Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,1288 (06:33 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,1266 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 108,02. In der Folge notiert EUR-JPY bei 121,96. EUR-CHF oszilliert bei 1,0818.
Weltbank mit tiefschwarzer Prognose
Die Weltbank setzte gestern negative Akzente mit der Veröffentlichung der aktualisierten Prognosen für das Welt-BIP. Die neue Prognose der Weltbank für das globale BIP liegt per 2020 bei -5,2%. Im Januar sah man noch ein Wachstum in Höhe von 2,5%. Für die Industrieländer soll es um 7% abwärts gehen (USA -6,1%, Eurozone -9,1%). In den Schwellenländern wird ein Rückgang um 2,5% unterstellt (Brasilien -8,0%, Indien -3,2%, China +1,0%).
Wir nehmen diese Prognosen zur Kenntnis. Es ist weise, in Extremsituationen den Moment nicht als Basis von Prognosen zu nutzen. Auch kommt bei den Prognosen aus den Elfenbeintürmen der angewandten volkswirtschaftlichen Lehre völlig zu kurz, dass sich die Qualität dieser Rezession, da sie administrativ verfügt wurde, völlig von den Rezessionen der bisherigen Historie unterscheidet. Was bedeutet das für die Aufschwung-Phase im Rahmen der Lockerungen?
Wir beteiligen uns weiter nicht am Wettlauf der Prognosen, sondern konstatieren, dass der Tiefpunkt der konjunkturellen Anpassung mit höchster Wahrscheinlichkeit im April 2020 lag. Im weiteren Verlauf des Jahres 2020 (Richtung 4. Quartal) wird sich das Welt-BIP zum Grundrauschen des durchschnittlichen Wachstums des Welt-BIP (annualisiert 2,8% - 3,0%) entwickeln und 2021 steht dynamisches Wachstum ins Haus.
Dieses Wachstum 2021 basiert auf dem Grundrauschen des Welt-BIP Wachstums von 2,8% - 3,0%. Zusätzlich ergeben sich Effekte aus Aufholprozessen aus dem Jahr 2020 im Sektor Produktion. Auch höhere Lagerhaltung als Folgen der Erfahrungen der Corona-Krise wird Wachstumsimpulse liefern (kurzfristiger Impuls). Das gilt auch für die Neuausrichtung der Globalisierung. Westliche Standorte werden von Reallokation der Produktionsstandorte profitieren (mittel- und langfristiger Impuls). Darüber hinaus werden die global veranlassten Konjunkturpakete einen homogenen Wachstumsschub investiver Natur mit sich bringen (mittelfristig).
Entscheidend ist häufig nicht nur ein solitär quantitativer Blick auf das Zahlenwerk, sondern eine Analyse der Qualitäten und Strukturen der aktuellen, aber wesentlicher der zukünftigen Katalysatoren der Weltwirtschaft. Damit kann Emotionalität in der Beurteilung häufig vermindert werden (Aristoteles).
EZB-Präsidentin Lagarde sachlich
EZB-Präsidentin Lagarde sagte gestern in ihrer Videoschaltung zum Wirtschafts- und Währungsausschusses des Europaparlaments in Richtung des Bundes-verfassungsgerichts in Karlsruhe, dass die EZB zielgerichtet, vorübergehend und verhältnismäßig handele. Diese Ausführungen bestechen grundsätzlich durch Sachlichkeit. Die EZB-Maßnahmen sind zielgerichtet, weil sie Stabilität im Innen- aber auch im Außenverhältnis forcierten und forcieren. Diese Stabilität ist nachweisbar und essentiell, um Preisstabilität (Mandat der EZB) dauerhaft zu gewährleisten.
Die Maßnahmen sind hinsichtlich der Wirkungsweisen fraglos verhältnismäßig. Das lässt sich an den Makro- aber auch an Strukturdaten in der Phase 2012 - 2019 ablesen. Sie sind auch verhältnismäßig im internationalen Interventionsvergleich der Zentralbanken. Anders ausgedrückt, was würde passieren oder was wäre passiert, wenn die EZB nichts tun würde oder nichts getan hätte? Ergäbe sich dann nicht ein massiver komparativer Nachteil für den Währungsraum und die Menschen der Eurozone?
Das Thema "vorübergehend" sehen wir kritischer. Wir bewegen uns seit 2012 im Umfeld der Extremmaßnahmen. Wir können derzeit kein Ende erkennen. Offensichtlich unterlegt die EZB diesbezüglich einen historischen Kontext. Aber es gibt auch faktische internationale Zwänge, die nicht zu unterschätzen sind.
Frau Lagarde betonte, dass die EZB innerhalb ihres Mandats agiere. Außergewöhnliche Zeiten würden außerordentliche Maßnahmen erfordern. Dem ist zuzustimmen. Hinsichtlich der Komplexität der Beziehungen zwischen Real- und Finanzökonomie mit binnenwirtschaftlichen Preismechanismen und der Verwobenheit mit der internationalen Ökonomie und damit außenwirtschaftlichen Preismechanismen ist die Politik der EZB nicht anfechtbar.
Deutschland, Europa, die Welt als auch die Wirtschafts- und Finanzarchitektur haben sich im Laufe der letzten 25 Jahre strukturell massiv verändert. Die aktuellen Realitäten sind nicht vergleichbar mit den Realitäten der Vergangenheit, der so manch Deutscher selbst in Gerichten nachtrauert. Deswegen können die Rezepte von gestern bestenfalls partiell die Rezepte von heute und morgen sein.
Aktuelle Corona-Lage gemäß der Johns-Hopkins-Universität:
Wir weisen darauf hin, dass die Darstellung der Johns-Hopkins-Universität lediglich eine Annäherung an die reale Lage liefert. Die Datenqualität erodiert leider täglich. Grundaussagen lassen sich dennoch grob ableiten.
Das Thema der Exit-Strategien aus den Extremmaßnahmen bestimmt das Bild. Das gilt vor allen für die Länder, in denen sich Entspannungen ergeben. Es gilt aber auch für Länder, die noch von Verspannung geprägt sind. Zwischen den Zeilen wird daran deutlich, dass das Risikopotential von Covid-19 seitens der Politik als weniger dramatisch eingestuft wird.
In Asien setzt sich die Entspannung (und die wirtschaftliche Erholung) fort. In China liegen 113 akute Infektionen vor. In Südkorea stellt sich die Zahl auf 989. In Japan liegt sie bei 1.097. In Singapur sind es 12.903.
In Kontinentaleuropa ist die Lage stabil. Einige Länder liefern keine aktuellen Genesungszahlen laut Johns-Hopkins, so dass wir uns hier nur auf die Länder fokussieren, die ihren Aufgaben nachkommen. In Deutschland liegt die Zahl der akuten Infektionen bei 7.858. Österreich liegt bei 457 Fällen. Die Schweiz bringt es auf 349. In Italien sind es noch 34.730. Irritierend sind die Genesungszahlen aus den Niederlanden (181!), Belgien, Spanien, Frankreich und Schweden (0!).
Die Problemländer sind weiter die USA (1.331.656), das UK (246.899), Brasilien (liefern nur noch partiell Daten) und Russland (239.854).
Datenpotpourri der letzten 72 Handelsstunden:
Eurozone: Daten per April (Tiefpunkt) schwächer als erwartet
Die deutsche Industrieproduktion sank per April im Monatsvergleich um 17,9% (Prognose -16,0%) nach zuvor -9,2%. Damit sollte der Tiefpunkt der konjunkturellen Talfahrt in der Produktion im Rahmen der administrierten Rezession markiert sein. Die deutsche Handelsbilanz wies per April einen Überschuss in Höhe von 3,2 Mrd. Euro nach zuvor 12,8 Mrd. Euro aus. Exporte brachen um 24,0% nach zuvor -11,7% ein, während sich Importe um 16,5% nach zuvor -5,0% verringerten. Der Sentix-Index stieg per Berichtsmonat Juni von zuvor -41,8 auf -24,8 Punkte (Prognose -22,5) und markierte damit den höchsten Stand seit März 2020.
UK: Starke Einzelhandelsumsätze
Die vom BRC ermittelten Einzelhandelsumsätze stiegen per Berichtsmonat Mai um 7,9% im Jahresvergleich nach zuvor 5,7%.
Schweiz: Arbeitsmarkt widerstandsfähig
Die Arbeitslosenrate legte per Berichtsmonat Mai von zuvor 3,3% auf 3,4% (Prognose 3,5%) zu.
USA: Zarte Stabilisierung am US-Arbeitsmarkt
Der Index der Beschäftigungstrends legte per Berichtsmonat Mai von zuvor 42,53 (revidiert von 43,40, Tiefstwert seit 02/1983) auf 46,28 Punkte zu.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.0620 - 50 neutralisiert den positiven Bias des Euros.
Bleiben Sie gesund, viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Solvecon Invest GmbH
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