Investing.com - Weitere wirtschaftliche Hiobsbotschaften aus den USA lassen den Goldpreis wieder in die Höhe schnellen. Der Zustand der US-Konjunktur kann derzeit nur als kritisch beschrieben werden. Das lässt die Risikoaversion steigen und die Zinsen weiter in den Keller sausen. Aussicht auf Besserung gibt es so schnell nicht, weshalb Gold andere Anlageklassen längerfristig weiter outperformen dürfte. Das geht aus dem vierteljährlichen Prognoseberichte des in Singapur ansässigen Kreditinstituts UOB hervor. Kurzfristig mahnen die Analysten jedoch zur Vorsicht.
Das Research-Team der UOB sieht vier Gründe, warum der Goldpreis bis ins dritte Quartal 2020 auf 1.650 Dollar steigen kann.
Zum einen steige die Erwartung, dass die US-Notenbank Fed ihre Zinsen weiter senken werde, was dafür sorgen werde, dass die Renditen langfristiger Staatsanleihen weiter zurückgehen. "Sowohl der erste als als auch der zweite Grund bedeuten niedrigere Opportunitätskosten für das Halten von Gold", erklärte das Research-Team der UOB.
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Nach schwachen US-Daten aus dem Industrie- und Dienstleistungssektor sind die Wahrscheinlichkeiten für weitere Fed-Zinssenkungen bis Jahresende deutlich gestiegen. Die Anleger sehen eine Wahrscheinlichkeit von knapp 90 Prozent für einen Zinsschritt der US-Notenbank in drei Wochen und setzen auf eine weitere Senkung im Dezember, wie aus dem von Investing.com entwickelten FedWatch-Tool hervorgeht.
Die wachsenden Konjunktursorgen spiegeln sich am US-Anleihemarkt wieder. So ist die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen gestern mit 1,509 Prozent auf den tiefsten Stand seit Anfang September gefallen. Gleiches gilt für das Dreißigjahrespapier, das sich nur noch knapp oberhalb der 2 Prozent-Marke halten kann.
Das Zusammenspiel zwischen expansiver Geldpolitik und niedrigen Zinsen dürfte über kurz oder lang die Inflation antreiben, was die Realzinsen weiter in den Keller fallen lässt - ein Umfeld, das wie gemacht für einen steigenden Goldpreis ist.
Erste Beweise für einen wachsenden Inflationsdruck gaben zuletzt auch die vom Institute for Supply Management (ISM) herausgegebenen Einkaufsmanagerindizes. Während sich die Teilindizes Beschäftigung, Auftragseingang, Geschäftstätigkeit auf Talfahrt befinden, steigt die Preiskomponente. Dies könnte sich mit den im Dezember anstehenden US-Zöllen auf chinesische Waren, die vor allem den Konsumenten treffen, noch verstärken.
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Als dritten Grund für weiter steigende Goldpreise sieht UOB die wachsende Goldnachfrage der Zentralbanken aus den Schwellenländern sowie aus Asien, die ihre Devisenreserven zunehmend in Gold umschichten, um sich unabhängiger vom Dollar zu machen.
Aus der Central Bank Gold Reserves Survey (CBGR) des World Gold Council (WGC) im Juli ging hervor, dass die Zentralbanken kurz- und mittelfristig weiterhin eine robuste Goldnachfrage aufweisen. 11 Prozent der befragten Zentralbanken aus Schwellen- und Entwicklungsländer gaben an, ihre Goldreserven in den nächsten 12 Monaten zu erhöhen. Als Hauptmotiv für das Halten von Gold gaben 39 Prozent der Zentralbanken von Schwellenländern an, dass sie Änderungen im internationalen Währungssystem erwarten.
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Als vierten und letzten Grund, der für einen steigenden Goldpreis spricht, sieht UOB die zahlreichen politischen und wirtschaftlichen Krisen in der Welt, wie z.B. die US-Handelskriege mit China und Europa, die Spannungen im Nahen Osten und den Brexit. Das erhöhe die Nachfrage nach sicheren Anlagehäfen wie Gold, schreiben die Experten.
Allerdings gibt es kurzfristig auch Risiken, die die Gold-Rallye auf die Probe stellen könnten. So sei die kumulierte Netto-Longposition in Richtung neuer Rekordhochs gestiegen. "Dies erhöht die Anfälligkeit für Gewinnmitnahmen, wenn einer der oben genannten positiven Treiber wegbricht. Solange die positiven Treiber jedoch stark und intakt bleiben, kann eine so große Netto-Longposition über einen längeren Zeitraum auf extremen Niveaus bleiben", erklärte UOB.
Doch Anleger, die jetzt noch auf den fahrenden Zug aufspringen wollen, sollten ihr Einstiegsniveau besonnen wählen, mahnt das in Singapur ansässige Kreditinstitut.
UOB sieht den Goldpreis bis Jahresende bei 1.550 Dollar je Feinunze. Im ersten Quartal 2020 erwarten sie das gelbe Metall bei 1.600 Dollar je Feinunze und im zweiten und dritten Quartal 2020 bei 1.650 Dollar.
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von Robert Zach