Investing.com - Trotz positiver Meldungen von chinesischer Seite im Handelsstreit hat sich der Goldpreis am Dienstag leicht erholt. Falllende Anleiherenditen und ein etwas schwächerer US-Dollar wirken aktuell stützend, während die von Rekordhoch zu Rekordhoch eilende Wall Street bremst.
Spot-Gold verteuerte sich am Dienstag um 0,60 Dollar oder 0,04 Prozent auf 1.455,55 Dollar. Das Einwochentief wurde bei 1.451,74 Dollar markiert.
Der an der COMEX gehandelte Gold-Future zur Lieferung im Dezember ist dagegen 1,65 Dollar oder 0,11 Prozent auf 1.462,15 Dollar je Feinunze gefallen.
"Das Scheitern der jüngsten Rallye, den Widerstandsbereich bei 1474/1480 Dollar zu überspringen, belastet nun den Gold-Markt", erklärte Richard Perry, Marktanalyst beim Broker Hantec Markets in einer Notiz.
"Der Abwärtsdruck nimmt zu, da der Goldpreis erneut im Minus schloss und die bärische Candlestick gestern unter der Unterstützung bei 1456 Dollar schloss, so dass die Tür in Richtung der November bei 1.445 Dollar wieder offen steht", sagte er. Ein Preisverfall auf 1.400 Dollar schließt Perry nicht aus.
Positive Signale im Handelsstreit haben zuletzt den Risikoappetit der Anleger erhöht und die Wall Street auf neue Rekordhochs geschoben. Alle, Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq, erreichten gestern neue Rekordhochs. Dampf hat vor allem der Smallcap Russell 2000 gemacht, der um gut 2 Prozent zulegte und aus seiner mehrmonatigen Range nach oben ausbrach. Das belastete den Goldpreis.
"Perfekt kann man dieser Tage eine Korrelation zwischen Gold und Aktien herstellen“, sagte Claudio Kummerfeld von finanzmarktwelt. Es sei derzeit "ein perfektes Umfeld für Trader, die sich auf Risk On Risk Off Trading fokussieren. Steigt vor allem wegen dem Handelskrieg die Hoffnung auf eine Entspannung der Lage, und die Anleger wollen mehr Risiko eingehen, kaufen sie Aktien, und verkaufen Gold – und umgekehrt", erklärte der Experte.
Die USA und China arbeiten weiterhin an einem Teilhandelsdeal, um den langanhaltenden Handelskrieg zu beenden. Der chinesische Vizepremier Liu He, der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer und der US-Finanzminister Steven Mnuchin haben am Dienstag ein Telefongespräch in Bezug auf das Phase Ein-Abkommen geführt und haben sich auf weitere Gespräche verständigt, um die noch offenen Fragen zu klären.
Trumps Beraterin Kellyanne Conway sagte vor Kurzem: "Wir sind ganz nah dran", aber es gebe weiterhin drei Knackpunkte. "Wir verhandeln weiter. Aber diese erzwungenen Technologietransfers, der Diebstahl von geistigem Eigentum, das Ungleichgewicht im Handel von einer halben Billion Dollar pro Jahr mit der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, China - das macht für die Menschen keinen Sinn."
Peter Grant, VP und Marktanalyst bei Zaner Metals LLC und Tornado Precious Metals Solutions, führte den Rückgang der chinesischen Goldimporte als Grund für den schwächelnden Goldpreis ins Feld. "Tatsächlich sind die chinesischen Importe von Gold zu nicht-monetären Zwecken in den ersten 10 Monaten gegenüber dem Vorjahr um 41% zurückgegangen", erklärte er. "Der Dezember-Goldkontrakt nähert sich jedoch einer verlässlichen Chartunterstützung bei gut 1450 Dollar, und einige Edelmetallhändler könnten genau hier an einem Test zuschlagen".
Derweil sehen die Analysten von Goldman Sachs (NYSE:GS) den Goldpreis im kommenden Jahr bis auf 1.600 Dollar je Feinunze steigen. Der Silberpreis dürfte auf 18 Dollar klettern.
Unterdessen sagte Fed-Chef Jerome Powell bei seinem gestrigen Auftritt in Bezug auf die US-Wirtschaft, dass das "Glas mehr als halb voll ist". Die Geldpolitik sei so lange angemessen, wie die Wirtschaft stabil bleibe, so der US-Notenbankchef. Die Aussichten müssten sich schon "wesentlich" ändern, um eine geldpolitische Änderung in Erwägung zu ziehen, erklärte Powell in London.
"Unsere Ökonomen sind der Meinung, dass der Arbeitsmarkt die Schlüsselgröße für eine solche wesentliche Neubewertung darstellen wird, weshalb der Beschäftigungsbericht nächste Woche umso wichtiger wird", erklärte die Deutsche Bank (DE:DBKGn) in einer Morgennotiz.
Die US-Notenbank hat in diesem Jahr bereits drei Mal die Zinsen gesenkt. Zuletzt signalisierten Powell & Co aber eine Zinspause. Tiefere Zinsen erhöhen in der Regel die Attraktivität von renditenlosem Gold.
Die nächste Zinssitzung findet am 11. Dezember statt.
Laut dem von Investing.com entwickelten FedWatch-Tool dürfte die Federal Reserve zu 91 Prozent die Zinsen unverändert lassen. Erst für Mitte Juni 2020 steigt die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung um 25 Basispunkte auf 1,25 bis 1,50 Prozent auf über 30 Prozent.
von Robert Zach