Das Jahr begann mit einer soliden wirtschaftlichen Grundlage, und die Finanzmärkte spiegelten die Erwartungen an ein anhaltendes Wachstum wider. Doch seit diesem optimistischen Start hat sich einiges verändert – besonders sichtbar am Auf und Ab am Bond-Markt.
Zu Jahresbeginn 2025 stieg die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen, da viele Marktteilnehmer davon ausgingen, dass die Inflation „hartnäckig“ bleiben und das Wirtschaftswachstum stabil bleiben oder sogar anziehen würde. Zwei Monate später zeigt sich ein gemischtes Bild: Während sich an den Inflationsaussichten wenig geändert hat, haben sich die Wachstumsperspektiven deutlich eingetrübt.
Die veränderten makroökonomischen Prognosen spiegeln sich in der jüngsten Rallye am Anleihemarkt und dem gleichzeitigen Rückgang der Aktienkurse wider. Die verstärkte Umschichtung in Anleihen deutet darauf hin, dass Anleger vermehrt Sicherheit suchen, während die Risikobereitschaft für Aktien abnimmt.
Das zeigt sich auch in den Kursentwicklungen verschiedener ETFs: Der US-Aktienmarkt, gemessen am SPDR S&P 500 (SPY), liegt seit Jahresbeginn mit -1,7 % im Minus. Gleichzeitig verzeichnen langlaufende US-Staatsanleihen, angeführt vom ETF TLT, ein Plus von 3,9 % – ein klares Signal dafür, dass der Bond-Markt derzeit bevorzugt wird.
Was hat sich geändert? Die Antwort lässt sich mit einem Wort zusammenfassen: Trump. Seine radikale, aber wenig systematische Einführung neuer Zölle hat die wirtschaftlichen Aussichten auf zwei Ebenen beeinflusst. Erstens erhöht die drastische Anhebung der Zölle das Risiko von Vergeltungsmaßnahmen, was die Gefahr eines globalen Handelskriegs mit sich bringt. Zweitens sorgen Trumps sich schnell ändernde und teils unvorhersehbare Vorschriften für eine wachsende Unsicherheit in den Märkten.
"Noch vor ein paar Wochen wurden wir gefragt, ob wir glauben, dass die US-Wirtschaft wieder an Fahrt aufnimmt – und jetzt hören wir plötzlich überall das R-Wort", sagte Gennadiy Goldberg, Leiter der US-Zinsstrategie bei TD Securities, und spielte damit auf das steigende Rezessionsrisiko an. "Der Markt ist von Wachstumsoptimismus in absolute Verzweiflung umgeschwenkt."
Sogar Trump selbst scheint nicht völlig auszuschließen, dass die US-Wirtschaft in eine Rezession rutschen könnte. Auf die Frage, ob ein Abschwung im Jahr 2025 denkbar sei, antwortete er am Sonntag: "Ich hasse es, solche Dinge vorherzusagen." Er betonte jedoch, dass die aktuellen Maßnahmen eine Übergangsphase mit sich brächten. "Was wir tun, ist gewaltig. Wir bringen den Wohlstand zurück nach Amerika. Das ist eine große Sache."
Fairerweise muss man sagen, dass es bislang kaum Anzeichen für eine beginnende oder unmittelbar bevorstehende Rezession gibt. Die aktuelle Ausgabe des US Business Cycle Risk Report, einer Schwesterpublikation von CapitalSpectator.com, zeigt weiterhin eine Wachstumsneigung in den Konjunkturindikatoren. Allerdings spiegeln die veröffentlichten Daten noch nicht die dramatischen politischen Veränderungen wider, die das Weiße Haus angestoßen hat. Das bedeutet: Derzeit basieren Rezessionssorgen ausschließlich auf Prognosen.
Fed-Chef Jerome Powell hält das Risiko einer deutlichen Konjunkturabschwächung für übertrieben. In einer Rede am Freitag betonte er, dass ihn die wirtschaftlichen Aussichten der USA nicht beunruhigen. "Die US-Wirtschaft ist trotz der gestiegenen Unsicherheit weiterhin in guter Verfassung. Die Stimmungswerte waren in den letzten Jahren kein verlässlicher Indikator für das Konsumwachstum."
Dennoch erwarten viele Ökonomen in den kommenden Monaten wirtschaftliche Turbulenzen. Eine aktuelle Reuters-Umfrage zeigt, dass 91 % der befragten Ökonomen davon ausgehen, dass das Rezessionsrisiko unter Trumps sprunghafter Handelspolitik weiter gestiegen ist.
"Angesichts der derzeitigen Unsicherheit und der nahezu stündlichen neuen Ankündigungen ist es schwer vorherzusagen, wie sich die Lage weiterentwickeln wird. Doch eines lässt sich kaum leugnen: Das Risiko einer Rezession ist gestiegen", sagte Jonathan Millar, Senior US Economist bei Barclays (LON:BARC) in New York. "Viele Menschen schieben ihre Ausgaben auf, was das Wachstum bremst – und wenn dieser Effekt stark genug ist, könnte er sogar zu einem Rückgang der Wirtschaftsleistung führen. Gleichzeitig droht das Risiko steigender Inflation bei gleichzeitig nachlassender Konjunktur."
Eine Wachstumsverlangsamung kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, denn die Bemühungen zur Inflationsbekämpfung haben bereits an Schwung verloren. Am Mittwoch erscheint der Verbraucherpreisbericht für Februar, der voraussichtlich zeigen wird, dass die Inflation im vergangenen Monat auf einem stabilen Niveau verharrt hat.
Die Kombination aus schwächerem Wachstum – möglicherweise sogar einer Rezession – und einer Inflation, die weiterhin über dem 2 %-Ziel der Fed liegt, hat zuletzt verstärkt Spekulationen über eine mögliche Stagflation ausgelöst.
"Das Ganze könnte schneller aus dem Ruder laufen, als viele denken", warnte Tim Mahedy, Chefökonom bei Access/Macro. "Wir sind zwar nicht auf dem Niveau der 1970er- oder 1980er-Jahre, aber das hat durchaus Anzeichen einer Stagflation oder einer Mini-Stagzession."
Die Renditen der Staatsanleihen sind der wichtigste Echtzeit-Indikator für die Markterwartungen und sollten genau beobachtet werden. Sollten die Zinssätze weiter fallen, wäre das ein klares Signal dafür, dass Anleger die Wahrscheinlichkeit einer bevorstehenden Rezession weiter nach oben setzen.
Während konkrete Wirtschaftsdaten erst mit der Veröffentlichung des März-Profils in einem Monat Klarheit bringen könnten, nehmen die Märkte ihre Wetten bereits heute vor.