Brüssel/Berlin (Reuters) - Im Streit über die Einführung einer Pkw-Maut steuern EU-Kommission und Bundesregierung auf die von Deutschland angestrebte gerichtliche Auseinandersetzung zu.
Die Brüsseler Behörde übermittelte am Donnerstag die seit langem erwartete begründete Stellungnahme an Berlin. Darin erläutert sie, warum die von Verkehrsminister Alexander Dobrindt vorangetriebenen Mautpläne ihrer Ansicht nach rechtswidrig sind. Der CSU-Politiker will nach eigenen Worten nun auf eine rasche Klärung vor dem Europäischen Gerichtshof dringen. "Diese Entscheidung wird zu unseren Gunsten ausfallen", zeigte er sich überzeugt. Die EU-Kommission geht wenige Wochen vor dem Referendum über den EU-Austritt Großbritanniens zudem gegen die dort geltende Lkw-Maut vor.
Die Bundesregierung hat nun zwei Monate Zeit für eine Antwort. Verzichtet sie darauf oder fällt diese für die EU-Kommission nicht zufriedenstellend aus, landet der Fall vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg. Dobrindt sagte, die Regierung werde auf das Mahnschreiben selbstverständlich "qualifiziert antworten" und dann eine schnelle Entscheidung vor dem EuGH einfordern. Er selbst habe darauf gedrängt, dass die EU-Kommission ihr Mahnschreiben einreichen solle. Das bisherige Verfahren habe "sehr danach gerochen, dass man hier mit purer Absicht versucht, eine Entscheidung vor dem Europäischen Gerichtshof zu verzögern oder zu verhindern". Nach der Klärung werde schnell mit der Umsetzung der Mautpläne begonnen.
Wie im Falle der deutschen Mautpläne für Pkw-Fahrer sieht die EU-Kommission in der britischen Abgabe für Lkw eine Diskriminierung von EU-Ausländern. Die vor zwei Jahren eingeführte Abgabe ist mit einer Reduzierung der Kfz-Steuer für britische Lkw verknüpft. Die britische Regierung hat nun zwei Monate Zeit für eine Antwort - also fast genau bis zum Referendum am 23. Juni. Bei diesem stimmen die Briten über den Austritt ihr Landes aus der EU ab. Befürworter eines sogenannten Brexit führen als ein Argument immer wieder die angebliche Einmischung aus Brüssel in britische Angelegenheiten an.
Dobrindt sagte, dass die EU-Kommission nun auch gegen die Lkw-Maut in Großbritannien vorgehen wolle, zeige die Nervosität, die in Brüssel aufgrund der sich anbahnenden Gerichtsentscheidung herrsche.