Brüssel (Reuters) - Die Einigung der internationalen Geldgeber auf weitere Hilfen für Griechenland hat bei der Regierung in Athen für Erleichterung gesorgt.
Der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos zeigte sich am Mittwoch zuversichtlich, dass die Vereinbarungen den Anfang vom Ende der sechsjährigen Krise in seinem Land markierten. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bezeichnete das Ergebnis als gut und betonte, dass der Bundestag diesem nicht zustimmen müsse. Zugleich monierte er aber die Verhandlungsführung des Internationalen Währungsfonds (IWF).
In Berlin lobten Mitglieder der Regierungskoalition die Einigung, die eine Auszahlung von 10,3 Milliarden Euro an Griechenland vorsieht. Kritik kam dagegen von Grünen und Linken. SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel sagte, es sei eine grundsätzliche Einigung auf Schuldenerleichterungen erzielt worden.
Schäuble sagte, dass es durch die in den frühen Morgenstunden erzielte Einigung keine wesentlichen Änderungen im laufenden Hilfsprogramm gebe. Deshalb müsse der Bundestag nicht zustimmen, sondern nur der Haushaltsausschuss informiert werden. Die Bundesregierung wollte eine Abstimmung im Parlament vermeiden, weil schon im vorigen Jahr einige Abgeordnete von CDU und vor allem CSU weitere Milliardenhilfen für Griechenland heftig kritisiert hatten. Auch in zwei weiteren Punkten konnte sich Schäuble in Brüssel durchsetzen: So sollen weitreichende Schuldenerleichterungen erst 2018 beschlossen werden, wenn diese dann notwendig sein sollten. Damit vermeiden CDU und CSU eine Debatte über die in Deutschland umstrittenen Erleichterungen im Bundestagswahlkampf 2017.
Außerdem bleibt der IWF voraussichtlich an Bord des Programms, auch wenn der Fonds seine Forderung nach einem Beschluss zu langfristigen Schuldenerleichterungen nicht durchsetzen konnte. Schäuble hatte die Beteiligung des IWF am Hilfsprogramms als eine Grundvoraussetzung genannt.
Dennoch sparte er nicht mit Kritik an dem Fonds und erinnerte daran, dass nicht der IWF, sondern Deutschland der größte Einzelgläubiger Griechenlands ist. Zugleich seien Deutschland und die anderen Euro-Staaten Anteilseigner am IWF. "Vielleicht wäre es hilfreich gewesen, wenn der geschäftsführende Direktor anwesend gewesen wäre", monierte Schäuble mit Blick auf IWF-Chefin Christine Lagarde, die wegen einer Konferenz in Kasachstan nicht an den Verhandlungen in Brüssel teilnahm und vom IWF-Europa-Chef Poul Thomsen vertreten wurde. Thomsen und sein Stab hatten die Wirtschaftsprognosen für Griechenland wesentlich pessimistischer eingeschätzt als die EU-Institutionen und deshalb umfassende Schuldenentlastungen gefordert.
"WIR LAUFEN DEN EUROPÄERN HINTERHER"
Eine erste Hilfstranche in Höhe von 7,5 Milliarden Euro soll im Juni überwiesen werden. Damit kann Griechenland die im Sommer fälligen Kredite an den IWF und die Europäische Zentralbank (EZB) zurückzahlen. In Griechenland waren dennoch auch skeptische Stimmen zu hören. "Wir laufen den Europäern hinterher und hoffen, dass sie uns einen Knochen hinwerfen, der für einige Monate hält", beklagte etwa der 50-jährige Schreiner Panagiotis Zabetakis, der wie jeder vierte Grieche arbeitslos ist.
Kritik an den Vereinbarungen übten auch die Grünen im Bundestag: "Es ist feige von Wolfgang Schäuble, die notwendigen Schuldenerleichterungen hinter die Bundestagswahl zu schieben", sagte deren haushaltspolitische Sprecher im Bundestag, Sven-Christian Kindler. Die Verzögerung werde zu weiterer Unsicherheit und mehr Arbeitslosen in Griechenland führen. DIW-Chef Marcel Fratzscher kritisierte, dass ungeklärt bleibe, ob Griechenland 2018 die Bedingungen für eine Schuldenerleichterung erfülle und diese Erleichterung ausreichend seien. Die Einigung mit Griechenland sei deshalb zwar positiv, dürfe aber nicht überschätzt werden. Der Chef des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, nannte die Vereinbarungen ein "weiter durchwursteln". Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) sagte der "Passauer neuen Presse", die Probleme seien nur vertagt worden.
Schäuble selbst schloss weitere Hilfen für Griechenland über 2018 hinaus nicht kategorisch aus: "Nach jetzigem Stand gehen wir davon aus, dass es kein viertes Programm geben wird."