Berlin (Reuters) - Arbeitgeber dürfen Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld mitrechnen, um den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro zu erfüllen.
Das entschied das Bundesarbeitsgericht in Erfurt am Mittwoch in seinem ersten Urteil zur 2015 eingeführten bundesweiten Lohnuntergrenze. Das gelte aber nur für Sonderzahlungen, die vorbehaltlos und unwiderruflich sowie als Entgelt für erbrachte Arbeit überwiesen würden. Zuschläge für Nachtarbeit dürften indes wegen ihrer Zweckbestimmung nicht verrechnet werden. Bundesarbeitsministerium und Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) reagierten zurückhaltend. Für eine Bewertung müsse die Urteilsbegründung abgewartet werden, sagte ein Ministeriumssprecher. (5 AZR 135/16)
Damit blieb die Klage einer Brandenburgerin erfolglos. Sie hatte als Mitarbeiterin einer Cafeteria in einer Klinik-Servicegesellschaft verlangt, dass Weihnachts- und Urlaubsgeld nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden dürften. Das Bundesarbeitsgericht entschied, der Arbeitgeber erfülle den Anspruch auf den Mindestlohn durch seine "als Gegenleistung für Arbeit erbrachten Entgeltzahlungen, soweit diese dem Arbeitnehmer endgültig verbleiben". Nicht angerechnet werden dürften Zahlungen, die ohne Rücksicht auf die tatsächliche Arbeitsleistung erbracht würden oder die einem bestimmten Zweck dienten wie im Arbeitszeitgesetz festgelegte Nachtzuschläge.
Linken-Parteichef Bernd Riexinger reagierte empört: "Jetzt ist der Gesetzgeber gefordert, dafür zu sorgen, dass Sonderzahlungen nicht mehr auf den Mindestlohn angerechnet werden dürfen." Der "ohnehin schon zu niedrige Mindestlohn" dürfe nicht "durch Tricksereien ausgehöhlt" werden. Der Arbeitgeber der Klägerin hatte mit Blick auf den Mindestlohn mit dem Betriebsrat eigens eine Betriebsvereinbarung geschlossen, dass Urlaubs- und Weihnachtsgeld in zwölf Monatsbeträgen statt wie bis dahin üblich im Mai und November ausgezahlt werden.