In den letzten drei Jahren hat der Flugzeug- und Rüstungsriese Boeing (NYSE:BA) eine lange und schwierige Genesung durchgemacht, nachdem seine Glaubwürdigkeit einen schweren Schlag erlitten hatte. Die neuesten Quartalsergebnisse des Unternehmens machten am Mittwoch allerdings klar, dass der US-Industriegigant noch viele Hürden zu meistern hat, bis er seine Probleme für gelöst erklären kann.
Obwohl Boeing von der Nachfrage nach seiner 737 MAX und seinen Frachtflugzeugen Rückenwind bekam, hat das Unternehmen auch im dritten Quartal einen Verlust erlitten, hauptsächlich aufgrund von Produktionsproblemen beim 787 Dreamliner, wie es den Investoren auf einer Telefonkonferenz mitteilte. Und das, obwohl Boeing in diesem Jahr mehr Jets verkauft hat als der Rivale Airbus (PA:AIR) (OTC:EADSY)
Der bereinigte Verlust von 0,60 US-Dollar pro Aktie und der Umsatz von 15,3 Milliarden US-Dollar blieben beide hinter dem Durchschnitt der Schätzungen zurück. Obwohl der in Chicago ansässige Flugzeughersteller viel weniger Geld verbrannte, als die Wall Street erwartet hatte, kam dies vor allem durch eine Steuerrückerstattung in Höhe von 1,3 Milliarden US-Dollar im Quartal zustande.
Die größten Negativbeiträge zum Ergebnis kamen von einer bilanziellen Sonderbelastung in Höhe von 185 Millionen US-Dollar durch die jüngste Verzögerung bei der Starliner-Raumkapsel und 183 Millionen US-Dollar an Kosten für die unterbrochene Produktion des 787 Dreamliners. Der Flugzeughersteller rechnet damit, dass ihn die Probleme mit seinem Vorzeige-Großraumjet rund eine Milliarde US-Dollar kosten werden.
Boeings CEO David Calhoun sagte in einer Erklärung:
„Wir treiben die Stabilität in allen unseren Betrieben voran. Die Nachfrage auf dem kommerziellen Markt gewinnt weiter an Zugkraft, dank der breiten Verteilung von Impfstoffen und der Öffnung der Grenzen. In Zukunft werden die Kapazitäten der Lieferkette und der Welthandel die Hauptantriebskräfte unserer Branche und der Erholung der Gesamtwirtschaft sein.“
Die Anleger sind jedoch noch nicht davon überzeugt, dass das Unternehmen seine Probleme, die nach den zwei tödlichen Abstürzen seines Flaggschiffs 737 MAX innerhalb von sechs Monaten begannen, bald überwinden kann.
Boeing bleibt Nachzügler
Trotz einer starken Erholung von dem Markteinbruch im März 2020 ist die BA-Aktie in diesem Jahr um 4% gefallen und bleibt damit massiv hinter dem Dow Jones Industrial Average zurück, der in diesem Zeitraum um 16% gestiegen ist. Der gestrige Schlusskurs von 207,79 US-Dollar, lag immer noch mehr als 50% unter dem Allzeithoch von Anfang 2019.
China bleibt eines der größten Risiken für Boeing. Die angespannten Handelsbeziehungen zwischen den USA und China haben den Verkauf auf dem weltweit größten Wachstumsmarkt für Jets eingeschränkt, von dem der Flugzeughersteller seit 2017 keine neuen Bestellungen mehr bekommen hat. Außerdem hat China das Verbot der MAX 737 noch nicht aufgehoben, was den Markt über seine Absichten rätseln lässt.
In seiner neuesten Analyse schrieb Bloomberg:
„China hat die Rückkehr der 737 Max von Boeing Co. immer noch nicht zugelassen. Aber der Flugzeugbauer weicht nicht von seinem Ziel einer aggressiven Produktionssteigerung ab Anfang 2022 ab. Weiß das Unternehmen etwas, was wir anderen nicht wissen, oder ist es einfach waghalsig?“
Boeing bekräftigte am Mittwoch, dass es plant, die Produktion von jetzt 19 bis Anfang 2022 auf 31 MAX-Jets pro Monat zu erhöhen. Das Unternehmen hat etwa 370 Flugzeuge des Typs auf Lager und sagte, die „überwältigende Mehrheit“ habe bereits neue Eigentümer und wenn seine Prognosen für China halten, werde es die meisten bis Ende 2023 ausliefern.
Nach dem Quartalsergebnis wiederholte Goldman Sachs seine Kaufempfehlung für die Boeing-Aktie. In der Kundenmitteilung hieß es:
“Wir glauben, dass Boeing in den nächsten Monaten mit hoher Wahrscheinlichkeit Folgendes sieht: (1) die Genehmigung der FAA [US-Flugaufsicht] zur Wiederaufnahme der 787-Auslieferungen, (2) die behördliche Zulassung der 737 MAX in China, (3) eine Beschleunigung des internationalen Reise- und Geschäftsreiseverkehrs. Diese Katalysatoren sollten es dem Markt ermöglichen, auf die normalisierte Gewinn- und Cashflow-Kraft zu achten und Überhänge zu beseitigen, von denen uns Investoren regelmäßig sagen, dass sie aus dem Weg geräumt sein müssen, bevor sie die Aktie kaufen würden.“
Fazit
Der aktuelle Boeing-Quartalsbericht zeigt, dass der Flugzeugbauer seine finanzielle Lage allmählich verbessert und sich in einer besseren Position befindet als noch vor zwei Jahren. Für diejenigen, die einen langen Atem haben, bleibt die Aktie eine langfristige Turnaround-Wette, schließlich steht hinter China noch ein großes Fragezeichen und die Erholung im internationalen Reiseverkehr ist noch schwach.