FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 2. März 2012. Anleger kaufen weiter Bundesanleihen und verhelfen dem Bund-Future so zu neuen Höhen. Zur Stärkung der eigenen Kapitalstruktur planen immer mehr europäische Banken den Rückkauf von Hybridanleihen, oft unter Nominalwert.
Hauptthema im Rentenhandel war in dieser Woche die 'Dicke Bertha'. Wie das bekannte Geschütz aus dem Ersten Weltkrieg mute der zweite Dreijahrestender der Europäischen Zentralbank irgendwie auch an, wie Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft anmerkt. 800 Geldhäuser hätten sich zusammen rund 529,5 Milliarden Euro geliehen und bei Aktien- wie Anleiheanlegern gleichsam zunächst für gute Stimmung gesorgt. 'Genau hier liegt unser Problem', erklärt Daniel. Anders als sonst liefen die Renten- und Aktienmärkte derzeit parallel. 'Das macht es umso schwerer zu entscheiden, welche Handelspreise gerechtfertigt sind.' Die EZB habe viel Liquidität in den Markt gespült, das zunächst ein Zuhause suche, bevor es wie gewünscht vielleicht den Weg in die Realwirtschaft finde.
'Ob die hohe Nachfrage nach EZB-Geld ein Zeichen der Schwäche bei europäischen Banken ist oder ob die Märkte durch die bereit gestellten Mittel nachhaltig beflügelt werden, sei abzuwarten', meint auch Arthur Brunner von ICF Kursmakler.
Griechische Offerte mit Tücken
Das Umtauschangebot Griechenlands für private Gläubiger liege nun auf dem Tisch. 'Für Anleger der betroffenen Anleihen ergibt sich ein Barwert von 25,7 Prozent, was einem realen Forderungsverzicht von 74,3 Prozent entspricht', erklärt Brunner. Bis zum 8. März müssten Anleger nun entscheiden, ob sie das Angebot der griechischen Regierung annehmen. 'Mit der Zustimmung bekommen Investoren am Ende 24 unterschiedliche Anleihen mit verschiedenen Laufzeiten und unterschiedlich kleinen Nennwerten', bemerkt Klaus Stopp von der Baader Bank und verweist auf die damit verbundenen Kosten im Falle eines vorzeitigen Verkaufs.
Im Rahmen der komplexen Offerte erhielten Anleger für je 1.000 Euro Nennwert 20 neue Anleihen von Griechenland im Gesamtnennwert von 315 Euro. Die Fälligkeiten für diese 'Neuen' würden ab dem 24. Februar 2023 starten. Hinzu kämen sogenannte GDP-Linked-Notes im Nennwert von ebenfalls 315 Euro. Zahlungen aus diesen Wertpapieren würden von der Entwicklung des Bruttosozialprodukts Griechenlands abhängen. Weiterhin erhielten Anleger PSI Payment Notes aus dem europäischen Rettungsschirm EFSF im Nennwert von je 150 Euro, die jeweils zur Hälfte mit Laufzeiten von einem Jahr bzw. zwei Jahren ausgestattet seien. 'Ergänzt wird dieser Korb durch Accrued Interest Notes, also Schuldverschreibungen, im Gegenwert der aufgelaufenen Zinsen', erklärt Stopp.
Noch kein Kreditereignis
Die Entscheidung des zuständigen globalen Verbands der Derivate-Händler, der International Swaps und Derivatives Association (ISDA), sei in dieser Woche gefallen. 'Die Restrukturierung von Griechenlands Schulden wertet der Verband nicht als Kreditereignis, so dass die Kreditausfallversicherungen zunächst nicht zum Tragen kommen', berichtet ein Händler der Hellwig Wertpapierhandelsbank. Endgültig sei die Entscheidung indes nicht. 'Sollte die freiwillige Umtauschquote unter 75 Prozent liegen, würde die Collective Action Clause einen unfreiwilligen Forderungsverzicht herbeiführen', meint Brunner. 'Wie die ISDA in dem Fall entscheiden wird, ist noch offen', ergänzt Gregor Daniel. Vermutlich werde das CDS-Konzept insgesamt aber überdacht werden müssen. 'Denn was nützt eine Versicherung, wenn im Schadenfall nicht gezahlt wird.'
Im Handel spricht der Händler der Hellwig Wertpapierhandelsbank von einer Fortsetzung des Sturzflug griechischer Bonds. Staatsanleihen mit Fälligkeiten im Jahr 2012 (WKNs 830275, A0LN5U) notierten aktuell beispielsweise um 21 Prozent, längere Laufzeiten bewegten sich derzeit um 20 Prozent.
Bund-Future im Höhenflug
Die Zuspitzung der Griechenlandsaga hat dem Bund-Future ein Frühlingserwachen beschert. Mit 140,28 Prozent markierte das Rentenbarometer in dieser Woche ein neues Allzeithoch. 'Angesichts der vielen ungeklärten Fragen kann es im Bund-Future aber jederzeit zu gravierenden Kurskorrekturen kommen', ist Stopp überzeugt. 'Nach der ISDA-Entscheidung etwa ging es zunächst auf 139 abwärts', zeichnet die Hellwig Wertpapierhandelsbank die jüngsten Höhen und Tiefen im Bund-Future nach. Mittlerweile notiert er wieder auf 139,5. 'Kommt es zu einer neuerlichen, panikartigen Flucht in deutsche Staatsanleihen, wird es schnell wieder steil bergauf gehen', ist Stopp überzeugt. Das technische Bild unterstütze den Bund-Future in den Bereichen 139,50, 139,00 und 138,56 Prozent.
Rückkaufprogramme boomen
Von vermehrten Sanierungsmaßnahmen der Banken in Bezug auf ihre Kapitalstruktur berichtet der Händler der Hellwig Wertpapierhandelsbank. 'In diesem Zug unterbreiten viele Finanzhäuser Rückkauf- und Tauschangebote über dem aktuellen Kurs ihrer Hybridanleihen.' Zuletzt mit dabei gewesen seien nachrangige Anleihen etwa der Commerzbank (WKN A0KAAA), der Royal Bank of Scotland (WKN A0GURB) und der Hypo Alpe-Adria (WKN 694955). Letztere plane beispielsweise den Rückkauf von Hybridkapital in Höhe von nominal 225 Millionen Euro.
Die Raiffeisen Bank International bietet Stopp zufolge den Investoren einer variabel verzinsten Anleihe (WKN A0BC9Z) zudem einen Rückkauf zu 58 Prozent. Von den Ankündigungen der Rückkauf- und Tauschangebote habe laut Daniel auch die OEVAG Endlosanleihe (WKN A0DC0M)profitieren können. 'Hier wird auf ein vorzeitiges Abfindungsangebot spekuliert.' Der Boom der Rückkaufaktionen bei Banken sei mit der Basel III Richtlinie begründet, nach der künftig Hybridkapital nicht mehr zum Kernkapital des Unternehmens gehöre.
Euroländer stocken erfolgreich auf
Refinanzierungen seien in dieser Woche problemlos geglückt, wie Stopp berichtet. Italien etwa habe zwei Anleihen mit Laufzeiten bis 2017 und 2022 (WKNs A1GZ7J, 480154) problemlos aufgestockt. Anleger gewährten Spanien (WKNs A1GPYY, A1GY50, A1GU8C) und Frankreich (WKNs A0TJQ6, A1AJSV, A1GZ7K, A1AYTR) ebenfalls erneut Kredit.Bonds verschiedener Laufzeiten Belgiens (WKNs A1GN5N , A1GZNB, A1AWF4) seien zudem bei Investoren gut angekommen.
Die Kreditsumme zehnjähriger Anleihen der deutschen Regierung (WKN 113546) mit einer Laufzeit bis Januar 2022 und einem Kupon von 2 Prozent sei zum Beispiel um 4 auf insgesamt 20 Milliarden Euro erweitert worden. Bei einer 1,4-fachen Überzeichnung sei die Zuteilung bei einer Durchschnittsrendite von 1,83 Prozent erfolgt.
Unternehmensanleihen
Wie in den Wochen zuvor registriert Brunner reges Interesse etwa an zwei Schaeffler-Bonds (WKN A1G0J3, A1G0J5) mit Laufzeiten bis 2017 bzw. 2019 und Kupons von 7,75 bzw. 8,75 Prozent. Eine neue vierjährige Anleihe mit einem Volumen von 300 Millionen Euro habe die HeidelbergCement heute begeben. Von einer Neueinführung der Deutsche Bahn Finance (WKN A1G1Q0) mit einer Stückelung von 1.000 spricht die Hellwig Wertpapierhandelsbank. Bei einer Laufzeit bis 2024 biete die Bahn 3 Prozent Zinsen.
© 2. März 2012 / Iris Merker
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
Hauptthema im Rentenhandel war in dieser Woche die 'Dicke Bertha'. Wie das bekannte Geschütz aus dem Ersten Weltkrieg mute der zweite Dreijahrestender der Europäischen Zentralbank irgendwie auch an, wie Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft anmerkt. 800 Geldhäuser hätten sich zusammen rund 529,5 Milliarden Euro geliehen und bei Aktien- wie Anleiheanlegern gleichsam zunächst für gute Stimmung gesorgt. 'Genau hier liegt unser Problem', erklärt Daniel. Anders als sonst liefen die Renten- und Aktienmärkte derzeit parallel. 'Das macht es umso schwerer zu entscheiden, welche Handelspreise gerechtfertigt sind.' Die EZB habe viel Liquidität in den Markt gespült, das zunächst ein Zuhause suche, bevor es wie gewünscht vielleicht den Weg in die Realwirtschaft finde.
'Ob die hohe Nachfrage nach EZB-Geld ein Zeichen der Schwäche bei europäischen Banken ist oder ob die Märkte durch die bereit gestellten Mittel nachhaltig beflügelt werden, sei abzuwarten', meint auch Arthur Brunner von ICF Kursmakler.
Griechische Offerte mit Tücken
Das Umtauschangebot Griechenlands für private Gläubiger liege nun auf dem Tisch. 'Für Anleger der betroffenen Anleihen ergibt sich ein Barwert von 25,7 Prozent, was einem realen Forderungsverzicht von 74,3 Prozent entspricht', erklärt Brunner. Bis zum 8. März müssten Anleger nun entscheiden, ob sie das Angebot der griechischen Regierung annehmen. 'Mit der Zustimmung bekommen Investoren am Ende 24 unterschiedliche Anleihen mit verschiedenen Laufzeiten und unterschiedlich kleinen Nennwerten', bemerkt Klaus Stopp von der Baader Bank und verweist auf die damit verbundenen Kosten im Falle eines vorzeitigen Verkaufs.
Im Rahmen der komplexen Offerte erhielten Anleger für je 1.000 Euro Nennwert 20 neue Anleihen von Griechenland im Gesamtnennwert von 315 Euro. Die Fälligkeiten für diese 'Neuen' würden ab dem 24. Februar 2023 starten. Hinzu kämen sogenannte GDP-Linked-Notes im Nennwert von ebenfalls 315 Euro. Zahlungen aus diesen Wertpapieren würden von der Entwicklung des Bruttosozialprodukts Griechenlands abhängen. Weiterhin erhielten Anleger PSI Payment Notes aus dem europäischen Rettungsschirm EFSF im Nennwert von je 150 Euro, die jeweils zur Hälfte mit Laufzeiten von einem Jahr bzw. zwei Jahren ausgestattet seien. 'Ergänzt wird dieser Korb durch Accrued Interest Notes, also Schuldverschreibungen, im Gegenwert der aufgelaufenen Zinsen', erklärt Stopp.
Noch kein Kreditereignis
Die Entscheidung des zuständigen globalen Verbands der Derivate-Händler, der International Swaps und Derivatives Association (ISDA), sei in dieser Woche gefallen. 'Die Restrukturierung von Griechenlands Schulden wertet der Verband nicht als Kreditereignis, so dass die Kreditausfallversicherungen zunächst nicht zum Tragen kommen', berichtet ein Händler der Hellwig Wertpapierhandelsbank. Endgültig sei die Entscheidung indes nicht. 'Sollte die freiwillige Umtauschquote unter 75 Prozent liegen, würde die Collective Action Clause einen unfreiwilligen Forderungsverzicht herbeiführen', meint Brunner. 'Wie die ISDA in dem Fall entscheiden wird, ist noch offen', ergänzt Gregor Daniel. Vermutlich werde das CDS-Konzept insgesamt aber überdacht werden müssen. 'Denn was nützt eine Versicherung, wenn im Schadenfall nicht gezahlt wird.'
Im Handel spricht der Händler der Hellwig Wertpapierhandelsbank von einer Fortsetzung des Sturzflug griechischer Bonds. Staatsanleihen mit Fälligkeiten im Jahr 2012 (WKNs 830275, A0LN5U) notierten aktuell beispielsweise um 21 Prozent, längere Laufzeiten bewegten sich derzeit um 20 Prozent.
Bund-Future im Höhenflug
Die Zuspitzung der Griechenlandsaga hat dem Bund-Future ein Frühlingserwachen beschert. Mit 140,28 Prozent markierte das Rentenbarometer in dieser Woche ein neues Allzeithoch. 'Angesichts der vielen ungeklärten Fragen kann es im Bund-Future aber jederzeit zu gravierenden Kurskorrekturen kommen', ist Stopp überzeugt. 'Nach der ISDA-Entscheidung etwa ging es zunächst auf 139 abwärts', zeichnet die Hellwig Wertpapierhandelsbank die jüngsten Höhen und Tiefen im Bund-Future nach. Mittlerweile notiert er wieder auf 139,5. 'Kommt es zu einer neuerlichen, panikartigen Flucht in deutsche Staatsanleihen, wird es schnell wieder steil bergauf gehen', ist Stopp überzeugt. Das technische Bild unterstütze den Bund-Future in den Bereichen 139,50, 139,00 und 138,56 Prozent.
Rückkaufprogramme boomen
Von vermehrten Sanierungsmaßnahmen der Banken in Bezug auf ihre Kapitalstruktur berichtet der Händler der Hellwig Wertpapierhandelsbank. 'In diesem Zug unterbreiten viele Finanzhäuser Rückkauf- und Tauschangebote über dem aktuellen Kurs ihrer Hybridanleihen.' Zuletzt mit dabei gewesen seien nachrangige Anleihen etwa der Commerzbank (WKN A0KAAA), der Royal Bank of Scotland (WKN A0GURB) und der Hypo Alpe-Adria (WKN 694955). Letztere plane beispielsweise den Rückkauf von Hybridkapital in Höhe von nominal 225 Millionen Euro.
Die Raiffeisen Bank International bietet Stopp zufolge den Investoren einer variabel verzinsten Anleihe (WKN A0BC9Z) zudem einen Rückkauf zu 58 Prozent. Von den Ankündigungen der Rückkauf- und Tauschangebote habe laut Daniel auch die OEVAG Endlosanleihe (WKN A0DC0M)profitieren können. 'Hier wird auf ein vorzeitiges Abfindungsangebot spekuliert.' Der Boom der Rückkaufaktionen bei Banken sei mit der Basel III Richtlinie begründet, nach der künftig Hybridkapital nicht mehr zum Kernkapital des Unternehmens gehöre.
Euroländer stocken erfolgreich auf
Refinanzierungen seien in dieser Woche problemlos geglückt, wie Stopp berichtet. Italien etwa habe zwei Anleihen mit Laufzeiten bis 2017 und 2022 (WKNs A1GZ7J, 480154) problemlos aufgestockt. Anleger gewährten Spanien (WKNs A1GPYY, A1GY50, A1GU8C) und Frankreich (WKNs A0TJQ6, A1AJSV, A1GZ7K, A1AYTR) ebenfalls erneut Kredit.Bonds verschiedener Laufzeiten Belgiens (WKNs A1GN5N , A1GZNB, A1AWF4) seien zudem bei Investoren gut angekommen.
Die Kreditsumme zehnjähriger Anleihen der deutschen Regierung (WKN 113546) mit einer Laufzeit bis Januar 2022 und einem Kupon von 2 Prozent sei zum Beispiel um 4 auf insgesamt 20 Milliarden Euro erweitert worden. Bei einer 1,4-fachen Überzeichnung sei die Zuteilung bei einer Durchschnittsrendite von 1,83 Prozent erfolgt.
Unternehmensanleihen
Wie in den Wochen zuvor registriert Brunner reges Interesse etwa an zwei Schaeffler-Bonds (WKN A1G0J3, A1G0J5) mit Laufzeiten bis 2017 bzw. 2019 und Kupons von 7,75 bzw. 8,75 Prozent. Eine neue vierjährige Anleihe mit einem Volumen von 300 Millionen Euro habe die HeidelbergCement heute begeben. Von einer Neueinführung der Deutsche Bahn Finance (WKN A1G1Q0) mit einer Stückelung von 1.000 spricht die Hellwig Wertpapierhandelsbank. Bei einer Laufzeit bis 2024 biete die Bahn 3 Prozent Zinsen.
© 2. März 2012 / Iris Merker
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)