Der Ko-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, kann den Konzern mit einem Freispruch verlassen. Er wurde ebenso wie die vier mitangeklagten früheren Top-Manager der Bank am Montag vor dem Landgericht München I freigesprochen. Nach einem Jahr Verhandlungsdauer habe sich der Vorwurf des versuchten Prozessbetrugs nicht bestätigt, urteilte der Vorsitzende Richter Peter Noll. Die Staatsanwaltschaft will eine mögliche Revision prüfen.
Der Prozess gegen Fitschen, der bei der Hauptversammlung im Mai als Ko-Vorsitzender der Deutschen Bank ausscheidet, und die weiteren Angeklagten stand im Zusammenhang mit der Pleite des Medienkonzerns Leo Kirch. Im Zivilprozess um die Pleite sollen die Angeklagten nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Absprachen getroffen haben, um einen Schadensersatzanspruch für Kirch zu verhindern.
Der inzwischen verstorbene Kirch hatte dem Münchner Hauptangeklagten, Ex-Konzernchef Rolf Breuer, vorgeworfen, mit einem Interview gezielt seine Pleite verursacht zu haben. In einem über Jahre geführten Zivilprozess wollte Kirch mehr als zwei Milliarden Euro Schadensersatz, die Bank zahlte am Ende außergerichtlich 725 Millionen Euro plus Zinsen und Auslagen.
Anfangs habe es durchaus schwer wiegende Verdachtsmomente gegeben, sagte Richter Noll. Da stehe an erster Stelle der Zivilprozess, den die Deutsche Bank verloren hatte. Die Rechtsabteilung der Deutschen Bank habe sich verdächtig verhalten, aus Angst vor Durchsuchungen seien Dokumente ausgelagert worden.
Im Laufe des Verfahrens seien die Vorwürfe aber in sich zusammen gefallen, sagte Noll weiter. Er zog einen Vergleich zu der Figur des "Scheinriesen" Herrn Tur Tur im Kinderbuchklassiker "Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer" - dieser wird immer kleiner, je näher der Beobachter ihm kommt. So sei es auch mit den Tatvorwürfen gewesen.
Die Freisprüche waren auf Grund des Prozessverlaufs erwartet worden. Dennoch sei der Prozess ein "rechtsstaatliches Verfahren, für das sich keiner schämen muss", gewesen, sagte Noll. Entscheidend für den Freispruch war eine nicht aufzuklärende Sitzung des Deutsche-Bank-Vorstands, in der es um Kirch ging und die Staatsanwaltschaft Absprachen vermutet.
Da sich dies nicht lösen lasse, greife die Unschuldsvermutung im Sinne für die Angeklagten, sagte Noll. Er verwies aber auch darauf, dass sich in der gigantischen Datenmenge von einem Terabyte ausgewerteter Akten nicht eine einzige Notiz gefunden habe, in der von irgendeiner Absprache zum Schaden von Kirch die Rede gewesen sei. "Man sieht nichts, man hört nichts, man riecht nichts, man kann eigentlich nur daraus schließen, es gibt nichts."
Damit stellte sich der Strafrichter auch gegen die Auffassung des Zivilgerichts, das noch ein gezieltes Handeln der Deutschen Bank gegen Kirch festgestellt hatte. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, nun sollten die mündlichen Urteilsgründe abgewartet werden. Danach werde die Anklagebehörde über eine mögliche Revision entscheiden.
Die Staatsanwaltschaft hatte in ihren Plädoyers eine Verurteilung gefordert. Der Hauptangeklagte Breuer sollte danach ebenso wie Ex-Bank-Chef Josef Ackermann ins Gefängnis, Fitschen eine Bewährungsstrafe bekommen.
Fitschen zeigte sich nach dem Freispruch erleichtert. "Sie können sich vorstellen, wie froh ich bin, dass der Prozess nach einem Jahr zum Ende gekommen ist", sagte er. Das Verfahren sei sehr belastend gewesen.