Bisher zeigen sich die Republikaner im Kongress gegenüber Trumps Zöllen 2.0 noch weitgehend loyal. Allerdings werden erste kritische Stimmen laut. Einige republikanische Senatoren haben sich den Demokraten angeschlossen und unterstützen einen Gesetzentwurf, der die von Trump verhängten Zölle auf kanadische Importe wieder aufheben soll. Im Repräsentantenhaus dürfte dieser Vorstoß allerdings keine Mehrheit finden – und Trump selbst hat bereits klargemacht, dass er ein solches Gesetz nicht unterzeichnen würde.
An den Finanzmärkten gibt es für Trumps Zollpolitik hingegen keinen Vertrauensvorschuss. Der S&P 500 und der Nasdaq sind seit dem 1. April – also dem Tag vor dem sogenannten „Befreiungstag“ – bis zum Handelsschluss am Freitag deutlich eingebrochen, um 9,9 % bzw. 10,7 % (siehe Abb. 1 und Abb. 2 unten). Seit ihren jeweiligen Höchstständen am 19. Februar bzw. 16. Dezember notieren die beiden Indizes inzwischen 17,4 % bzw. 22,7 % im Minus.
Abbildung 1
Abbildung 2
Mit anderen Worten: Auf den „Befreiungstag“ folgten für die Börsen die „Tage der Vernichtung“.
Am Samstagmorgen hätte ich mich fast an meinem Bagel verschluckt, als ich ein CNN-Interview mit Peter Navarro hörte. Der leitende Handelsberater des Präsidenten erklärte darin, dass die Zölle vor allem der Main Street – also kleinen und mittleren Unternehmen, Verbrauchern und Dienstleistern – zugutekommen sollen, nicht der Wall Street. Ähnliche Aussagen kamen auch von anderen hochrangigen Regierungsvertretern, darunter Finanzminister Scott Bessent.
Meine Reaktion auf diese Einschätzung ist klar: Die Wall Street ist die Main Street – oder zumindest ein entscheidender Teil davon. Denn viele Menschen in der Main Street besitzen Anteile an amerikanischen Unternehmen, die durch Trumps Zölle 2.0 massiv unter Druck geraten sind.
Navarro äußerte die Hoffnung, dass der Aktienmarkt bald seinen Tiefpunkt erreichen werde – und dass sich die Erholung nicht nur auf die „Glorreichen 7“, sondern auf den gesamten S&P 493 ausweiten werde. Zudem prognostizierte er, dass der Dow Jones bis zum Ende von Trumps Amtszeit die Marke von 50.000 Punkten erreichen werde. Gleichzeitig forderte er die Medien auf, stärker auf die angeblich positiven Aspekte der Zollpolitik hinzuweisen.
Tatsächlich wurden die Medien – genau wie die Wall Street und die Main Street – von der Marktkorrektur der vergangenen Woche auf dem falschen Fuß erwischt.
Schon bald dürfte der Kongress den wachsenden Unmut aus der Wählerschaft zu spüren bekommen. Die Main Street wird kaum zögern, ihren Ärger über die spürbaren negativen Auswirkungen der Trump-Zölle auf Ersparnisse, Anlagen und Altersvorsorge zum Ausdruck zu bringen. Besonders hart könnte es Menschen treffen, die sich bereits im Ruhestand befinden oder kurz davor stehen – bei ihnen dürfte der Frust besonders groß sein.
Die Antwort der Regierung darauf ist bekannt: Kurzfristiger Schmerz soll sich langfristig auszahlen. Doch die Realität ist, dass die Amerikaner nicht gerade für ihre Geduld oder Leidensfähigkeit bekannt sind – vor allem, wenn sie den versprochenen „langfristigen Gewinn“ nicht sehen können. Der politische Druck auf die Abgeordneten im Kongress, die Zollpolitik zu überdenken, wird in den nächsten Tagen deutlich zunehmen – insbesondere, wenn die Märkte weiter nachgeben.