Wie weit die Erwartungshaltung der professionellen Investoren auseinander liegt, verdeutlichen zwei Bloomberg-Artikel von heute: Bridgewaters Associates Gründer Ray Dalio sieht die FED-Zinsen auf mindestens 4,5% steigen, da er von einem längerfristigen Verharren der Inflationsrate weit über 2,6% ausgeht. Wegen der ökonomischen Auswirkungen geht er in diesem (für ihn optimistischsten) Fall von einem weiteren 20% Kursrückgang für den S&P 500 aus. Auf der Gegenseite hat Cathy Woods, die viel beachtete Managerin des ARK Innovation Fund, während des Nasdaq-Kurseinbruchs am Dienstag die aggressivsten Käufe seit Februar vorgenommen. Sie hatte am Montag getwittert, dass Deflation „in der Pipeline“ wäre. Sie begründete das mit dem Preiseinbruch vieler Rohstoffe seit dem Covid-Peak. Zur Seite eilte ihr Elon Musk, der zurück twitterte, dass deutlich höhere Zinsen zu Deflation führen würden. Die Inversion zwischen der Rendite der zweijährigen US-Staatsanleihen (3,82%) zu ihren 30-jährigen Pendants (3,50%) steht mit 0,32% auf dem höchsten Stand seit Jahrzehnten. Während die Kurzläufer unmittelbar von der FED beeinflusst sind, spiegeln die Langläufer die Konjunktur- und Inflationserwartungen. Auch aus dieser Ecke bekommt Cathy zumindest indirekt argumentative Unterstützung. Wobei aber natürlich nicht übersehen werden darf, welch hohe Konkurrenz (fast) 4% sichere Rendite insbesondere für Wachstumswerte darstellen. Beim S&P 500 wurde gestern eine wichtige Marke getestet: bei ca. 3910 liegt die untere Begrenzung eines Aufwärtstrends, der mit dem Tief vom 16. Juni begann. Dieser Trend, der die seitdem aufgetretenen intraday-Tiefpunkte miteinander verbindet, wurde nun zum vierten Mal touchiert. Als der Index gestern um 21:30h dort aufgesetzt hatte, setzen unmittelbar massive Käufe ein, die den S&P 5000 dann bis Handelsschluss um 1% hoch hievten. Mit anderen Worten gilt aber: diese Linie scheint wichtig zu sein und unter 3900, auch intraday, darf das US-Leitbarometer nun nicht mehr fallen, sonst droht eine Abwärtsbeschleunigung der Kurse. Heute früh bereitet mir der weitere Sprung bei den Gas-Futures Sorgen. Der wichtige Dutch TTF Gas Base Load Future legt erneut 2% zu und steht damit über 20% höher als bei seinem Interimstief vorgestern. Insgesamt wirken die Börsen weltweit erschöpft, was wohl auch den derzeitigen Zustand der Akteure beschreibt. Die großen Gravitationskräfte der Optimisten und Pessimisten, die in konträre Richtungen ziehen, neutralisieren sich momentan. Nach der großen Schlacht zwischen Bullen und Bären stehen S&P 500 und STXE 600 nun wieder ziemlich genau da, wo sie sich letzten Freitag ins Wochenende verabschiedet hatten. Keine Seite konnte Raumgewinne verbuchen, wohl aber waren beide Seiten temporärem Stress ausgesetzt. Die Marktteilnehmer warten nun auf den nächsten großen Input, der einen stärkeren Impuls auslöst. Das könnten bereits heute Nachmittag die US-Einzelhandelsumsätze sein oder aber das Auslaufen des September-Verfalltermins. Spätestens am 21.9. mit der FED-Pressekonferenz wird wieder Dynamik aufkommen. Der apano-Stimmungsindex verliert weitere 2 Punkte wegen der Schwäche der chinesischen Aktien. Freilich tendierten die in Hongkong gehandelten chinesischen Immobilienwerte fest. Sehr aufmerksam wird verfolgt werden, inwiefern das Treffen in Samarkand zwischen Xi Jinping und Wladimir Putin neue Erkenntnisse über die Rolle und Position Chinas im Zusammenhang mit der Ukraine bringen wird. Da wichtige Entscheidungen des US-Handelsministeriums zur Lieferung von Hochtechnologie an China anstehen, könnte ein zu enger Schulterschluss die Wahrscheinlichkeit äußerst stringenter Regulierungen erhöhen. Mit dem apano-Stimmungsindex berechnet apano Investments seit 2012 täglich die globale Marktstimmung und steuert damit u.a. die hauseigenen Investmentfonds „apano HI Strategie 1“ und „apano Global Systematik“.