FRANKFURT (dpa-AFX) - Den weltweiten Aktienmärkten steht nach Einschätzung des Schweizer Bankhauses Julius Bär (SIX:BAER) keine Sommerschwäche bevor. Stattdessen dürften sich die Aktienkurse bis zur Präsidentschaftswahl in den USA überwiegend seitwärts bewegen. Nach den US-Wahlen sei zum Jahresende hin sogar ein weiterer Aufschwung an den Börsen möglich.
"Das Kapitalmarktjahr 2024 könnte noch besser werden", sagte Lutz Welge, Leiter Portfolio Management von Julius Bär Deutschland, am Mittwoch in Frankfurt. Gleichwohl würden die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Die Aktienbewertungen seien nicht mehr so attraktiv wie noch vor einem Jahr.
Die Bewertung deutscher Aktien deute dagegen immer noch auf einen leichten Abschlag gegenüber historischen Durchschnittswerten hin. Hier sieht Welge Aufholpotenzial, insbesondere im Dax . Rückenwind dürften etwa die Zykliker (NYSE:XLY) spüren, weil sich die Konjunktur besser entwickle als befürchtet. Von Kriegen und Konflikten in der Welt sollten sich Anleger nicht einschüchtern lassen: "Die Vergangenheit zeigt, dass sich Aktienmärkte in der Regel rasch von geopolitischen Ereignissen erholten", erklärte Welge.
Obendrein dürfte sich die Lage in der Industrie in Deutschland im zweiten Halbjahr verbessern, ergänzte David Kohl, Chefvolkswirt von Julius Bär. Leicht werde ein Aufschwung jedoch nicht. "Deutschland hat die USA, Frankreich und das Vereinigte Königreich als das Land mit der größten wirtschaftspolitischen Unsicherheit abgelöst", sagte Kohl. Mit seiner stabilen Struktur tue sich Deutschland extrem schwer mit einer Adaption an aktuelle Herausforderungen.
Derweil schalte die globale Konjunktur in den Expansionsmodus. "Ungeachtet der restriktiven Geldpolitik und der schwachen Binnennachfrage in China zieht die weltweite Industriekonjunktur an", so Kohl. Die heftige geldpolitische Straffung habe die Wirtschaft verkraftet, nun dürfe sie im Jahresverlauf mit Entlastungen rechnen. So könnte die US-Notenbank Fed aus Sicht von Julius Bär die Zinsen erstmals im September wieder senken und im Dezember möglicherweise noch eine weitere Senkung vornehmen.
Der Blick in die Vereinigten Staaten zeige außerdem, dass höhere Zinsen für die Unternehmen nicht nur Nachteile hätten. "Der Zinsanstieg hat die US-Konzerne mit größeren Einlagen belohnt", sagte Kohl. Die hohen Barmittelbestände der Unternehmen in den USA hätten netto mehr Zinsen abgeworfen, als auf der anderen Seite für Kredite bezahlt werden musste. Bei den Unternehmen der Eurozone dominierten hingegen die Zinszahlungen. Hier hat die Europäische Zentralbank (EZB) im Gegensatz zur Fed allerdings bereits mit Zinssenkungen begonnen.