von Jesse Cohen
Das englische Original des Artikels "How Will Markets React To Trump's Fed Chair Decision?" erschien am Mittwoch, dem 25. Oktober 2017 auf investing.com.
Es wird inzwischen weitgehend davon ausgegangen, dass die Federal Reserve Bank im Dezember zum dritten Mal in diesem Jahr ihre Zinssätze anheben wird. Die Marktteilnehmer spekulieren daher eher darüber, wer Janet Yellen als der nächste Vorsitzende folgen wird, wenn ihre Amtszeit im Februar zu Ende geht. US-Präsident Donald Trump hat fünf Kandidaten zur Auswahl: Wirtschaftswissenschaftler der Stanford-Universität John Taylor, amtierender Fed-Direktor Jerome Powell, amtierende Fed-Vorsitzende Janet Yellen, Wirtschaftsberater Donald Trumps Gary Cohn und ehemaliger Fed-Direktor Kevin Warsh. Die ersten drei scheinen jedoch aktuell vorne zu liegen, während die Chancen von Cohn und Warsh in den letzten Tagen geringer geworden sind.
Tatsächlich scheinen sich zunehmend Powell und Taylor als mögliche Nachfolger zu kristallisieren, was auch von Trump in der vergangenen Woche bestätigt wurde. In diesem Szenario würde einer der Kandidaten Yellens Nachfolge als Vorsitzender übernehmen, während der andere als Vize-Chef auf den am Anfang des Monats von Stanley Fisher geräumten Posten eingesetzt wird.
Und als hätten die Märkte nicht bereits mit genug Unsicherheit zu kämpfen, führte Trump eine informelle Umfrage unter den Senatsrepublikanern durch, wen diese bevorzugen würden. Tom Scott von South Carolina zufolge lag Taylor vorne, aber Trump hätte dennoch keinen Gewinner verkündet. Andere waren sich nicht so sicher: „Es war nicht klar, in welche Richtung er gehen würde,“ so John Kennedy, Junior Senator aus Louisiana.
Doch für wen sich auch Trump letztendlich entscheiden wird, die Aktien-, Anleihe- und Devisenmärkte dürften auf jeden Fall eine starke Reaktion zeigen. Es folgt die Darstellung einer wahrscheinlichen Marktreaktion auf die Nominierung als Fed-Vorsitzender, angefangen beim hawkishsten Ergebnis bis hin zum dovishsten.
John Taylor
Der 70-jährige Wirtschaftswissenschaftler ist Senior Fellow an der Hoover Institution der Universität Stanford.
Von 2001 bis 2005 war Taylor Staatssekretär für internationale Angelegenheiten unter George W. Bush und Mitglied des Wirtschaftsrates unter den Präsidenten Jimmy Carter und George H. W. Bush.
Taylor gilt als Befürworter der regelbasierten Geldpolitik, die von Zentralbanken als Richtlinie für das Festlegen von Leitzinsen genutzt wird, um sowohl kurzfristige Wirtschaftswachstumsziele als auch langfristige Preisstabilität zu erreichen. Dieser, auch als „Taylor-Regel“ bekannten Formel zufolge sollte die Fed Funds Rate zwischen 3,75 und 4 Prozent liegen. Das aktuelle Ziel liegt bei 1 bis 1,25 Prozent.
Unter den Marktbeobachtern gilt John Taylor daher als der hawkishste Kandidat und seine Nominierung könnte eine Ära der Zinsanhebungen und der schnellen Reduzierung der Fed-Bilanzsumme einleiten.
Wahrscheinliche Marktreaktion
Sollte die Wahl auf Taylor fallen, dürfte die Reakton am deutlichsten am Bondmarkt ausfallen. Nach einem extremen Ausverkauf der Anleihen würden die Renditen nach oben schießen, da Händler dazu übergehen würden, schnelleren Zinsanstieg einzupreisen.
Der Ausverkauf am Bondmarkt würde stark auf die Risikobereitschaft drücken und die Nachfrage nach Aktien hemmen, was zu einer erheblichen Korrektur der Leitindizes an der Wall Street führen würde. Taylors Nominierung würde den US-Dollar fördern, da die Fed Funds Rate unter seinem Vorsitz viel höher liegen würde.
Kevin Warsh
Der 47-jährige Warsh kann sowohl Erfahrungen an der Wall Street als auch in der Regierung vorweisen. Von 2006 bis 2011 hatte er das Amt des Fed-Direktors inne. Davor diente er von 2002 bis 2006 als Wirtschaftsberater für Präsident George W. Bush. Zwischen 1995 und 2002 war er als Anwalt für Spaltungen und Übernahmen bei Morgan Stanley tätig.
Warsh gilt als hawkish und sagte bereits, dass die Fed ihre Inflationsvorgabe senken und eine Inflation zwischen einem und zwei Prozent anstreben sollte. Er verließ die Fed im Jahr 2011, da er mit der Entscheidung der Zentralbank, eine zweite Runde von quantitativen Lockerungen durchzuführen, nicht einverstanden war. Im Falle einer neuen Krise dürfte Warsh als Fed-Chef eher nicht zu außerordentlichen Maßnahmen greifen.
Wahrscheinliche Marktreaktion
Die hawkishen Ansichten von Kevin Warsh dürften eine kurzfristige Spitze bei den Treasury-Renditen und beim Dollarkurs auslösen. Die Reaktion unter Aktienhändlern dürfte etwas negativ sein, da Anleger mit schnelleren Zinsanhebungen, wenn auch bis zu einem tieferen Endpunkt, rechnen müssen.
Gary Cohn
Gegenwärtig hat Cohn den Posten als Direktor des nationalen Wirtschaftsrates inne. Er ist ehemaliger Präsident der Investmentbank Goldman Sachs, bei der er zwischen 2006 und 2017 tätig war.
Sein aktueller Posten gibt wenig Anlass, sich zur Geldpolitik zu äußern, doch in der Vergangenheit äußerte er Bedenken, dass die Fed durch die Politik anderer Zentralbanken, die ihre Währungen schwach halten möchten, „eingeschränkt“ sei. Er dürfte die aktuelle Geldpolitik unter leicht hawkishen Vorzeichen fortsetzen.
Wahrscheinliche Marktreaktion
Eine Nominierung des Marktfreundes Cohn dürfte an der Wall Street positiv aufgenommen werden. Am Bondmarkt würde sich die Lücke zwischen der Rendite für kurz- und langfristige Schuldverschreibungen aufgrund steigender Inflationserwartungen verkleinern, was auch den Dollar fördern würde.
Jerome Powell
Der 64-jährige Powell hat seit 2012 das Amt des Fed-Direktors inne, an den er von Präsident Barack Obama berufen wurde. Für die Republikanische Partei gilt er weitgehend als Alternative zu einer erneuten Nominierung Janet Yellens.
Vor seiner Zeit bei der Fed war Powell an leitender Stelle im Finanzministerium unter George H. W. Bush tätig. Von 1997 bis 2005 war er Partner bei der Private-Equity-Firma Carlyle Group tätig.
Seit seinem Amtsantritt im Jahr 2012 bestätigte Powell mit seinen Abstimmungen stets die Geldpolitik Janet Yellens und unterstützt die schrittweise Anhebung der Zinssätze, solange die Wirtschaft wächst und von einem Anstieg der Inflation ausgegangen werden kann.
Powell dürfte auch nicht davor zurückschrecken, den aktuellen Fed-Plan zur Reduzierung der eigenen Bilanzsumme von 4,5 Billionen US-Dollar zu verwerfen, sollten sich die Markt- oder Wirtschaftsprognosen ändern.
An der Wall Street gilt er als regulierungsfreundlich und sprach sich dafür aus, einige Aspekte des Dodd-Frank-Gesetzes zu lockern und eine Revision der Volcker-Regel zu erwägen.
Powell gilt, abgesehen von Yellen, als der am wenigsten hawkishe Kandidat im Vergleich zu den anderen Kandidaten auf der Liste.
Wahrscheinliche Marktreaktion
Powells Nominierung dürfte die Märkte wahrscheinlich nicht erschüttern, da er als eine sichere Wahl gilt, der weitgehend an der aktuellen Fed-Politik festhalten würde.
Die Käufer würden verstärkt Aktien und Staatsanleihen kaufen, der Dollarkurs würde gedrückt.
Janet Yellen
Die 71-jährige Fed-Chefin übernahm den Posten im Jahr 2014 von Ben Bernanke. Davor diente sie als Fed-Direktorin, Präsidentin der San Francisco Fed und Vize-Vorsitzende der Fed von 2010 bis 2014.
Unter der Leitung von Yellen begann die Fed damit, ab 2015 langsam ihre Leitzinsen anzuheben, die im Jahr 2008 im Zuge der Finanzkrise gesenkt worden waren. Vor Kurzem wurde auch die Entscheidung verkündet, mit der Reduzierung der 4,5 Billionen US-Dollar hohen Bilanzsumme zu beginnen. Yellen versucht, starke Marktreaktionen zu vermeiden, indem sie die Märkte auf alle bevorstehenden Entscheidungen lange im Voraus vorbereitet.
Wahrscheinliche Marktreaktion
Eine Nominierung Yellens wäre offensichtlich die marktfreundlichste Reaktion, da Händler und Anleger bereits mit ihrer Arbeitsweise vertraut sind.
Wann wird Trump seine Wahl bekannt geben?
Angaben von Personen, die mit der Sache vertraut sind, dürfte Trump seine Entscheidung „sehr bald“ bekannt geben. Am Montag sagte er, die Entscheidung stünde „kurz bevor“. Es wird davon ausgegangen, dass die Bekanntgabe vor dem 3. November erfolgen wird, bevor der Präsident zu seiner Asienreise aufbricht.
PredictIt, einem Prognosemarkt für politische und finanzielle Ereignisse, zufolge liegt Powell vorne, Taylor und Yellen knapp dahinter.
Ungeachtet des Ausgangs werden die Aktien-, Anleihen- und Devisenhändler alle Hände voll damit zu tun haben, das Ergebnis zu handicapen und in den Tagen vor der Entscheidung Positionen zu beziehen, um die Vorteile der volatilen Preisschwankungen nutzen zu können.