Die Rohstoffmärkte erscheinen derzeit ungewöhnlich ruhig. Einige Analysten setzen bereits auf Stillhalterstrategien, um Erträge zu erzielen. Doch diese Vorgehensweise ist im aktuellen Umfeld mit ganz eigenen Risiken behaftet.
Die Rohstoffmärkte ziehen aufgrund ihrer Gewinnpotenziale zunehmend institutionelle Investoren an, die von Volatilität, Fragmentierung und Arbitragemöglichkeiten profitieren möchten. Kurzfristig scheinen viele Marktteilnehmer jedoch von einer rückläufigen Volatilität im Rohstoffsektor auszugehen und sich entsprechend zu positionieren.
"Kein dynamisches Jahr für Rohstoffe"
Bloomberg zitiert Jo Harmendjian, Portfoliomanager bei der Tiberius Group AG. Harmendijan sieht für Rohstoffe "kein dynamisches Jahr". "Das Einzige, womit man Geld verdienen kann, ist, Strukturen zu finden, mit denen man Geld verdienen kann, wenn nichts passiert, ein Carry-Trade, der durch kluges Verkaufen von Volumina entsteht."
Um von rückläufiger Volatilität zu profitieren, können Rohstoffhändler Shortpositionen am Optionsmarkt eröffnen. Dabei werden Optionen gegen eine Prämie verkauft. Bleiben die Märkte ruhig, verfällt die Option und der Verkäufer kann die Prämie vereinnahmen.
Diese Vorgehensweise ist jedoch mit Risiken verbunden. Kommt Bewegung in die Märkte, häufen sich rasch Verluste an. Anlässe für wieder zunehmende Schwankungen gibt es im derzeitigen Umfeld genug. Der Ukrainekrieg dauert unvermindert an, im Roten Meer drohen durch Angriffe der Houthi-Rebellen nach wie vor logistische Engpässe. In diesem Jahr stehen zudem wichtige Wahlen an, allen voran die Präsidentschaftswahl in den USA im November.
Wie schnell die vermeintliche Ruhe enden kann, zeigte zuletzt der Kupferpreis, der in dieser Woche ein 11-Monats-Hoch markierte und insbesondere in den letzten zwei Wochen deutlich zulegte. Wurden am 11. März an der LME für den 3-Monats-Kontrakt noch 8.620 USD gezahlt, waren es eine Woche später bereits 9.083 USD. Ursächlich sind u.a. Bedenken hinsichtlich möglicher Angebotsrisiken. An der Shanghai Futures Exchange stieg die Zahl der offenen Kontrakte auf mehr als 500.000 und damit ein Rekordhoch.
Tatsächlich zeigt auch ein Blick auf den Volatilitätsmonitor der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), dass die Volatilität bei den meisten Rohstoffen zuletzt zurückging.
Der Volatilitätsmonitor untersucht insgesamt 71 Rohstoffe und vergleicht deren Preisvolatilität im Zeitraum von März 2023 bis Februar 2024 mit der Volatilität im Zeitraum von Januar 2019 bis Dezember 2023.
Volatilitätsmonitor: Bei welchen Rohstoffen stieg die Volatilität zuletzt?
Sehr ausgeprägt war der Rückgang der Volatilität etwa bei Erdöl (bei Brent ging die Schwankungsintensität von 50,9 % im älteren auf 24,0 % im jüngeren Betrachtungszeitraum zurück. Bei Nickel kam es zu einem Rückgang von 29,6 % auf 14,2 %. Auch Gold, Kupfer, Kobalt, Mangan, Zinn und Zink verzeichneten eine Beruhigung.
Für Lithium weist der Bericht für den jüngeren Betrachtungszeitraum eine Volatilität von 53,7 % aus. Einen Vergleichswert aus dem älteren Betrachtungszeitraum gibt es aber nicht. Im Hinblick auf die künftige Preisentwicklung hatte hier zuletzt u.a. Rio Tinto (LON:RIO) die Erwartung hoher Volatilität geäußert. Albemarle (NYSE:ALB) hält die Lithiumpreise auf dem derzeitigen Niveau für nicht dauerhaft tragfähig.
Nur bei sehr wenigen Rohstoffen, für die Werte für beide Zeiträume ausgewiesen werden, lag die Volatilität im jüngeren Betrachtungszeitraum höher:
- Gallium
- Graphit
- Kadmium
- Molybdän
- Niob
- Phosphat
- Rhodium
- Cerium (Seltene Erden)
- Dysprosium (Seltene Erden)
- Lanthanum (Seltene Erden, nur Oxid)
- Praseodym (Seltene Erden)
- Terbium (Seltene Erden)
- Tantal
- Tellur