Am vergangenen Wochenende konnte ich unseren wöchentlichen Bull Bear Report nicht erstellen, da ich an der Moneytalks-Konferenz von Michael Campbell in Vancouver teilnahm. In der heutigen technischen Analyse möchte ich jedoch einige der statistischen Auswertungen besprechen, die wir in diesem Kommentar wöchentlich durchführen – insbesondere angesichts des jüngsten "Zoll"-Schocks vom vergangenen Montag und des aktuellen Beschäftigungsberichts.
Es war bereits die zweite volatile Handelswoche in Folge – angesichts der Nachrichtenlage wenig überraschend. Trotz der Schwankungen bleibt der Markt jedoch weiter im übergeordneten Aufwärtstrend. Weder befindet er sich in einem überkauften Zustand, noch zeigen die Kapitalflüsse Schwäche – im Gegenteil, die Geldströme bleiben weiterhin positiv.
FOMO – Die Angst, etwas zu verpassen, ist allgegenwärtig
Der Markt zeigt sich resistent gegenüber negativen Nachrichten, denn Kleinanleger kaufen weiterhin konsequent Rücksetzer. In den letzten Bull Bear Reports haben wir diesen verstärkten Einstieg privater Anleger thematisiert. Doch wenn man sich die aktuelle Marktstimmung ansieht, ist sie außergewöhnlich: Privatanleger sind so optimistisch wie seit der Pandemie nicht mehr.
Das ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass es keine staatlichen Konjunkturschecks mehr gibt – und trotzdem setzen sie verstärkt auf Aktien. Und es bleibt nicht bei Worten:
Die jüngste AAII-Umfrage zur Portfolioallokation zeigt, dass Kleinanleger ihre Aktienquote auf einem Niveau halten, das mit früheren Markthochs vergleichbar ist – nur knapp unter den Spitzenwerten der Dotcom-Ära. Gleichzeitig sind ihre Cash- und Anleihequoten auf einem Tiefstand.
Das bedeutet zwar nicht, dass der Markt kurzfristig zur Umkehr gezwungen wird, aber es deutet darauf hin, dass bereits ein Großteil der künftigen Gewinne eingepreist sein könnte.
Warnsignale aus den wöchentlichen Daten
Im Bull-Bear-Bericht erstellen wir jede Woche verschiedene Tabellen und Charts, die als Grundlage für unseren Risikomanagementprozess dienen. Eine meiner liebsten Analysen ist die wöchentliche Auswertung der relativen Rotation der Marktsektoren. Dabei betrachten wir sechs Diagramme und Tabellen, die die Performance der wichtigsten Sektoren und Märkte im Vergleich zum S&P 500 Index abbilden.
Interessanterweise haben seit Jahresbeginn alle Primärmärkte und Sektoren positive Renditen erzielt – mit wenigen Ausnahmen. Anleihen, Schwellenländer, Small Caps, zyklische Werte, Basiskonsumgüter und Technologie hinken hinterher. Die stärkste Outperformance zeigte sich hingegen in den Bereichen internationaler Handel, Kommunikation, Gesundheitswesen, Finanzen und Grundstoffe (NYSE:XLB). Besonders spannend: Die Nachzügler von 2024 könnten im Jahr 2025 zu den neuen Marktführern aufsteigen – ein Muster, das wir in der Vergangenheit bereits häufiger beobachtet haben.
Das untere linke Feld der Analyse zeigt die relative Performance aus einer anderen Perspektive. Der Markt befindet sich weder in einer stark überkauften noch in einer überverkauften Phase – die Durchschnitts- und Medianwerte des S&P 500 Composite liegen aktuell ungefähr in der Mitte eines Korrekturzyklus. Allerdings sind einige Sektoren nach ihrem jüngsten Anstieg bereits überkauft – darunter internationaler Handel, Schwellenländer, Kommunikation, Anleihen, Immobilien und Finanzwerte.
In diesen Bereichen könnten Gewinnmitnahmen sinnvoll sein, während sich eine potenzielle Rotation in zyklische Werte, Grundstoffe, Energie, Industriewerte (NYSE:XLI) sowie Small- und Mid-Cap-Aktien abzeichnen könnte.
Technische Einschätzung
Um das Risiko in unseren Portfolios besser zu steuern, haben wir im Bull Bear-Bericht eine Methode zur technischen Kompositmessung entwickelt. Dieser Indikator kombiniert zehn verschiedene technische Kennzahlen – darunter den MACD (Moving Average Convergence and Divergence), den RSI (Relative Strength Index) und die Stochastik – und basiert auf den Kursveränderungen zum Wochenschluss. Der Vorteil einer wöchentlichen statt einer täglichen Analyse liegt darin, dass sie Marktschwankungen glättet und impulsgetriebene Entscheidungen reduziert – etwas, das wir erst letzten Montag wieder beobachten konnten.
Liegt der Indikator über 80, ist es in der Regel an der Zeit, das Portfoliorisiko genauer unter die Lupe zu nehmen. Werte unter 30 hingegen gelten historisch gesehen als günstiger Zeitpunkt, um die Risikoexposition zu erhöhen. So offensichtlich das auf den ersten Blick erscheinen mag, ist die Realität oft komplexer: Ein hoher Wert über 80 bedeutet nicht zwangsläufig eine unmittelbare Korrektur – oft treibt die aktuelle Marktdynamik die Kurse weiter nach oben. Umgekehrt kann eine technische Schwäche unter 30 dazu führen, dass eine Korrektur sich zunächst noch weiter verschärft.
Durch die Auswertung wöchentlicher statt täglicher Daten erhalten wir jedoch ein klareres Bild über das Verhältnis von Risiko und potenziellem Ertrag.
Aktuell befindet sich unser technischer Indikator auf einem hohen Niveau, ist aber nach dem starken Anstieg seit der Amtseinführung von Trump wieder etwas zurückgegangen, da sich der Markt konsolidiert hat. Ein klares Signal zur Anpassung der Risikoexposition gibt es derzeit nicht. Sollte der Markt jedoch seine Unterstützungsniveaus halten und sich die technischen Bedingungen weiter verbessern, könnte sich in den kommenden Wochen eine Gelegenheit bieten, das Marktengagement zu erhöhen.
Stimmung
Wie bereits in der Analyse der Retail-Trader gezeigt, berücksichtigt die wöchentliche "Fear/Greed"-Anzeige im Bull-Bear-Bericht verschiedene Indikatoren zur Anlegerstimmung und Kapitalallokation. Während Kleinanleger derzeit sehr optimistisch sind, zeigen sich professionelle Investoren zwar ebenfalls positiv gestimmt, jedoch mit etwas mehr Zurückhaltung.
Diese Methode unterscheidet sich vom CNN Fear & Greed Index, der unter anderem den S&P 500 als Referenz heranzieht. Ziel ist es, nicht nur die Emotionen der Marktteilnehmer zu erfassen, sondern auch zu analysieren, wie sie ihr Kapital tatsächlich am Markt verteilen.
In der vergangenen Woche war unter Kleinanlegern eine leichte Zurückhaltung zu beobachten, während institutionelle Investoren ihre Positionen weiter aufstockten – dadurch blieb der Index auf einem "Gier"-Niveau. Ähnlich wie der zuvor erwähnte technische Indikator auf Wochenbasis signalisiert dieses Niveau keinen unmittelbaren Marktabschwung. Vielmehr deutet es darauf hin, dass sich der aktuelle Konsolidierungsprozess fortsetzen könnte und kurzfristige Kursgewinne begrenzt bleiben.
Es gibt jedoch ein technisches Analyse-Element auf Wochenbasis, das wir besonders genau im Blick behalten.
Risikomanagement ist der Schlüssel
Wie bereits erwähnt, veröffentlichen wir unsere Analysen und Statistiken regelmäßig im wöchentlichen Bull Bear-Bericht. Eine spezielle Grafik, die wir nicht öffentlich teilen, nutzen wir intern zur Überprüfung unserer Portfolio-Exposures. Die Wöchentliche Risikomanagement-Analyse spielt dabei eine entscheidende Rolle, da sie bestimmt, wie stark wir zu einem bestimmten Zeitpunkt am Aktienmarkt investiert sind.
Das folgende Diagramm zeigt ein mittel- und längerfristiges MACD-Signal auf Wochenbasis für die Märkte. Historisch gesehen fällt ein doppeltes Kaufsignal mit einem anhaltenden Bullenmarkt zusammen, während ein bestätigtes Verkaufssignal, wie es Anfang 2022 der Fall war, oft eine Marktkorrektur signalisiert.
Derzeit zeigen sowohl das mittelfristige als auch das längerfristige MACD-Signal ein Verkaufssignal. Dabei gibt es einige wichtige Punkte zu beachten:
- Der Markt bewegt sich an der oberen Begrenzung seines langfristigen Trendkanals, der sich bis auf die Tiefststände von 2009 zurückverfolgen lässt. Während er 2021 durch massive geldpolitische Anreize oberhalb dieses Kanals gehandelt wurde, könnte der aktuelle Anstieg das Ende des aktuellen Zyklus markieren.
- Die Signale basieren auf Wochencharts und ändern sich entsprechend langsam. Es kann mehrere Wochen oder sogar Monate dauern, bis sich ein Signal endgültig bestätigt – oft erst durch eine deutliche Marktkorrektur.
- Die Kursentwicklung muss die Signale bestätigen. Sollte der Markt weiter in eine Korrektur übergehen, würde ein Bruch des 34-Wochen-Gleitenden Durchschnitts das Ende des seit 2022 bestehenden Aufwärtstrends signalisieren.
Obwohl es sowohl bullische als auch bärische Indikatoren gibt, bleibt der Markt vorerst im Aufwärtstrend. Das spricht für eine Fortsetzung der Rallye – zumindest solange keine eindeutige Trendumkehr bestätigt wird. Dennoch ist Vorsicht geboten, wenn Verkaufssignale von hohen Niveaus kommen. Da einige technische Indikatoren derzeit widersprüchliche Signale liefern, sollten Anleger das kurzfristige Risiko im Blick behalten und geduldig auf eine klarere Marktrichtung warten.
5 Maßnahmen, die Anleger jetzt zur Risikominimierung ergreifen können
Angesichts der unsicheren technischen Lage des S&P 500 sollten Anleger verstärkt auf Risikomanagement setzen und sich gleichzeitig auf mögliche Marktschwankungen vorbereiten. Hier sind fünf Strategien, die Sie für Ihr Portfolio in Betracht ziehen sollten:
1. Gewinne mitnehmen und Positionen auf das ursprüngliche Gewicht zurückführen
Wenn eine Position durch Kurssteigerungen über ihre ursprüngliche Gewichtung hinausgewachsen ist, kann das das Risikoprofil Ihres Portfolios verändern. Die Lösung? Ein gezieltes Rebalancing, bei dem Sie überdurchschnittlich stark gestiegene Positionen teilweise verkaufen, um Ihr Portfolio wieder ins Gleichgewicht zu bringen. So sichern Sie erzielte Gewinne und verhindern, dass einzelne Vermögenswerte zu dominant werden – ein wichtiger Schutz, falls es zu einem Rücksetzer kommt.
2. Schwache Positionen aussortieren
Anleger neigen dazu, an schlecht laufenden Investments festzuhalten – oft aus der Hoffnung, dass sich die Lage doch noch bessert. Doch wenn eine Aktie oder ein anderer Vermögenswert kontinuierlich schlechter als der Markt oder Vergleichswerte abschneidet, ist es an der Zeit, Bilanz zu ziehen. Möglicherweise hat sich die ursprüngliche Investmentthese als falsch erwiesen oder externe Faktoren belasten die Position nachhaltig. Durch den Verkauf solcher Underperformer setzen Sie Kapital frei, das sinnvoller in stabilere oder besser performende Anlagen umgeschichtet werden kann.
3. Stop-Loss-Niveaus nachziehen
Nachlaufende Stop-Loss-Orders sind ein effektives Mittel, um Gewinne zu sichern und gleichzeitig weiteres Aufwärtspotenzial offenzuhalten. Indem der Stop-Loss mit steigenden Kursen nachgezogen wird, bleibt die Position geschützt, während mögliche Gewinne weiterlaufen können. Diese Strategie ist besonders bei volatilen Märkten hilfreich, da sie eine automatische Absicherung bietet, ohne dass Anleger ständig manuell eingreifen müssen.
4. Portfolioallokation an die persönliche Risikotoleranz anpassen
Ihr Portfolio sollte immer zu Ihrer aktuellen Risikotoleranz passen – doch diese kann sich mit der Zeit verändern. Faktoren wie Marktbedingungen, persönliche finanzielle Ziele oder das Alter spielen dabei eine Rolle. Eine regelmäßige Überprüfung der Portfolioaufteilung – also des Verhältnisses zwischen Aktien, Anleihen und Bargeld – stellt sicher, dass Sie nicht ungewollt ein höheres Risiko eingehen, als Sie eigentlich möchten. Falls Ihr Portfolio in einer Boomphase zu stark in Wachstumswerte umgeschichtet wurde, könnte es ratsam sein, wieder eine konservativere Balance herzustellen, insbesondere wenn sich die Marktbedingungen verschlechtern.
5. Liquidität erhöhen und Staatsanleihen ins Portfolio aufnehmen
Ein höherer Bargeldanteil kann in unsicheren Marktphasen helfen, Schwankungen zu reduzieren und gleichzeitig Flexibilität für neue Investmentchancen zu bewahren. Bargeld ist krisenfest, schwankt nicht mit dem Markt und kann für künftige Gelegenheiten sinnvoll eingesetzt werden.
Zusätzlich können Staatsanleihen eine wertvolle Ergänzung sein. Sie bieten Stabilität, regelmäßige Zinseinnahmen und haben oft eine negative Korrelation zu Aktien. Besonders in Phasen wirtschaftlicher Unsicherheit oder bei erwarteten Zinssenkungen durch die Fed können sie sich als nützlicher Puffer gegen Marktrückgänge erweisen.
Fazit
Die technische Lage des S&P 500 zeigt ein gemischtes Bild – mit Chancen, aber auch Risiken. Während Indikatoren wie gleitende Durchschnitte und positive Geldflüsse darauf hindeuten, dass sich bei Rücksetzern attraktive Kaufgelegenheiten ergeben könnten, mahnen schwächere technische Signale und rückläufige Muster zur Vorsicht.
Niemand kann mit Sicherheit vorhersagen, was als Nächstes passiert – wir nicht, und auch sonst niemand. Deshalb bleibt ein solides Risikomanagement essenziell. Eine regelmäßige Neugewichtung des Portfolios kann helfen, Phasen erhöhter Unsicherheit besser zu überstehen.
Könnte ich falsch liegen? Natürlich.
Doch was wäre schlimmer?
- Kurzfristige Gewinne vorübergehend zu verpassen
- Oder später wertvolle Zeit damit zu verbringen, Verluste aufzuholen – denn das ist nicht dasselbe wie Geld zu verdienen.
Eine alte Börsenweisheit bringt es auf den Punkt:
"Gelegenheiten lassen sich viel leichter wieder gutmachen als verlorenes Kapital." – Todd Harrison
Bleiben Sie besonnen und handeln Sie mit Bedacht!