Es handelt sich hierbei nicht gerade um eine klassische Rotation, aber das Investorenvertrauen schwappt allmählich auf die Agrarmärkte über. So führen Sojabohnen die drei wichtigsten US-Getreide-Futures in der besten Woche seit fast acht Jahren an, während die Stimmung an den Aktienmärkten kippt.
Die Ereignisse in den beiden Anlageklassen stehen in keinem Zusammenhang.
Die Preise für Sojabohnen ziehen an, weil China so viel US-Angebot wie möglich zu Futterzwecken aufkauft und zugleich versucht, seine vom Virus dezimierte Schweineindustrie wieder auf Vordermann zu bringen.
Die Preise für Mais und Weizen haben sich aufgrund von Sorgen über zu viel Trockenheit in den USA sowie über einen unerwarteten Frost in letzter Zeit verteuert.
An der Wall Street, wo Analysten seit Monaten vor überbewerteten Aktien warnen, steuern der auf Industriewerten basierende Dow Jones, der marktbreitere S&P 500 und der technologielastige NASDAQ-Index auf ihre schlechteste Woche seit Februar zu. Grund dafür waren Berichten, wonach Präsident Biden eine Erhöhung der Kapitalertragssteuer plant, die Börseninvestoren am meisten treffen könnte.
Eli Tesfaye, Marktstratege bei R.J. O'Brien in Chicago, kommentierte das Phänomen:
"Niemand behauptet, dass die Anleger in dieser Woche Geld aus Aktien genommen haben, um es in Agrarrohstoffe zu investieren. Aber wer am Donnerstag auf die Bildschirme geschaut hat, der sah nervenaufreibende Kursverluste an den Börsen, gleich nachdem die Berichte über die Kapitalertragssteuer die Runde machten und die Getreidemärkte zur gleichen Zeit in die Höhe schossen. Das Timing war unheimlich."
Agrarrohstoffe, eine Alternative zu Aktien
Aber wenn überhaupt, dann seien die Agrarmärkte kein schlechter Ort für Investoren, die Wachstum suchen, so Tesfaye, der darauf hinweist, dass nahrungsmittelbasierte Rohstoffe derzeit zu den größten Komponenten der Inflation gehören und den Preisdruck stärker widerspiegeln als Gold.
Der Trend wird sich wahrscheinlich fortsetzen, da der Druck auf die Produktion von Getreide weltweit anhält, während die Nachfrage aus den Volkswirtschaften, die nach den Verwüstungen durch die Coronavirus-Pandemie wieder auf die Beine kommen, rasant steigt.
Tesfaye fügt hinzu:
"Sicherlich sind die Agrarmärkte nicht für die Art von monströsen Fondsflüssen ausgelegt, die man aus dem Aktienbereich gewohnt ist. Aber es ist in jedem Fall eine lohnende Alternative für Investoren und für diejenigen, die über eine Diversifizierung nachdenken, um dort einzusteigen, wenn sie nicht schon engagiert sind."
Sojabohnen legen so stark zu wie seit fast acht Jahren nicht mehr
Der große Gewinner im Agrarsektor in dieser Woche waren Sojabohnen, die mit einem Wochengewinn von fast 7% ein Hoch von rund 15,43 Dollar pro Scheffel erreichten - so kräftig war Soja zuletzt in der Woche zum 13. Juli 2012 gestiegen (10,2%).
Dan Hueber, Autor des auf Getreide fokussierten Hueber Report, sagte am Donnerstag:
"Wir haben die 15-Dollar-Marke bereits leicht überschritten. Nichts spricht dafür, dass wir an diesem Punkt aufhören müssen."
Der Daily Technical Outlook von Investing.com stuft Sojabohnen als "Strong Buy" ein und prognostiziert einen kurzfristigen Widerstand bei 15,95 Dollar.
Laut Jack Scoville, Chefanalyst für Getreide bei der Price Futures Group in Chicago, wurde die Rallye bei Sojabohnen durch die unaufhaltsame Nachfrage aus China angetrieben, das Futtermittelvorräte hortete und gleichzeitig versuchte, seine Schweineindustrie wiederzubeleben, die der afrikanischen Schweinepest zum Opfer gefallen war.
In einem Bericht der chinesischen Regierung vom Dezember hieß es, dass sich die chinesische Schweineindustrie zu 90 Prozent erholt habe und bis zum zweiten Quartal wieder vollständig rehabilitiert sein sollte. Die meisten US-Experten sind sich da nicht so sicher, aber das hat China nicht davon abgehalten, Sojabohnen in der Erwartung zu kaufen, dass die Nachfrage nach Tierfutter irgendwann steigen würde.
Scoville sagte:
"Der Markt denkt, dass den USA die Sojabohnen ausgehen werden, es sei denn, die Nachfrage kann mit hohen Preisen rationiert werden. Die USA haben nicht mehr viele Sojabohnen im Land, da die meisten Produzenten bereits verkauft haben. Die Käufer reißen sich um das, was noch übrig ist."
In Brasilien, das ebenfalls stark nach China exportiert, sei die Situation nicht viel besser, sagte er. Mit einer prognostizierten Produktion von rund 136 Mio. Tonnen in den Jahren 2020/21 ist Brasilien der weltweit größte Produzent des Rohstoffs, während die Vereinigten Staaten mit einer angestrebten Menge von 113 Mio. Tonnen die Nummer zwei sind.
Scoville fügte hinzu:
"Die brasilianische Ernte hatte sich aufgrund des späten Pflanztermins verzögert. Es gab trockenes Wetter und jetzt zu viel Regen, was zu Ernteverzögerungen und auch zu einigen Qualitätsproblemen im Norden geführt hat. Die Ernteaktivitäten sind vorerst abgeschlossen und China hat hier für das nächste Jahr eingekauft und kauft hauptsächlich in Südamerika, da auch die US-Binnennachfrage stark war."
Mais im Wochenverlauf zwölf Prozent im Plus, Weizen legt um zehn Prozent zu
Die Mais-Futures steuern auf einen größeren Wochengewinn zu als Sojabohnen. Der Anstieg von zwölf Prozent ist jedoch nur der größte seit der Woche zum 9. Mai 2019. Der nächstgelegene Futures-Kontrakt selbst erreichte im Juli 2013 ein Hoch von über 6,54 Dollar pro Scheffel.
Scoville sagte, dass Mais, wie auch Sojabohnen, von chinesischen Käufern stark nachgefragt wurde.
"Es ist derzeit sehr kalt in den USA und einige kürzlich gepflanzte Maispflanzen könnten in Mitleidenschaft gezogen werden oder zumindest sehr langsam aufgehen. Es gibt auch Bedenken hinsichtlich des Produktionspotenzials für die Safrinha-Ernte in Brasilien, da die Anbaugebiete warm und trocken waren und dies wohl auch längerfristig so bleiben wird."
Weizen ist in dieser Woche um fast zehn Prozent gestiegen und hat damit den größten Zuwachs seit der Woche zum 3. Juli erzielt. Weizen erreichte in dieser Woche auch einen Höchststand von über 7,13 Dollar pro Scheffel und damit den höchsten Stand seit Oktober 2012.
"Weizen bleibt abhängig von Wetter", so Scoville. "Das Wetter bleibt zu trocken in den nördlichen Great Plains und in den kanadischen Prärien und die Landwirte haben in trockene Böden gepflanzt. Es war sehr kalt und ein gewisser Winterkill ist in den zentralen und südlichen Great Plains möglich. Die meisten Schäden durch die eisigen Temperaturen werden in Oklahoma erwartet."
Disclaimer: Barani Krishnan nutzt eine Reihe von Ansichten außerhalb seiner eigenen, um Vielfalt in seine Analyse eines Marktes zu bringen. Um neutral zu bleiben, präsentiert er manchmal konträre Ansichten und Marktvariablen. Er hält keine Position in den Rohstoffen und Wertpapieren, über die er schreibt.