Money Management Pflicht, der Kapitaleinsatz sollte hier aktuell etwa 1 Prozent des Depotwertes ausmachen, um bei einem Rückgang nachzukaufen. Die Gesamtposition sollte nach einem erneuten Kauf nicht mehr als 2 Prozent des Depotwertes ausmachen.